TimberLoop legt Forschungsberichte vor
Im Leuchtturmprojekt TimberLoop wurden erstmals umfassend die technischen, rechtlichen, ökologischen und praktischen Voraussetzungen für eine zirkuläre Holzwirtschaft im Bauwesen untersucht. Die Ergebnisse stehen jetzt kostenlos zur Verfügung und reichen von der Schadstoffanalyse über Rückbaukonzepte bis zu Praxisbeispielen.
Ab sofort stehen die Ergebnisse des Leuchtturmprojekts „TimberLoop – Aus dem Bauwesen, für das Bauwesen“ kostenlos zur Verfügung. Im Zentrum der Aussendung steht das Potenzial von Bauholz aus Vornutzung: Durch seine Fähigkeit zur weiteren CO₂-Speicherung, seine hohe Verfügbarkeit und die Möglichkeit zur Ressourcenschonung in jeder Wiederverwendungsphase wird es zum zentralen Element einer zirkulären Bio-Kreislaufwirtschaft im Bauwesen.

Neun Berichte, ein Ziel
Ziel des Forschungsprojekts war es, die Struktur von Holz aus Vornutzung möglichst weitgehend zu erhalten und in eine hochwertige Kreislaufführung zu überführen – mit dem Anspruch, Abfallströme zu minimieren und statisch tragende sowie kleinvolumige Holzbauprodukte neu zu denken.
Gefördert wurde das Projekt aus Mitteln des Waldfonds, einer Initiative des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft. Es wurde im Rahmen des Programms Think.Wood der Österreichischen Holzinitiative durchgeführt und vom Fachverband der Holzindustrie Österreichs finanziell unterstützt. Projektpartner waren unter anderem das IBO – Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie – sowie zwölf Unternehmen aus der Holzbranche.
Die Veröffentlichungen zeigen, wie vielfältig die Voraussetzungen, Herausforderungen und Chancen einer zirkulären Holzwirtschaft sind. Thematisch reichen die Berichte von rechtlichen Rahmenbedingungen über chemische Analysen und materialtechnische Prüfungen bis hin zu digitalen Best-Practice-Beispielen und ökologischen Lebenszyklusbewertungen. Alle Berichte sind auf der Website der Holzforschung Austria abrufbar.
1. Forschungsüberblick
Im ersten Bericht wurden über 30 nationale und internationale Forschungsprojekte systematisch zusammengetragen, die sich – wie TimberLoop – mit der Kreislaufführung von Holz beschäftigen. Ziel war es, Parallelen, Unterschiede und Synergien zu identifizieren. Analysiert wurden Projekte aus Österreich, Europa und darüber hinaus, darunter bekannte Vorhaben wie „BauCycle“, „Circular Timber“ oder „Wood in Circle“. Untersucht wurden unter anderem Konzepte zu rückbaubaren Gebäuden, zur Schadstofftrennung im Rückbau, zu reversiblen Verbindungstechniken oder zu standardisierten Materialpässen. Der Bericht macht deutlich, wie stark das Thema Kreislaufwirtschaft mittlerweile in der internationalen Holzforschung verankert ist und dass es an umfassender Koordination und verbindlichen Standards noch fehlt.
2. Praxisbeispiele
Dieser Bericht zeigt anhand konkreter Best-Practice-Beispiele aus Österreich und dem europäischen Ausland, wie Kreislaufführung im Holzbau bereits heute umgesetzt wird. Vorgestellt werden modulare Bauweisen, Gebäude mit dokumentierter Rückbaubarkeit sowie digitale Tools und Materialdatenbanken, die die Wiederverwendung von Bauteilen technisch und logistisch unterstützen. Auch Zertifizierungsansätze zur Messbarkeit der „Zirkularität“ von Holzprodukten werden behandelt. Ein besonderer Fokus liegt auf digitalen Marktplätzen für Sekundärbaustoffe, die Angebot und Nachfrage nach gebrauchten Holzkomponenten effizient zusammenbringen sollen. Die Beispiele zeigen: Der Übergang von der linearen zur zirkulären Bauwirtschaft ist bereits möglich, wenn passende Planung, Dokumentation und Rückbaukonzepte berücksichtigt werden.
