Blau-grüne Dächer: Lösungen zur Dachbegrünung
Gründächer sind ein wesentlicher Bestandteil der blau-grünen Infrastruktur. Sie speichern Regenwasser und geben es verzögert ab. Sie senken die Gebäudetemperatur, schaffen Lebensräume und verbessern die Luftqualität. Die Begrünung von Dächern wird auch für das Dachhandwerk ein immer wichtigerer Geschäftszweig. Innovative Produkte und Systeme unterstützen dabei.

Blau-grüne Infrastruktur bezieht sich auf die Einbindung von natürlichen Wasserkreisläufen und grünen Landschaftselementen in die urbane Entwicklung. Das Konzept vereint wasserbasierte (blaue) und pflanzenbasierte (grüne) Lösungen, um die Widerstandsfähigkeit von Städten gegenüber Klimaveränderungen zu erhöhen und gleichzeitig die Lebensqualität der Bewohner*innen und die Biodiversität zu fördern. Gründächer sind ein wichtiger Teil der blau-grünen Lösungen. Mit Pflanzen bewachsene Dächer speichern Regenwasser, um es langsam wieder abzugeben. Sie helfen, die Temperatur von Gebäuden zu senken, verbessern die Luftqualität und schaffen Lebensräume für Pflanzen und Tiere. In stark besiedelten Städten wie Wien spielen begrünte Dächer eine wichtige Rolle bei der Minderung urbaner Wärmeinseln und der Regulierung von Starkregenereignissen. Ein Gründach kann die Auswirkungen von Starkregen deutlich abfedern. Das Regenwasser fließt erst dann in die Kanalisation ab, wenn das Bodensubstrat und die Speicherelemente am Dach gesättigt sind. Und diese schaffen große Mengen: Ein einziger Quadratmeter Dachbegrünung mit einer Aufbauhöhe von 25 Zentimetern kann die Wassermenge einer Badewanne speichern. Aus diesen vielen Gründen hat die Begrünung von Dachflächen in den letzten Jahren stetig zugenommen, sowohl bei Neubauten als auch bei Sanierungen. Das verlangt nachhaltige Lösungen und innovative Produkte für den Dachaufbau und die Begrünung.
Sicherer Schutz vor Feuchtigkeit
“Intensive und extensive Begrünung wird am Markt einen höheren Stellenwert bekommen – am Flachdach wie auch am Steildach. Deshalb haben wir den Fokus in der Produktentwicklung schon mehrfach dahingelegt”, erklärt Roland Hebbel, Geschäftsführer des österreichischen Dämmstoffexperten Steinbacher. Die optimale Dämmung des begrünten Warmdaches garantiert Steinbacher mit der innovativen “steinodur WDO-E”. Die druckfeste Dämmplatte eignet sich perfekt für den Einsatz am genutzten Dach. Dank ihrer einseitigen Strukturierung ermöglicht sie im Schadensfall und im Fall eines Wassereintritts eine rasche, günstige Trocknung ohne das gesamte Dach abzutragen. Auf Nummer sicher geht man in Kombination mit einem Feuchtemonitoring-System. Langzeitschäden können so minimiert und Schimmel vorgebeugt werden. Das “Optidry-Monitoring-System” (OMS) ist ein aktives Gebäudemonitoring- und Warnsystem zur Früherkennung und Detektion von verdeckten Wasserschäden. Dabei werden die Bandsensoren im Zuge der Flachdach-Eindeckung auf der diffusionshemmenden Ebene verlegt. Der aktuelle Feuchtezustand kann einfach mit der OMS-Inspektor-App direkt am Smartphone oder Tablet abgerufen und ausgewertet werden.

