"Nachgefragt bei"

„Bis jetzt haben wir noch jede Hürde gemeistert“

20.10.2025

Robert Jägersberger, Bundesinnungsmeister Bau, im Interview „Nachgefragt bei“ mit der Bauzeitung. Er spricht über die angespannte Lage der Betriebe, die Aussichten auf eine Erholung und was ihn zuversichtlich stimmt.

Wie verläuft 2025 für das Baugewerbe? Gibt es Anzeichen für eine Erholung und wann rechnen Sie mit einer nachhaltigen Trendwende?
Die Lage ist nach wie vor sehr angespannt. Viele Betriebe kämpfen mit auf niedrigem Niveau stagnierenden Auftragszahlen und steigenden Kosten. Vor allem der Wohnbau steht weiterhin unter Druck. Aber immerhin spüren wir eine zarte Belebung am Markt: leicht steigende Wohnbaudarlehen, sinkende Zinsen, das Auslaufen der KIM-Verordnung. Auch 2026 wird der Wohnbau-Bereich maximal eine leichte Besserung verzeichnen. Eine Trendwende, die diesen Namen auch verdient, erhoffen wir frühestens ab 2027. Voraussetzung dafür sind stabile Rahmenbedingungen sowohl in wirtschaftlicher als auch in geopolitischer Hinsicht.

Fairer Wettbewerb

Was stimmt Sie zuversichtlich, was nachdenklich?
Nachdenklich stimmt mich die Vielzahl an Herausforderungen, die unsere Betriebe zu stemmen haben: fehlende Auslastung vor allem beim Wohnbau, ein harter Preiskampf und stark gestiegene Lohn-, Material- und Energiekosten. Hinzu kommen Kostennachteile, die österreichische Unternehmen infolge deutlich höherer Lohnnebenkosten zu tragen haben und mit denen im Rennen mit Entsendebetrieben aus dem Ausland kein fairer Wettbewerb möglich ist. Immer komplexere regulatorische Vorgaben und sinnlose Bürokratie setzen unseren Betrieben ebenfalls zu. Zuversichtlich stimmt mich die Resilienz und Anpassungsfähigkeit unserer Branche. De facto befinden wir uns seit Corona im Krisenmodus, aber bis jetzt haben wir noch jede Hürde gemeistert.

Advertorial

Was erwarten Sie sich von der Politik? Welche Maßnahmen sollte sie setzen, um die Bauwirtschaft zu unterstützen?
Uns würde es schon sehr helfen, wenn die im Regierungsprogramm enthaltenen Maßnahmen angegangen und zügig umgesetzt werden. Konkret meine ich damit erstens Maßnahmen zur Ankurbelung der Baukonjunktur und zur Sicherung von leistbarem Wohnraum, wie zum Beispiel eine Evaluierung des Wohnbaupakets, die Zweckbindung der Wohnbauförderung oder Schaffung neuer Finanzierungsinstrumente für Wohnbauinvestitionen. Zweitens: Maßnahmen zur Entbürokratisierung und Deregulierung, wie zum Beispiel eine signifikante Reduktion der Berichtspflichten. Drittens: Maßnahmen zur Reduktion von Baukosten, wie unter anderem eine Reduktion von kostentreibenden Anforderungen oder die Durchforstung der Baustandards im Dialog mit Praktikern. Das Regierungsprogramm enthält für die Baubranche wichtige Absichtserklärungen. Letztendlich wird der Erfolg des Programms von der Finanzierbarkeit und der raschen Umsetzung der geplanten Maßnahmen abhängen. Gerade die Bauwirtschaft mit allen nachgelagerten Bereichen ist der Konjunkturmotor schlechthin und eine wesentliche Stütze der heimischen Volkswirtschaft.