3. Rechtslage
Der dritte Bericht analysiert umfassend die rechtlichen Rahmenbedingungen, die den Wiedereinsatz von Altholz derzeit ermöglichen oder behindern. Berücksichtigt wurden gesetzliche Vorgaben in Österreich, Deutschland, der Schweiz und auf EU-Ebene. Behandelt werden unter anderem die Recyclingholzverordnung, die Abfallrahmenrichtlinie, die Bauprodukteverordnung sowie die Chemikalien-Verbotsverordnung. Es wird deutlich, dass rechtliche Unsicherheiten, fehlende Definitionen und mangelnde Harmonisierung derzeit große Hürden für eine umfassende stoffliche Kreislaufführung darstellen. Der Bericht zeigt aber auch, wo es Spielräume gibt, etwa bei der Einstufung von Holzprodukten als Nebenprodukt statt als Abfall und macht Vorschläge zur rechtlichen Weiterentwicklung.
4. Materialprüfung
Wie belastbar ist Holz aus der Vornutzung? Dieser Bericht widmet sich der Frage, inwieweit tragende Holzbauteile, die aus Rückbau stammen, die heute geltenden technischen Anforderungen erfüllen. Untersucht wurden unter anderem Biegefestigkeit, Elastizitätsmodul, Verklebungsqualität sowie Delaminierung und Scherfestigkeit. Die Ergebnisse zeigen, dass viele rückgebaute Vollholz- und Brettschichtholzbauteile auch nach jahrzehntelanger Nutzung die Anforderungen der Festigkeitsklassen C24 und GL24h erfüllen und damit grundsätzlich für den Wiedereinsatz geeignet sind. Die Prüfungen belegen zudem, dass Klebstoffverbindungen stabil bleiben, sofern das Bauteil nicht dauerhaft feuchtebelastet war. Damit liefert der Bericht eine zentrale Grundlage für die technische Bewertung von Altholz im Bauwesen.
5. Konzepte für Tragwerke
Der fünfte Bericht stellt drei konkrete Konzepte für die Kreislaufführung tragender Holzbauteile vor: Re-Use (direkte Wiederverwendung), Repair (Instandsetzung) und Remanufacture (Wiederaufbereitung). Für jedes dieser Modelle wurden Voraussetzungen, logistische Abläufe, technische Anforderungen und Hindernisse identifiziert. Im Zentrum steht die Frage, unter welchen Bedingungen sich tragende Holzbauteile aus Rückbauprojekten sinnvoll und sicher in neuen Bauwerken einsetzen lassen. Der Bericht berücksichtigt dabei auch notwendige Prüfungen zur statischen Eignung, mögliche Rückbauprozesse sowie Schnittstellen zu Normen und Bauvorschriften. Die vorgeschlagenen Konzepte zeigen praxisnah, wie sich Tragwerke im Holzbau systematisch in einen geschlossenen Materialkreislauf überführen lassen.
6. Kleinformate aus Altholz
Dieser Bericht untersucht das Potenzial zur Wiederverwertung von kleinvolumigen Holzbauteilen, etwa Parkett, Fensterrahmen oder Kanthölzern für neue Produkte. Im Zentrum steht die Herstellung von mehrschichtigem Parkett unter Verwendung gebrauchter Mittellagen. Die Forschenden prüften die Oberflächeneigenschaften von altem Holz, etwa Kontaktwinkel und pH-Wert, analysierten Schadstoffe und testeten verschiedene Klebstoffe auf ihre Eignung. Das Ergebnis: Unter bestimmten Voraussetzungen kann gebrauchtes Holz erfolgreich in neue, hochwertige Produkte überführt werden, vorausgesetzt, es werden geeignete Sortier-, Trocknungs- und Aufbereitungsschritte eingehalten. Besonders relevant ist dieser Ansatz für automatisierte Produktionsprozesse, bei denen klare Qualitätskriterien notwendig sind.
