40 Jahre Bauder Österreich: was war, was bleibt, was kommt?
Von der Bitumenbahn bis zum modernen PU-Dämmstoffwerk: Bauder Österreich hat seit 1985 viel bewegt. Drei Manager blicken zurück auf Wendepunkte, Innovationsschübe und die Zukunft des Daches. Ein Gespräch über Mut, Marktveränderung und warum Systemdenken heute unverzichtbar ist.
BIRGIT TEGTBAUER: Bauder Österreich feiert 2025 sein 40-jähriges Bestehen. Herr Murauer, als langjähriger Geschäftsführer dieser ersten Tochtergesellschaft, die außerhalb Deutschlands im Jahr 1985 gegründet wurde, können Sie sicher von einigen Meilensteinen und Highlights der letzten vier Jahrzehnte berichten.
GÜNTHER MURAUER: Meilensteine gibt es bei Bauder viele. Der erste war die Gründung der Tochtergesellschaft in Österreich. Das war für das schwäbische Unternehmen damals eine wirkliche Sensation. Wenn man jetzt konkret auf Bauder Österreich und seine Meilensteine blickt, ist es die Konzentration auf das Handels- und Handwerksgeschäft, mit dem 1996 begonnen wurde. Das war ein ganz wesentlicher Schritt. Diese Vertriebsschiene ist nach wie vor die Strategie von Bauder, die wir in Deutschland, Österreich und in anderen Ländern ebenso praktizieren. Der wesentlichste Meilenstein, der dem Unternehmen in Österreich einen richtigen Impuls gegeben hat, war die Gründung des Produktionswerks hier in Bruck. Von da an waren wir nicht mehr „nur“ Importeur in der Dachlandschaft, seither sind wir ein österreichischer Hersteller, der in Österreich Arbeitsplätze schafft und nachhaltig investiert. Seitdem hat sich die Welt ganz schnell für uns zu drehen begonnen und hat uns in unserer Entwicklung maßgeblich befeuert.
STEFAN ROITHMAIR: Darf ich noch einen Meilenstein davor einpflegen? Im Jahr 2000 erwarb Bauder einen Kunststoffhersteller in Ostdeutschland und integrierte damit erstmals einen neuen Werkstoff ins Portfolio. Bis dahin waren wir ein klassischer Bitumenbahnenproduzent. Mit diesem strategischen Schritt wurden wir zum ersten Anbieter werkstoffunabhängiger Systeme. Ein Meilenstein, der den Weitblick der Eigentümer schon vor 25 eindrucksvoll unterstrich.
GÜNTHER MURAUER: Und der jüngste Meilenstein ist im heurigen Jahr gesetzt worden: die Eröffnung des PU-Dämmfstoffwerks hier in Bruck. Es ist die modernste PU-Dachplattenfabrik Europas.
BIRGIT TEGTBAUER: Dann kommen wir doch gleich zur Gegenwart. Wie ist Bauder Österreich heute aufgestellt? Und welche Bedeutung hat der Standort Österreich nach 40 Jahren?
GÜNTHER MURAUER: Wenn man die heutige Bedeutung Österreichs für die Bauder-Gruppe betrachtet, haben wir einen nennenswertenn Anteil am Gesamtumsatzerfolg. Der Standort Österreich ist, insbesondere mit den Produktionsstätten hier in Bruck, ein ganz wichtiger Mosaikstein in der Versorgungssicherheit unserer Märkte in Europa.
BIRGIT TEGTBAUER: Bauder hat dieses Jahr – wie auch mehrmals auch in der „DACH WAND“ zu sehen war – eine Jubiläumskampagne unter dem Motto „Wenn Dächer, dann Bauder“ gestartet. Was ist die konkrete Botschaft dahinter?

GÜNTHER MURAUER: Bauder ist seit über 40 Jahren nicht nur Hersteller von Bitumenbahnen und Dämmstoffen, sondern ein Systemanbieter, ein Hersteller für aufeinander abgestimmte Dachsysteme. Das haben wir damals schon beworben, und das tun wir auch heute. Denn heute merkt man erst richtig, wie wichtig es ist, in Systemen zu denken. Es genügt nicht, alleine ein Produkt zu haben, das gut ist. Man braucht abgestimmte Systeme, von der Dampfsperre bis zum fertigen PV-Modul oder Gründach. Das war immer unsere Stärke. Wenn Dächer, dann Bauder. Bei uns gibt es alles aus einer Hand.
