Die Hochleistungsfassade
Der Umstieg auf erneuerbare Energiequellen und die Reduzierung des Energieverbrauchs von Gebäuden sind eine Notwendigkeit, um bis 2050 eine klimaneutrale Wirtschaft zu erreichen. Die Experten von Pilkington Austria zeigen, dass die Fassade eine wesentliche Rolle zur Erreichung dieser Ziele beitragen kann.
Studien zeigen, dass der EU-Gebäudebestand mit ineffizienten Verglasungen gealtert ist. Der durchschnittliche Ug-Wert von Fenstern in EU-Gebäuden liegt bei 3,4 – das entspricht Fenstern aus den späten 1960er-Jahren. Mit heute auf dem Markt verfügbaren Fenstern besteht ein enormes Verbesserungspotenzial – bis zu 37 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs im EU-Gebäudebestand können bis 2050 durch Hochleistungsverglasungsprodukte eingespart werden. Tatsächlich können Energie- und Treibhausgaseinsparungen noch erheblich sein, wenn adaptive Verglasungen mit integrierter Photovoltaik zum Standard werden.
„Building Integrated Photovoltaic“ (BIPV) steht für die Integration von Photovoltaikmodulen in die Gebäudehülle, wobei nicht nur die Energiegewinnung, sondern auch andere Funktionen gewünscht werden. Fachgruppen beschreiben BIPV als eine architektonische, bauphysikalische und konstruktive Einbindung von PV-Elementen in die Gebäudehülle unter der Berücksichtigung der multifunktionalen Eigenschaften des PV-Moduls. Multifunktionalität können dabei Witterungsschutz, Wärmedämmung, Abschattung, Ästhetik und Design sowie Sichtschutz, Schalldämmung, elektromagnetische Schirmdämpfung, Einbruchsschutz, Lichtlenkung und -leitung sein. Die Einsatzbereiche von BIPV umfassen die Bereiche Dachintegration, Fassaden-, Fenster-, Brüstungs- oder Verschattungslösungen.
Die Module werden projektorientiert gefertigt (angepasst an das jeweilige Gebäude) in Größe, Form, Material, Farbe und Design, um ein möglichst homogenes Gesamterscheinungsbild zu erreichen.
Die BIPV-Gläser bedecken die gesamte vertikale und südseitig ausgerichtete Fassadenfläche, sowohl die Brüstungs- als auch die Fensterbereiche.
Für die BIPV-Fassade im Fensterbereich (Fixverglasung sowie Dreh-/Kippfenster) kam „Pilkington Sunplus BIPV Vision“ zum Einsatz. Die Performance-Werte für den 3-fach Isolierglasaufbau sprechen für sich: Der Ug-Wert liegt bei 0,64 und der g-Wert beträgt dank Sonnenschutzfolie bei nur 18 Prozent. Das „Vision“-Modul hat eine Anschlussdose für den elektrischen Kabelanschluss an der Glaskante.
Beeinflusst haben das Design der „Vision“-Fenster Aspekte der optimalen Energieeffizienz sowie eine homogene Gesamtansicht der Fassade. Speziell im oberen Bereich der Fenster kommt es zu leichten Verschattungen durch den Rahmen, bedingt durch die Pfosten-Riegel Konstruktion, die Abdeckbleche stehen 20 mm vor. Dem wurde entgegengewirkt durch einen größeren Abstand der PV-Zellen von der oberen Glaskante. Die Außenansicht aller Fenster und Fixverglasungen wurde durch gleichmäßige seitliche Abstände der PV-Zellen zum Rahmen optimiert.
Die Behaglichkeit im Innenraum wird wesentlich durch die prozentuelle Belegung der Fensterfläche mit PV-Zellen beeinflusst. Es soll eine angenehme Arbeitsatmosphäre in den Büroräumen entstehen, die Arbeitseffizienz der Mitarbeiter wird bei ausreichend natürlichem Lichteinfall bis zu 15 Prozent gesteigert. Zudem gibt es seitens des Arbeitsinspektorats Vorgaben zum Lichteinfall, die erfüllt werden müssen.
Die Referenzfläche ergibt sich aus dem Produkt der Lichteintrittsfläche (10 Prozent der Raumfläche) und dem minimal zulässigen Lichttransmissionsgrad (65 Prozent).
Beispiel: Raumfläche = 50 m², Lichteintrittsfläche >= 5 m², Referenzfläche = 3,25 m². Dies wäre der Minimumwert, den die Verglasung des obigen Beispiels erfüllen muss.
Die verwendeten „Pilkington Sunplus BIPV Vision“ Isolierglasfenster mit einer durchschnittlichen PV-Zellenbelegung von 38 Prozent der Glasfläche konnten die oben genannten Anforderungen des Lichteinfalls problemlos erfüllen.
Die Techno-Z BIPV Fassade wurde im Rahmen des EU-Forschungsprojekts Horizon 2020 projektiert und installiert. Die Niederländische Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung, kurz TNO, überwacht im Zeitraum von einem Jahr die Performance der BIPV-Fassade. Die zyklisch dokumentierten Messwerte des Wechselrichters auf Modulebene, werden den Messungen der solaren Energieeinstrahlung mittels Pyranometer, sowie Wetterdaten wie Temperatur, Windgeschwindigkeit, Luftfeuchte und Niederschlagsmenge gegenübergestellt. Dadurch kann auf effizientem Weg der produzierte Ist-Energieertrag mit dem Soll-Energieertrag verglichen und somit die Wirkungsweise der BIPV-Module überwacht werden.
Speziell für Gebäude, der Sektor, der die höchsten CO2-Emissionen der gesamten EU aufweist, spielt in Zukunft eine hocheffiziente Gebäudefassade die zusätzlich erneuerbare Energie erzeugt, eine wesentliche Rolle bei der Erreichung der Energieneutralität bis 2050. Österreich befindet sich laut Weltklimakarte in der gemäßigten Klimazone: Die Klimaprognosen bis 2050 sagen deutlich höhere Temperaturen in den Sommermonaten und ähnlich tiefe Temperaturen in den Wintermonaten voraus. Um künftig Primarenergiekosten für HVAC-Systeme (engl. „Heating, Ventilation and Air Conditioning“, dt. „Heizung, Lüftung, Klimatechnik“) zu sparen, sind Hochleistungsverglasungen mit g-Werten um die zehn Prozent gefragt. Durch eine zusätzliche Verdopplung der Gebäude- und Fassadenrenovierungen (der durchschnittliche Ug-Wert von Verglasungen in der EU liegt bei 3,4), kann der Gesamtenergieaufwand des Gebäudebestands um weitere 37 Prozent gesenkt werden.