Nie verkehrt: Gründach als Umkehrdach
Eine beliebte Ausführung ist das Gründach als Umkehrdach. Ein wärmeresistenter und druckfester Dämmstoff schützt dabei die Abdichtung und bildet die perfekte Grundlage für den Aufbau. “Im begrünten Umkehrdach werden XPS-Dämmstoffplatten mit Stufenfalz eingesetzt – sie ermöglichen eine schnelle und wärmebrückenfreie Verlegung. Damit die Wurzeln der Bepflanzung nichts anrichten können, wird die Dämmschicht mit einem Filtervlies geschützt”, erklärt Robert Novak, Geschäftsführung Vertrieb bei Austrotherm. Die Top-Produkte für das Gründach von Austrotherm sind “Austrotherm XPS TOP 30” bzw. “50”, “Austrotherm XPS Plus” bzw. “Premium”. Diese XPS-Dämmprodukte halten Druck stand, schützen wirksam gegen Wärmebrücken und sind unempfindlich gegen Feuchtigkeit. Das “Austrotherm Umkehrdachvlies” ergänzt den XPS-Dämmstoff als hochdiffusionsoffene, wasserabweisende Trennlage, die Temperaturen von minus 40 bis hin zu plus 80 Grad Celsius verträgt. “Mit dem Vlies wird Oberflächenwasser zuverlässig abgeleitet und ein Unterfließen der XPS-Platten verhindert. Es ist ein verpflichtender Bestandteil eines Umkehrdach-Wärmedämmsystems”, erklärt Robert Novak. Das praktische “Austrotherm Attikaelement” ergänzt das Dämmsystem für Gründächer. Das leichtgewichtige Teil ermöglicht die sichere Ausführung von wärmebrückenfreien Dachrandkonstruktionen. Und für den/die Verarbeiter*in gewährleistet das Attikaelement die schnelle und einfache Verarbeitung und eine optimierte Logistik auf der Baustelle.

Grüne Abdichtung für grüne Dächer
Eine der vielen Vorteile von Gründächern ist die angesprochene natürliche Wasserretention, die in immer stärker versiegelten Ballungsräumen immer wichtiger wird. Mit dem Wasser, das von Gründächern verzögert in die Kanalisation und in das Grundwasser bzw. in das Erdreich abgegeben wird, werden aber teilweise auch Schadstoffe ausgewaschen, wie internationale Studien belegen. Umweltbelastende Stoffe können in verschiedenen Materialien enthalten sein, die in der Fassade und am Dach verbaut werden. Auch in Dachbahnen. Dieses Thema ruft in den letzten Jahren immer häufiger die Verantwortlichen von öffentlichen Bauauftraggebern, sprich Städten und Gemeinden, und des Österreichischen Wasser- und Abfallwirtschaftsverbands (ÖWAV) auf den Plan und sorgt für Diskussionen.
Fakt ist, Dachbahnen müssen bei einer Nutzung als Gründachabdichtung wurzelfest sein. Bei Kunststoffabdichtungsbahnen wird die Wurzelfestigkeit über eine mechanische Widerstandsfähigkeit gewährleistet. Bei Bitumenbahnen gibt es neben Bahnen, die einen “mechanisch-technischen” Wurzelschutz aufweisen, auch solche, die mit einem chemischen Wurzelschutz versetzt sind. Der dafür verwendete chemische Wirkstoff könnte bei Regen ausgewaschen werden und in das Grundwasser gelangen. Diese Bahnen sind die gängigsten am Markt und werden seit Jahrzehnten eingesetzt. Aber auch andere Produkte enthalten problematische Stoffe, die an die Umwelt abgegeben werden können. Beispielsweise enthalten EPDM-Bahnen Vernetzungshilfsmittel, PVC-Bahnen Weichmacher oder FPO/TPO-Bahnen Vernetzungshilfsmittel und Flammschutzmittel. Deshalb arbeiten alle Dachmaterialhersteller intensiv an Produkten, die sicher, wurzelfest und dabei möglichst umweltfreundlich sind.
Innovative Dachbahnen nach ökologischen Standards