BIRGIT TEGTBAUER: Was sind die Highlights der aktuellen Produktpalette?
STEFAN ROITHMAIR: Da sehen wir klar das Nutzdach. Ein Begriff, den wir mitgeprägt haben. Das hat Zukunft. Ein Zukunftsdach, das wir auch in anderen Ländern sehen, ist das Retentionsdach. Dem kann man natürlich kritisch gegenüberstehen, weil die Normen einfach noch nicht dazu passen. Aber es wird kommen, weil es im urbanen Raum eine wichtige Lösung ist, mit dem Thema Wasser umzugehen. Und natürlich das Thema Dachbegrünung als Klimawandelanpassungsmaßnahme.
BIRGIT TEGTBAUER: Wie und wo finden Forschung und Entwicklung neuer Produkte bei Bauder statt? Wie kann man sich den Ablauf einer Produktentwicklung vorstellen?
GÜNTHER MURAUER: Die Idee, ein neues Produkt auf die Beine zu stellen, kann mehrere Väter haben. Es kann sein, dass der Markt Ideen bringt. Oder, was auch ihm immer wieder passiert, dass wir über den Tellerrand schauen und Gutes noch deutlich besser machen.

STEFAN ROITHMAIR: Schön bei Bauder ist, dass wir keine Scheuklappen haben. Wir schauen weit voraus, prüfen, was zu uns passt und in welche Richtung es geht. Hier in Bruck haben wir den modernsten PIR-Laminator. Wir arbeiten mit neuen Rohstoffen, die sehr vielversprechend sind. Wenn man etwa vergleicht, es würden 11 Zentimeter Polyurethan ausreichen für einen U-Wert von 0,2, das ist die Anforderung der OIB-Richtlinie. Da sind wir bei klassischen Dämmstoffen eher im Bereich von 18 oder 20 Zentimetern. Und wir wissen, es wird definitiv nicht bei den 11 Zentimetern bleiben, es kann durchaus noch dünner gehen. Damit wird weniger Rohstoff eingesetzt – ich muss weniger produzieren, ich liefere weniger auf die Baustelle, der Mitarbeiter muss weniger manipulieren. Und wenn man dann die Entsorgung in 40 Jahren plus rechnet, ist diese natürlich auch geringer. Wenn man diesen Kreislauf schließt, weiß man, dass wir mit Polyurethan sehr, sehr gut unterwegs sind.
BIRGIT TEGTBAUER: Herr Stögbauer, diese Produktion passiert hier im Werk Bruck, im modernsten Werk von Bauder. Was genau wird hier alles erzeugt?
REINER STÖGBAUER: Wir erzeugen auf zwei Anlagen Bitumendachbahnen, Plastomer- sowie Elastomer-Bahnen und seit kurzem eben auch Polyurethan-Hartschaumplatten.
BIRGIT TEGTBAUER: Sie sind der Werksleiter – erzählen Sie uns mehr: Wie viele Mitarbeitende sind hier beschäftigt? In wie vielen Schichten läuft der Produktionsbetrieb? Welche Länder werden mit den Produkten aus Bruck beliefert?

REINER STÖGBAUER: Auf der Bitumenseite fahren wir Dreischichtbetrieb an fünf Tagen in der Woche. Bauder möchte weg von diesem Vollkontibetrieb, denn das ist familienfeindlich. Deswegen sollte die gesamte Produktion in fünf Tagen passieren. Auf der Polyurethan-Seite fahren wir derzeit zweischichtig. Dort haben wir also noch Kapazität, eine Schicht draufzulegen. Am Standort hier sind wir etwa 105 Mitarbeiter*innen. Wir haben einen relativ hohen Exportanteil von knapp 50 Prozent. Letztendlich beliefern wir alle ehemaligen Kronländer um Österreich herum, bis in die Ukraine, bis in den Balkan. Auch Italien wird von hier aus beliefert.