7. Schadstoffe
Ein zentraler Hinderungsgrund für die Wiederverwendung von Holzbauteilen sind mögliche chemische Belastungen. In diesem Bericht wurden Altmaterialien, darunter Brettschichtholz, Fensterholz und Parkett, chemisch analysiert. Erfasst wurden Biozide, Schwermetalle, Halogene und flüchtige Schadstoffe. Zusätzlich untersuchte das Projektteam die Tiefenverteilung der Kontaminationen sowie mögliche Übertragungen auf neue Produkte wie Recyclingparkett. Die Ergebnisse zeigen: Die Schadstoffbelastung konzentriert sich meist auf oberflächennahe Zonen und kann durch Abtrag reduziert werden. In Einzelfällen sind Grenzwertüberschreitungen relevant, vor allem bei Materialien aus der Zeit vor den 1990er Jahren. Der Bericht liefert praxisrelevante Grenzwerte und Methoden zur Beurteilung von Altholz hinsichtlich seiner stofflichen Wiederverwendbarkeit.
8. Holzschutzfrei bauen
Chemischer Holzschutz steht der Kreislaufführung oft im Weg – denn behandeltes Holz gilt rechtlich häufig als gefährlich kontaminiert. Dieser Bericht untersucht, ob sich Holz im bewitterten Außenbereich auch ohne chemische Schutzmittel langfristig einsetzen lässt. Analysiert wurden verschiedene Konstruktionsprinzipien, Beschichtungssysteme sowie reale Objekte, etwa Fassaden, Fenster oder der Aussichtsturm am Pyramidenkogel. Die Erkenntnis: Eine holzschutzmittelfreie Anwendung ist unter bestimmten Bedingungen möglich, etwa bei sorgfältiger Planung, Konstruktion und Wartung. Gleichzeitig wird klar: Es gibt Einsatzbereiche, in denen ein Verzicht auf chemischen Holzschutz zu einem erhöhten Risiko für Pilzbefall und Schäden führen kann. Der Bericht gibt konkrete Empfehlungen für Planung und Produktwahl.
9. Bewertung
Der abschließende Bericht bewertet die ökologischen und ökonomischen Auswirkungen der Kreislaufführung von Holzbauteilen. Anhand von Lebenszyklusanalysen wurde ermittelt, wie stark sich CO₂-Emissionen durch Wiederverwendung und Recycling senken lassen. Zusätzlich wurden Kostenstrukturen analysiert, Marktakzeptanz erhoben und eine SWOT-Analyse durchgeführt. Ergebnis: Die ökologische Vorteilhaftigkeit ist klar belegbar, insbesondere beim Re-Use von großvolumigem Holz. Wirtschaftlich bestehen jedoch noch Unsicherheiten, insbesondere durch fehlende Standards und hohe Aufbereitungskosten. Der Bericht liefert nicht nur Kennzahlen, sondern auch Empfehlungen für Praxis, Forschung und Gesetzgebung, wie Kreislaufstrategien im Holzbau ökologisch sinnvoll und wirtschaftlich tragfähig umgesetzt werden können.
Holz als Schlüsselmaterial für die Bauwende
Die TimberLoop-Berichte zeigen eindrucksvoll, welches Potenzial im Rückbau, der Wiederverwendung und der Weiterverarbeitung von Holzbauteilen steckt. Sie liefern belastbare Daten, Konzepte und Handlungsempfehlungen für Bauwirtschaft, Politik, Forschung und Industrie. Die Wiederverwendung von Bauholz ist keine theoretische Vision, sondern technisch möglich, ökologisch geboten und wirtschaftlich zunehmend relevant. Damit liefert TimberLoop nicht nur eine Grundlage für die Praxis, sondern auch eine Einladung zum Umdenken: Vom Einwegmaterial zum zirkulären Baustoff.