“Mit der steigenden Nachfrage nach Gründächern wachsen auch die Anforderungen an die eingesetzten Produkte. Besonders bei Projekten mit hohen ökologischen Standards sind Lösungen gefragt, die über den aktuellen Stand der Technik hinausgehen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, haben wir für unser Sortiment die neuen Produktlinien Rubin, Barutop Blue und Barutop Green entwickelt”, erklärt Karl Landl, Geschäftsführer von Büsscher & Hoffmann. Der Fokus lag dabei auf der Entwicklung verarbeitungsfreundlicher Produkte, die ohne Wurzelhemmstoffe auskommen oder eine reduzierte Auswaschung aufweisen. Diese neuen Produktlinien bieten maßgeschneiderte Lösungen für unterschiedliche Anforderungen – von klassischen Projekten bis hin zu spezifischen Vorgaben wie Baubook oder anderen besonderen Öko-Kriterien. “Ob additivfreie Systeme oder Varianten mit reduzierter Auswaschung – wir liefern die ideale Lösung für nachhaltige Gründächer. Und das selbstverständlich über den gesamten Dachaufbau hinweg – mit oberen und unteren additivfreien Lagen gemäß ÖNorm B 3691”, so Karl Landl.

Auch BMI Österreich bringt mit der Marke Villas mit “Villaverde WS-X-5S biozidfrei” eine neue Generation wurzelfester Abdichtungsbahnen auf den Markt. Die hochwertige Elastomerbitumen-Oberlage verbindet höchste ökologische Anforderungen mit bester Verarbeitbarkeit. Die Bahn ist wurzelfest nach ÖNorm EN 13948 und FLL-geprüft – ganz ohne Zusatz von Wurzelschutzmittel. Damit erfüllt sie nicht nur die steigenden Anforderungen an eine nachhaltige Bauweise, sondern bietet durch ihre hochwertige Rezeptur, die Rillen-Technologie und Cut-Lines eine besonders schnelle und sichere Verlegung – “und das selbst bei niedrigen Temperaturen”, wie Michael Wiesmüller, Teamleiter Anwendungstechnik Flachdach bei BMI Österreich, erklärt. “Mit der WS-X-5S biozidfrei setzen wir einen neuen Standard in der Gründachabdichtung. Die Kombination aus geprüfter Wurzelfestigkeit, biozidfreier Rezeptur und praxisgerechter Verlegung ist genau das, was Planer*innen und Verarbeiter*innen heute brauchen. Ökologische Verantwortung beginnt bei der Produktauswahl – und genau da setzen wir an”, so Michael Wiesmüller.
Effiziente Verbindung: Photovoltaik und Dachbegrünung
Solargründächer kombinieren die Vorteile einer Dachbegrünung mit der Energieeffizienz von Photovoltaikanlagen. Für Dachhandwerker*innen bietet diese zukunftsträchtige Lösung die Möglichkeit, ihren Kund*innen nachhaltige und umweltfreundliche Optionen anzubieten. Christian Oberbichler von der Dachgrün GmbH, Begrünungs-Fachmann und Leiter der ASI Arbeitsgruppe zur Dachbegrünung erklärt: “Wird bei Planung, Bau und Pflege von PV-Gründächern die Synergie von Natur und Technik abgestimmt, kommen die jeweiligen Vorteile der Systeme und die positiven Effekte der Kombination voll zum Tragen. So kommt es durch Beschattung und Regenwasserverteilung durch die PV-Module zu unterschiedlichsten Lebensräumen, wodurch die Biodiversität auf diesen Gründächern stark gefördert wird.”
Wichtig ist eine erhöhte Positionierung der PV-Module über dem Begrünungsaufbau – zumindest 30 cm, damit die Bepflanzung nicht die Leistung der Paneele durch Beschattung beeinträchtigt, sowie ein ausreichender Abstand von 65 cm zwischen den einzelnen Modul-Reihen. Damit wird der Eintrag von Licht und Niederschlag gewährleistet und die Reinigung der Module ebenso erleichtert wie die Pflege der Bepflanzung. „Durchdringungsfreie, durch die Auflast des Begrünungsaufbaus gehaltene, also im Gründach integrierte PV-Aufständerungen, sind hier Stand der Technik“, erläutert Christian Oberbichler.
Optimale Lösung: bifaciale PV-Systeme