BIRGIT TEGTBAUER: Herr Murauer, mit Ende dieses Jahres wechseln Sie in den Ruhestand. Als Ihr Nachfolger steht schon länger Stephan Roithmair fest. Wie bereitet man eine solche Übergabe vor?
GÜNTHER MURAUER: Langfristig. Wir haben die Mannschaft in Österreich im März 2022 über den Generationswechsel informiert. Gemeinsam mit dem Eigentümer Tim Bauder haben wir uns damals schon sehr genau überlegt, wie die Übergabe funktioniert. Dann haben wir einen Zeitplan mit Maßnahmen gemacht und diesen der Mannschaft vorgestellt. Denn das Motto war: Die beste Mannschaft verdient ehrliche Information. Es läuft ja dann nicht immer so, wie man sich das wünscht. Man plant, man korrigiert, man passt an, sodass es für alle, insbesondere für die Mannschaft, gut funktioniert. Das ist uns gut gelungen.
BIRGIT TEGTBAUER: Herr Roithmair, eine große Aufgabe, die Sie mit 1. Jänner 2026 antreten. Was wird Ihre erste Aktion als Geschäftsführer von Bauder Österreich sein?
STEFAN ROITHMAIR: Viel wird sich nicht ändern: In den wesentlichen Fragen waren Günther Murauer und ich stets einer Meinung. Ich habe vor 28 Jahren als Lehrling bei Bauder begonnen und werde auch als Geschäftsführer bodenständig bleiben – das entspricht unserer Unternehmenskultur. Bei uns packt jeder mit an, wir leben eine klare Hands-on-Mentalität. Und entscheidend ist: Wir verlangen nichts von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, was wir nicht selbst tun würden.
BIRGIT TEGTBAUER: Lassen Sie uns zum Abschluss in die Zukunft blicken. Was wünscht jeder von Ihnen Bauder Österreich für die nächsten 40 Jahre?
REINER STÖGBAUER: Ich wünsche Bauder Österreich, für die nächsten 40 Jahre hier in Bruck Vollauslastung zu haben. Mit neuen innovativen Produkten, die auch schon teilweise in der Pipeline sind. Und wir sollten weiterhin ein Familienbetrieb bleiben. Das ist ganz wichtig, weil wir in Generationen denken und nicht in Quartalsberichten. Das macht uns stark.
GÜNTHER MURAUER: Ich wünsche dem Unternehmen und der besten Mannschaft, dass die Bauder-Kultur, das Leitbild und alles was damit verbunden ist, auch mit Wachstum in der Mannschaft weiterleben kann. Das ist wichtig. Das macht uns aus. Das ist dieser nicht kopierbare Wettbewerbsvorteil. Ich wünsche der Mannschaft und der Firma, dass es ein unabhängiges, eigentümergeführtes Unternehmen bleibt. Das ist etwas ganz Besonderes. Das unterscheidet uns von klassischen Konzernen. Und dass die Innovationskraft und die Ideen niemals ausgehen mögen, um langfristig ein wesentlicher Spieler im Geschäft für langlebige, sichere Dächer zu sein.
BIRGIT TEGTBAUER: Herr Roithmair, jetzt haben Sie es schon schwer …
STEFAN ROITHMAIR: Das Thema Familienunternehmen ist bei uns ein ganz großes Thema und ein zentraler Faktor. Jetzt gerade, wo der Bau schwächelt, stellen viele Firmen ihre Mitarbeiter frei. Wir investieren. Das war immer schon so, Bauder hat immer in der Krise investiert. Auch wenn das manchmal zulasten des Ertrags in diesen Jahren passiert ist. Aber wir denken langfristig. Das wünsche ich mir weiterhin. Und wenn wir schauen, was mit dem Klima passiert, haben wir mit dem Dach eine Riesenchance.
GÜNTHER MURAUER: Die Veränderungen der Zeit aktiv mitgestalten, das Bestmögliche daraus machen und das Unternehmen gut in die Zukunft bringen, das wünschen wir uns.
BIRGIT TEGTBAUER: Ein schöner Schlusssatz!




