Brennpunkt

Tatort Baustelle

10.11.2025

Laut einer aktuellen Studie gibt es in Österreich europaweit die meisten Diebstähle auf Baustellen. 90 Prozent aller Betriebe sind mindestens einmal pro Jahr betroffen. Die zweite schlechte Nachricht: Die Langfinger werden immer professioneller. Experten verraten, wie man sich schützen kann.

Es ist zwei Uhr morgens. Ein weißer Lieferwagen ohne Beschriftung fährt bis zur Schranke vor. Der Fahrer öffnet mit einer Chipkarte die Schranke und fährt auf die Baustelle. Er steuert gezielt auf eine Reihe von Baucontainern zu. Vor dem Zweiten bleibt er stehen. Drei maskierte Männer steigen aus. Einer anderer öffnet die Containertür mit einem Bolzenschneider. Die drei Männer tragen Gegenstände aus dem Container in ihren Lieferwagen. Ihre Beute: Wertvolle Kupferkabel-Rollen und eine Reihe von tragbaren Baugeräten. Nach nicht einmal 15 Minuten sind sie fertig. Sie steigen wieder ein und verlassen die Baustelle.

Diebe immer professioneller

So beschreibt Peter Klingenberger einen typischen Baustellenraub – gut geplant, professionell vorbereitet und präzise durchgeführt. Klingenberger ist Senior Sales Austria bei Bauwatch. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als Nummer eins in der mobilen Videoüberwachung in Europa. Es ist in elf Ländern tätig und hat sich auf Sektoren wie Baustellen, Energieanlagen, kritische Infrastrukturen und leerstehende Immobilien spezialisiert. Klingenberger weiß also, wovon er spricht. „In Österreich gibt es europaweit die meisten Fälle von Baustellenkriminalität. 90 Prozent der Unternehmen sind pro Jahr mindestens einmal von einem Raub betroffen“, meint er.

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Klingenberger zitiert hier aus dem Bauwatch Crime Report 2025, in dessen Rahmen 3.900 Manager der Branche in zehn Ländern befragt wurden. Die Studie zeigt einen dramatischen Anstieg der Vorfälle: 71 Prozent der heimischen Manager berichten von einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Auch hier liegt Österreich an der Spitze, gleichauf mit Frankreich –gefolgt von Deutschland mit 64 Prozent, Italien mit 44 Prozent und Polen mit 34 Prozent.

Stellt sich die Frage, warum die österreichischen Bauunternehmen ein so beliebtes Opfer von Dieben sind: „In den letzten Jahren gab es einen regelrechten Bauboom in Österreich. Viele Baustellen befinden sich an offenen, schwer kontrollierbaren Orten – oft in verkehrsgünstiger Lage. Die Diebe haben es dadurch leicht, schnell zuzuschlagen und zu flüchten“, lautet einer der Erklärungen von Bauwatch-Manager Klingenberger.

„Zudem stehen Bauunternehmen unter hohem Termin- und Kostendruck. Sicherheit wird dann oft vernachlässigt“, so der Experte weiter.  „Gleichzeitig professionalisieren sich die Tätergruppen immer weiter: Sie sind mobil, organisiert und verfügen über funktionierende Logistiknetzwerke. Österreichs zentrale Lage zwischen Ost- und Westeuropa spielt dabei eine Rolle. Das ist kein rein österreichisches Phänomen, sondern eine Verdichtung mehrerer Risikofaktoren.“

Die befragten Unternehmen bestätigen: Die Diebe werden immer raffinierter. 65 Prozent der Befragten in Österreich geben an, dass professionelle Taktiken wie das Hacken von Sicherheitssystemen (12 Prozent), das Klonen oder Hacken von digitalen Zugangsdaten (15 Prozent), der Einsatz von Drohnen (9 Prozent) und KI-gesteuerte Betrugsmaschen (12 Prozent) zugenommen haben.

