Zukunftsagentur Bau

KI: gewusst wie statt nie

30.09.2025

Die heimische Bauwirtschaft hat beim Einsatz von KI noch einigen Aufholbedarf. Das zeigt eine Studie der Zukunftsagentur Bau (ZAB) und der Uni Krems. Sie gibt aber auch nützliche Tipps, wie man die sie innvoll nutzen kann.

„Die Studie liefert uns keine abstrakten Fantasien, sondern konkrete Ansätze für den Baustellenalltag.“ Besagte Studie samt Leitfaden mit Praxistipps, von der Anton Rieder hier spricht, stellte spannenden Lesestoff in Aussicht. Ihr Titel: „Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Baugewerbe.“ Der Tiroler Bauunternehmer und Bundesinnungsmeister-Stellvertreter weiter: „Für viele Betriebe ist der Einstieg in die KI eine große Hürde – der Leitfaden hilft dabei, diese zu überwinden. Wichtig ist: Die Umsetzung muss von der Branche selbst mitgestaltet werden – praxisnah, realistisch und lösungsorientiert.“

Deutlicher Aufholbedarf

Durchgeführt wurde die Untersuchung von der Zukunftsagentur Bau (ZAB) und der Universität für Weiterbildung Krems. Sie zeigt, dass die heimische Bauwirtschaft im internationalen Vergleich noch deutliches Aufholpotenzial hat, wenn es um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) geht. Während in den USA, Japan oder den nordischen Ländern großflächige Pilotprojekte bereits Realität sind, stehen heimische Betriebe oft noch am Anfang. Doch genau darin liegt laut den Studienautor*innen auch eine Chance: Wer jetzt mit gezielten Projekten und Weiterbildungsinitiativen beginnt, kann Standards mitgestalten und eigene Lösungen entwickeln.

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„Viele Betriebe fragen uns: Wo können wir anfangen?“, berichtet Georg Hanstein, Bereichsleiter für Digitalisierung und Innovation bei der ZAB. Die Erwartung sei groß – nicht zuletzt, weil KI mittlerweile ein allgegenwärtiges Thema sei. „Die Herausforderung liegt darin, sinnvolle Einsatzfelder zu identifizieren, ohne vorschnell Heilsversprechen zu machen. Wir müssen genau hinschauen, wo tatsächlich ein Nutzen entsteht“, meint Hanstein.

Die möglichen Einsatzfelder der KI am Bau sind vielfältig: Sie wird bereits zur Überwachung und Dokumentation auf Baustellen eingesetzt. Sie hilft bei der Optimierung von Prozessen, macht Vorschläge für Entwürfe oder hilft bei der Entwicklung von Bauzeitplänen.

Hanstein verweist auf das Beispiel der Vorarlberger Rhomberg Gruppe, die Daten von Sensoren, Kameras und Drohnen mithilfe von KI auswertet, um den Baufortschritt zu erheben und Sicherheitsrisiken zu minimieren. Hanstein: „Die kann enorme Datenmengen durchforsten, die ein Mensch gar nicht in der Kürze der Zeit bewältigen könnte. Das entlastet Bauleitungen und verhindert Verzögerungen.“ Das Gleiche gilt für die Planungsphase. Die KI kann in kurzer Zeit eine Vielzahl von Entwurfsvarianten generieren und daraus die besten Vorschläge auswählen. „Die KI eröffnet ganz neue Möglichkeiten, Grundstücke optimal zu nutzen“, sagt Hanstein.

Ein weiteres mögliches Betätigungsfeld der KI ist die Bauablaufplanung. Heute erstellen Bauleiter Zeitpläne meist noch manuell – auf Basis ihrer Erfahrung. Eine KI kann hingegen Millionen von Varianten kalkulieren und die effizientesten Abläufe empfehlen. „Damit könnten Leerzeiten minimiert und Ressourcen gezielter eingesetzt werden“, erklärt Hanstein.

