Nachgefragt bei

Der Wohnbau wird sich im Jahr 2025 leicht erholen

27.05.2025

Johannes Wilhelm Landesinnungsmeister Bau Vorarlberg sowie Inhaber und Geschäftsführer der Wilhelm+Mayer Bau GmbH im Kurzinterview "Nachgefragt bei". Er spricht über die wirksame Wohnbauförderung in Vorarlberg und welche Maßnahmen die Politik sonst noch setzen sollte, um die Bauwirtschaft zu unterstützen.

Wie wird 2025 für das Baugewerbe in Vorarlberg? Rechnen Sie mit einer ersten Erholung, oder wird 2025 sogar noch schwerer als 2024?
Die heimische Baubranche musste sich in den vergangenen Jahren bei erschwerten Bedingungen behaupten. Während die Auftrags- beziehungsweise Produktionslage im Tiefbau beziehungsweise bei öffentlichen Infrastrukturprojekten recht stabil war, blieb der Wohnbau durchgehend stark betroffen. Die hemmend wirkenden Rahmenbedingungen im Wohnbaubereich sind in Bewegung. So sind die Zinsen rückläufig, die KIM-Verordnung läuft aus, und mit dem Wohnbauförderungsmodell in Vorarlberg wurde ein äußerst wirksames Instrument geschaffen. In Summe gehen wir davon aus, dass sich der Wohnbau im Jahr 2025 leicht erholen wird, das Umfeld bleibt jedoch weiterhin mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert.

Die Schere öffnet sich

Was stimmt Sie zuversichtlich, was nachdenklich?
Die Schere zwischen Wohnraumbedarf und tatsächlicher Bautätigkeit weitet sich zunehmend. Während der Bedarf an neuen Wohnungen in den kommenden Jahren konstant bleibt, geht die Zahl der fertiggestellten Einheiten deutlich zurück. Das zeigen aktuelle Prognosen auf Basis von Baubewilligungen und Bevölkerungsentwicklung. Aufgrund der eingebrochenen Neubautätigkeit seit Beginn der 2020er Jahre fehlen zukünftig rund 800 Wohnungen zur Bedarfsdeckung. Eine zunehmende Unterproduktion im Neubau führt à la longue zu steigenden Preisen und Mieten – eine Entwicklung, die Haushalte mit geringerem Einkommen stark belasten wird. Dies stimmt nachdenklich. Vor dem Hintergrund zunehmender Digitalisierung, neuer Technologien, notwendiger Antworten auf den Klimawandel und des sparsamen Bodenverbrauchs wird sich „das Arbeiten“ im Baubereich maßgeblich verändern. Branchenübergreifend versucht das Vorarlberger Handwerk, den anstehenden Herausforderungen bestmöglich entgegenzutreten. Ein Schlüssel hierfür stellt aus unserer Sicht eine kooperative Neugestaltung der Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Baubereich dar. Diese Überlegungen mündeten in die Ausbildungsvision „Hand:Werk“. Basierend auf einem breit aufgesetzten Prozess mit Vertretern der bauaffinen Branchen sowie allen Ausbildungsinstitutionen des Landes sollen mögliche Synergien sinnvoll genutzt und der überbetriebliche Austausch über die Gewerke hinweg vorangetrieben werden. Bauen gestaltet sich zunehmend komplexer, in den Schnittstellen zwischen den Gewerken und den sich dabei ergebenden Querschnittsmaterien wird Potenzial gesehen. Die gemeinsamen Anstrengungen stimmen zuversichtlich.

 

Johannes Wilhelm.Copyright: Wilhelm+Mayer Bau-Jens Ellensohn
Johannes Wilhelm.
Copyright: Wilhelm+Mayer Bau-Jens Ellensohn

Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung? Welche Maßnahmen sollte sie setzen, um die Bauwirtschaft zu unterstützen?
Entrümpeln und vereinfachen – wir benötigen wieder Gestaltungsspielraum. Überbordende Vorschriften, stetig steigende Vorgaben hinsichtlich Dokumentationspflichten in alle möglichen Richtungen und Bereichen hemmen zunehmend. Eine regelrechte Flut an Normen, Verordnungen, Richtlinien und sonstigen gesetzlichen Vorgaben ergeben ein sehr enges Korsett und erschweren die tägliche Arbeit massiv. Zudem erweckt sich der Eindruck, dass Behörden früher interessiert und gewillt waren, gemeinsame Lösungen zu finden. Diese Fähigkeiten werden zwischenzeitlich schmerzlich vermisst.