„Unser Report ist ein Weckruf für Bauindustrie und Politik. Herkömmliche Sicherheitsmaßnahmen allein sind vielerorts unzureichend. Immer wichtiger werden eine frühzeitige Sicherheitsplanung, intelligentere Überwachungstechnologien und gezielte Mitarbeiterschulungen“, meint Petra Ehrhard, Bauwatch Group Marketing Officer.

Gestohlen werden vor allem kleine Werkzeuge und Geräte (71 Prozent), Kupfer (55 Prozent) und Kabel (55 Prozent). Die Folgen sind mehr als ärgerlich. Die Raubzüge kosten Zeit, Geld und Nerven: Die gestohlenen Geräte und Materialien müssen ersetzt werden. Laut der Studie verzögerten sich 41 Prozent der Projekte. 14 Prozent der Projekte überschritten ihr Budget, weil sie von Baustellenkriminalität betroffen waren. Bei 13 Prozent der Projekte kam es laut Studie sogar zu Arbeitsplatzverlusten. „Neben dem materiellen Verlust schadet die Kriminalität zudem dem Firmenimage“, so Senior Sales Manager Klingenberger.

Doch es gibt auch gute Nachrichten. „Positiv ist, dass das Bewusstsein für Sicherheit in Österreich wächst. Immer mehr Unternehmen sehen Sicherheit nicht nur als Kostenfaktor, sondern als Wettbewerbsvorteil. Wer keine Verluste hat, kann schneller liefern und bleibt im Zeitplan. Gerade bei fehlenden Kabeln oder Materialien entstehen sonst große Verzögerungen“, erläutert Klingenberger. Seine Einschätzung spiegelt sich in der Umfrage wider: Österreichische Unternehmen zeigen demnach ein höheres Bewusstsein und eine größere Reaktionsfähigkeit. 43 Prozent führen wöchentliche Sicherheitskontrollen durch, gegenüber 31 Prozent EU-weit. „Zudem ist die Hälfte der Befragten der Meinung, dass Sicherheit bereits in der Projektplanungsphase berücksichtigt werden sollte“, sagt Klingenberger.

Das begrüßte seine Kollegin Ehrhard: „Jedes Projekt sollte mit einer umfassenden Risikobewertung beginnen. Sichtbare Lösungen wie mobile Kameratürme und stabile Umzäunungen können Straftaten verhindern, bevor sie überhaupt begangen werden“, meint sie. „Gleichzeitig bieten neue Technologien wie intelligente Überwachungssysteme, KI-gestützte Analysen und Fernüberwachung leistungsstarke und kostengünstige Möglichkeiten, wertvolle Vermögenswerte auch bei knappen Budgets zu schützen.“

Kasten: So schützen Sie Ihre Baustelle vor Langfingern:

  • Sicherheitsplanung frühzeitig integrieren: Sicherheitskonzepte sollten bereits in der Projektphase berücksichtigt werden.
  • Beleuchtung optimieren: Eine gut ausgeleuchtete Baustelle schreckt potenzielle Täter ab.
  • Moderne Videoüberwachung einsetzen: Sichtbare Kameratürme wirken abschreckend und senken das Risiko von Spontandiebstählen. KI-gestützte Systeme können Alarme analysieren und Fehlalarme reduzieren.
  • Rund-um-die-Uhr-Überwachung sicherstellen: Eine Anbindung an eine Notruf- und Serviceleitstelle ermöglicht schnelle Reaktion bei Vorfällen.
  • Material und Geräte sichern: Maschinen sollten immer verriegelt und Wertgegenstände in stabilen, abschließbaren Containern gelagert werden. Gepanzerte Schlösser und zusätzliche Barrieren erhöhen den Schutz.
  • Zugänge kontrollieren: Robuste Bauzäune, gesicherte Tore und klare Zugangskontrollen verhindern unbefugtes Betreten.
  • Personal sensibilisieren: Sicherheitsbewusstsein im Team ist entscheidend.
  • Experten hinzuziehen: Ein professioneller Sicherheitsplan berücksichtigt Projektdauer, Standort und Jahreszeit.