Interview "Klare Worte"

“Leider sehr ernüchternd”

09.09.2025

Markus Stumvoll, bei Rohrdorfer für das Transportbetongeschäft verantwortlich, findet im Interview mit der Bauzeitung „Klare Worte“. Er spricht über den Aufschwung, der sich verzögert, und die Dekarbonisierung, die an zu langen Genehmigungsverfahren leidet.

Markus Stumvoll, über die aktuelle Lage der Transportbetonbranche in Österreich:
Wir erleben gerade einen beispiellosen Einbruch. Wir kommen von einem Allzeithoch auf ein Allzeittief. Innerhalb von drei Jahren ist das Marktvolumen von 11,6 Millionen auf 8,3 Millionen Kubikmeter gesunken – ein Rückgang um knapp 30 Prozent. So etwas hat es in der Geschichte des Transportbetons noch nie gegeben. Am stärksten eingebrochen ist der Wohnbau. Dort hat sich der Rückgang mittlerweile zwar stabilisiert, aber auf sehr niedrigem Niveau. Im Tiefbau hingegen war die Entwicklung relativ konstant. Trotzdem ist die Lage branchenweit schwierig.

Markus Stumvoll
Markus Stumvoll © Rohrdorfer

Wann er mit einer Erholung rechnet:
Eine spürbare Aufwärtsentwicklung erwarte ich nicht vor 2027 oder 2028. Projekte, die jetzt starten, wurden oft schon vor Jahren genehmigt, konnten aber wegen fehlender Finanzierung lange nicht umgesetzt werden. Bis Projekte, die jetzt genehmigt werden, sich in der Baupraxis niederschlagen, vergeht Zeit. Immerhin: Ein leichter Aufwind im Wohnbau ist derzeit zu spüren. Auf der anderen Seite erwarte ich aber einen Rückgang im Tiefbau und bei der Infrastruktur. Die Regierung muss sparen. Große Auftraggeber wie ÖBB und Asfinag haben bereits Einsparungen angekündigt. Dazu kommt eine Zurückhaltung bei Industrie- und Gewerbeinvestitionen. All das führt dazu, dass der leichte Aufwind im Wohnbau durch Rückgänge in anderen Segmenten wieder kompensiert wird.

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Wie Rohrdorfer auf die derzeitige Marktsituation reagiert:
Wir haben uns personell angepasst, vor allem durch Nicht-Nachbesetzungen bei Pensionierungen. Drei Werke unserer 38 Werke haben wir vorübergehend stillgelegt. Außerdem setzen wir gezielt auf Produktinnovationen.

Wo der Schwerpunkt der Innovationen liegt:
Wir setzten stark auf Nachhaltigkeit. Ein Beispiel ist unser neues Produkt „Airium“ – eine mineralische Dämmung ohne Plastik. Ein anderes Beispiel ist unser Klimabeton, der 30 bis 40 Prozent weniger CO₂ ausstößt als der Branchenreferenzwert. Wir haben im Güterverband Transportbeton ein Merkblatt erstellt, das klare Ausschreibungsgrundlagen für CO₂-reduzierte Betone definiert. Damit geben wir den Auftraggebern eine klare, transparente Entscheidungsgrundlage für den Einsatz dieser Produkte in die Hand. Wir arbeiten bei Rohrdorfer laufend an weiteren Innovationen: So haben wir ein Zusatzmittel entwickelt, das den CO₂-Fußabdruck im Beton zusätzlich um bis zu sieben Prozent senken kann.

Bis wann Rohrdorfer klimaneutral sein will:
Wir haben uns das Ziel gesetzt, bis 2038 klimaneutral zu sein. Aber das funktioniert nur, wenn auch die politischen Rahmenbedingungen stimmen – etwa bei der Verfügbarkeit von grünem Strom und bei der CO₂-Abscheidung. Dafür braucht es entsprechende Kraftwerke und Infrastruktur – also den konsequenten Ausbau der grünen Energie.

Wie er den Stand der Investitionen in den Ausbau der grünen Energie beurteilt:
Das ist leider sehr ernüchternd. Es gibt zahlreiche Windenergieprojekte in Österreich, die sich immer wieder verzögern. Die Genehmigungsverfahren dauern viel zu lange. Wenn man die Dekarbonisierung ernst meint, muss man die Verfahren beschleunigen und entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. Entweder steht die grüne Transformation auf der politischen Agenda oder nicht. Ohne Planungssicherheit für Unternehmen bleibt es bei Ankündigungen. Dabei wären Investitionen in grüne Energie eine Chance, die Bauwirtschaft zu stützen und gleichzeitig einen Beitrag zur Dekarbonisierung zu leisten – ohne staatliche Finanzierung, denn die kommt von den Energieversorgern.

Wie er dazu steht, dass der Baustoff Holz als grüne Alternative zum Beton propagiert wird:
Es wird oft suggeriert, dass Holz CO₂-neutral sei, weil es ein nachwachsender Rohstoff ist. Das ist aber zu kurz gedacht: Wenn große Bäume gefällt und nur kleine nachgepflanzt werden, verlieren wir wichtige CO₂-Senken. Zudem kann nur ein Teil des Baumes als Bauholz verwendet werden. Der Rest wird meist verbrannt – mit entsprechenden Emissionen. Ich erwarte von der Politik objektive Kriterien, nicht die Bevorzugung einzelner Materialien durch Lobbying.

Zur Person:
Markus Stumvoll ist Geschäftsführer der Rohrdorfer Baustoffe Austria GmbH, Geschäftsführer der Sparte Transportbeton bei Rohrdorfer und Vorsitzender des Vorstands des Güteverband Transportbeton.