Einen besonderen Vorteil bei Bestandsgründächern bieten vertikal aufgeständerte, bifaciale PV-Systeme, die den geringsten Eingriff für eine vorhandene Vegetationsgesellschaft bedeuten, wie etwa das “SOLon”-System von Dachgrün. Das Gründach wird hier weitgehend gleichmäßig beregnet und von der Sonne beschienen, gleichzeitig liefert die PV-Anlage eine ausgeglichene Leistungsverteilung über den Tag. “Es ist die optimale Lösung für existierende Gründächer, um deren vielfältige positive Wirkungen und Funktionen für Klima, Umwelt, Nutzer*innen und Bauwerk zu erhalten. Und auch die herkömmliche Gründachpflege ist weiterhin problemlos und weitgehend hindernisfrei möglich”, so Christian Oberbichler.
Effizient und im Trend: multifunktionale Lösungen
“Der Klimawandel und die zunehmende Versiegelung urbaner Flächen stellen uns vor große Herausforderungen. Vor allem in stark versiegelten Ballungszentren werden aktuell Lösungsansätze gesucht, um die Kanalisation besonders bei Starkregenereignissen zu entlasten. Die Zukunft liegt in multifunktionalen Lösungen: Solar-Retentions-Gründächer vereinen alle Vorteile der Begrünung mit PV-Ertrag und effektiver Regenwasserrückhaltung”, erläutert Gundula Dyk, Systemberaterin Gründach bei Bauder.
Das innovative System “BauderSolar Retention Photovoltaikgründach Drossel” verfügt über ein Drosselelement, das den Regenwasserabfluss vom Dach in die Kanalisation drosselt und gezielt zeitverzögert abgibt. Es ist ein Aufbau für gefällelose, extensive Gründächer mit definierten behördlichen Vorgaben zur Einleitbeschränkung zur auflastgehaltenen Montage großflächiger PV-Anlagen. Die Unterkonstruktion wird windsogsicher vom Substratgewicht auf dem Dach gehalten. Eine Kombination, die umweltfreundliche Solarenergie mit effektivem Abwassermanagement und schöner Dachbegrünung vereint.
Sie wird in Wien aktuell auf einem großen Referenzprojekt umgesetzt: Die Arbeiterkammer Wien rüstet ihr denkmalgeschütztes Hauptgebäude nachhaltig auf – mit einem Solar-Retentions-Gründach von Bauder. Die Dachfläche ist 1.683 m² groß, der pflanzenverfügbare Wasserspeicher beträgt 100.980 Liter. Das Ziel des Auftraggebers ist klar definiert: Verbesserung des Stadtklimas, Biodiversität, Regenwassermanagement und PV-Ertrag auf einer Fläche. Und auch die Mitarbeiter*innen dürfen sich freuen: Auf dem Dach wird es künftig Freiluft-Arbeitsbereiche geben.

Sattes Grün für jede Wand
Und weil auch die Begrünung von Fassaden immer wichtiger wird, bieten Hersteller wie Richard Brink einfache Lösungen für die Realisierung von vertikalen Grünflächen. Die Pflanzwand “Adam” verwandelt nahezu jede Wand in einen in die Höhe strebenden Garten. Mit dieser Lösung zur Fassadenbegrünung bietet der Metallwarenhersteller ein System für Neubauten und Bestandsgebäude. Egal ob kleine Hauswand oder ganzer Gebäudekomplex – die Modulbauweise der Pflanzwand gewährleistet eine einfache Montage. Möglich wird dies durch eine Auswahl verschiedener Unterkonstruktionen mit Pflanzkassetten, die aus 2 mm starkem Aluminium gefertigt und dank ihrer Aufhängungshaken mit jeglichen Unterkonstruktionen verbunden werden können. Da durch diesen Aufbau weiterhin ausreichend Raum zur Luftzirkulation verbleibt, wird eine dauerhafte Belüftung der Fassade sichergestellt. Ab sofort umfasst das Sortiment von “Adam” drei Konstruktionen zur Wandbefestigung. Darüber hinaus sind die Pflanzkassetten nicht nur in einer senkrechten, sondern auch in einer getreppten Ausführung erhältlich.