Allerdings weist die Studie auch auf die zentralen Hürden bei der Implementierung der KI in den Betrieben hin: fehlende Schnittstellen, unzureichende digitale Infrastruktur und der Mangel an qualifizierten Fachkräften. „Solange keine strukturierten, digitalen Daten vorhanden sind, hat die KI nichts, mit dem sie arbeiten kann“, warnt Hanstein. Seiner Einschätzung nach arbeiteten rund 90 Prozent der Betriebe noch weitgehend mit analogen oder nicht maschinenlesbaren Daten. Erst wenn Lieferscheine, Rechnungen oder Stundenzettel digital und standardisiert erfasst würden, könne KI ihr volles Potenzial entfalten.

Auch rechtliche und organisatorische Fragen sind nicht zu unterschätzen. Rupert Redl und Christina Ipser von der Universität Krems betonen in der Studie, dass Betriebe klare Rahmenbedingungen brauchen – etwa im Hinblick auf Datenschutz, Verantwortung oder Wirtschaftlichkeit. „Um Vertrauen zu schaffen, braucht es transparente Pilotprojekte, offene Standards und eine stärkere rechtliche Absicherung beim Einsatz von KI-Technologien“, sagen sie.

Parallel zur Studie haben die Autoren auch einen „Leitfaden zur Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Baugewerbe“ entworfen. Er beantwortet praxisnah Fragen zum Einsatz der KI auf der Baustelle: Welche Anwendungen sind heute schon machbar? Wie lassen sich erste Pilotprojekte umsetzen? Welche Weiterbildungsangebote sind sinnvoll? „Nicht die größte Lösung zählt, sondern die richtige zur richtigen Zeit. Die Bauwirtschaft braucht keine Visionen aus dem Silicon Valley, sondern Werkzeuge für den Arbeitsalltag“, ist Studien-Co-Autor Redl überzeugt.

ZAB-Experte Hanstein hebt einen weiteren Aspekt hervor: den Kulturwandel im Umgang mit der KI. Viele Unternehmen hätten noch Bedenken, sensiblen Aufgaben eine Maschine anzuvertrauen. „Bei Ausschreibungen könnte die KI beispielsweise bereits einen großen Teil der Arbeit übernehmen. Aber das Misstrauen in den Betrieben ist noch groß. Vertrauen aufzubauen wird dauern – auch weil KI-Tools oftmals falsche Ergebnisse liefern. Man muss genau wissen, wie man die KI einsetzt.“

Dieser Meinung ist man offenbar auch in Brüssel. Seit Februar 2025 gilt in der EU der sogenannte AI Act. „Jede Person, die im Unternehmen KI verwendet, muss eine Schulung absolvieren – auch wenn es nur um ein E-Mail mit ChatGPT geht“, erläutert Hanstein. Diese Regelung wird noch nicht wirklich überprüft, aber sie gilt aber bereits: Demnach benötigt jede Mitarbeiter*in ein Schulungs-Zertifikat – unabhängig von der Größe des Unternehmens. Die ZAB bietet ab Jänner 2026 kostenlose Schulungsveranstaltungen an.

Die Studie spricht sich zudem für eine „Kompetenzoffensive Bau“ aus. Ziel ist es, praxisnahe Weiterbildungsangebote für alle Ebenen anzubieten – von der Geschäftsführung bis zur Baustelle. Denn ohne gezielten Kompetenzaufbau drohe der Branche, den Anschluss an internationale Entwicklungen zu verlieren.

Trotz aller Hürden überwiegen aus Sicht der Experten die Chancen. „Die KI kann uns helfen, Prozesse effizienter zu gestalten, Fehler zu reduzieren und die Bauleitung zu entlasten. Aber der Schlüssel liegt in den Daten“, betont ZAB-Mann Hanstein. Bauinnungs-Vertreter Rieder unterstreicht das: „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Erfahrungen zu sammeln, Netzwerke aufzubauen und zukunftsfähige Lösungen aktiv mitzugestalten.“

Leitfaden zur Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Baugewerbe

Der „Leitfaden zur Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Baugewerbe“ richtet sich an kleine und mittlere Betriebe und beantwortet folgende Fragen:

  • Was funktioniert heute schon in der Praxis?
  • Wie können erste Pilotprojekte umgesetzt werden?
  • Welche Weiterbildungsangebote sind sinnvoll?
  • Welche rechtlichen Grundlagen sind zu beachten?

Download der Studie und des Leitfadens