Soforthilfe unter extremen Bedingungen
Nach der Überprüfung der Stützmauern auf der A23 war rasches Handeln gefordert. Deren Standsicherheit musste durch Rückverankerungen wiederhergestellt werden.

Rückblende: Vor zwei Jahren, im März 2012, kam es zu einem folgenschweren Einsturz einer Stützmauer in Schönberg an der A23 Brennerautobahn, ohne dass es im Vorfeld Anzeichen für ein solches Versagen gegeben hätte. Dabei kam ein Lkw-Lenker zu Tode.
Aus diesem Anlass wurden von der Asfinag ähnlich konstruierte Stützmauern (Errichtung vor 1993) einer vertieften Prüfung unterzogen. Neben statischen Nachrechnungen und Untergrunderkundungen wurden sie auch auf innere, nichtsichtbare Schäden untersucht. Die Untersuchungsergebnisse der bis zu 11,5 Meter hohen Stützmauern M 1001, 1002, 1003, 1004 unmittelbar anschließend an den Tunnel Laaerberg ergaben, dass die Einleitung sofortiger Maßnahmen, um diese über weite Bereiche zu sichern, notwendig geworden war.
Zu diesem Zweck wurden umgehend die Fahrspuren mittels Betonleitwänden eingeengt und Schrägabstützungen aus massivem Rundholz im Fußbereich der Mauern montiert. Für die Beobachtung eventuell auftretender Verformungen an der Wand wurde ein umfassendes messtechnisches Monitoringsystem installiert und darauf aufbauend ein Notfallplan mit Warnwerten entwickelt. Weitere Untersuchungen wurden eingeleitet und die dauerhafte Verstärkung mittels Rückverankerung von Planungsseite vorbereitet.
Keine Vorlaufzeit
Keller Grundbau wurde parallel zu den ersten provisorischen Sicherungsmaßnahmen mit dem „sofortigen“ Start der Ankerungsarbeiten in den prioritären Wandabschnitten beauftragt. Die Randbedingungen waren aufgrund der nicht vorhandenen Vorbereitungszeit, der besonderen Lage der Baustelle und der gerätetechnischen Anforderungen besonders schwierig.
Die Ankerungsarbeiten konnten nur in den Nachtstunden erfolgen, wobei weiterhin zumindest eine Fahrspur dauerhaft frei bleiben musste. Weiters erforderte die Brisanz des Projekts, dass die Arbeiten sieben Tage die Woche zu erfolgen hatten. Einzig an den Weihnachtsfeiertagen wurde eine kurze Verschnaufpause eingelegt. Die Schrägabstützungen, Betonleitwände und bereichsweise sehr hoch gelegenen Anker erhöhten zusätzlich die gerätetechnischen Anforderungen an die Ankerbohrung. Keller Grundbau mobilisierte alle notwendigen Ressourcen, um eine an diese Herausforderung angepasste Lösung für die Arbeiten umzusetzen, die möglichst wetterunabhängig sein sollte, nachdem keiner einen milden Winter erahnen konnte.
Herausforderung an die Baustellenlogistik
Nachdem die drei eingeengten Fahrspuren tagsüber ohne Einschränkung für den Verkehr zur Verfügung stehen mussten, da sonst keine ausreichende Möglichkeit für das Abstellen der Bohrgeräte gegeben war, wurde eine mobile Variante für die gesamte Bohreinheit entwickelt.
Dafür wurde das Ankerbohrgerät auf einem Tieflader fix montiert und gemeinsam mit einem extra zusammengestellten Pump- und Mischcontainer täglich neu auf die Baustelle gebracht. Dadurch konnten die wenigen für die Produktion verbliebenen Nachtstunden optimal ausgenutzt werden. Ebenso wurde der jeweils für eine Nacht benötigte Zement und Wasserbedarf mittransportiert. Der abgetrennte Raum zwischen Betonleitwand und Stützmauer wurde für die erforderlichen Stromaggregate, Kompressoren, Werkzeugcontainer und die Lagerung der Litzenanker genutzt.
Herstellung der Dauerverpressanker
Zur dauerhaften Sicherung beziehungsweise Verstärkung der betroffenen Stützmauern wurde ein enger Raster an Dauerverpressankern geplant. Die Verankerung entlastet die bestehende Stützkonstruktion gegenüber den auftretenden Lasten aus dem Erddruck. In der Wand kommt es zu einem veränderten Spannungsverlauf, wobei diese Spannungen durch die Vielzahl der Anker möglichst gleichmäßig auf die Wand verteilt und Spannungsspitzen im Bereich der Ankerköpfe gering gehalten wurden. Die Festlegelasten der Anker betrugen im Mittel etwa 300 kN. Die Lasteinleitung der Anker (= Haftstrecke) in den Untergrund kam im Wiener Tegel zu liegen, der als Boden aus Schluff, tonig, feinsandig, steif beschrieben wird.
Die von Keller hergestellten Litzendaueranker haben eine durchschnittliche Länge von 16 Meter. Bei der Herstellung der hierfür erforderlichen Bohrungen und während des Verpressvorgangs musste besonderes Augenmerk auf den Schutz der hinter der Stützmauer befindlichen Drainage gelegt werden. Dafür wurde ein Bohrverfahren gewählt, bei dem anfangs im Schutze einer Außenverrohrung durch die Drainage bis zum standfesten Boden gebohrt und anschließend die restliche Strecke mittels unverrohrter Schneckenbohrung abgeteuft wurde. Im Bereich des Drainagematerials verblieb das Bohrrohr dauerhaft im Boden, um ein Eindringen der Zementsuspension und damit deren Verfüllung zu verhindern. Sämtliche Anker wurden in einem separaten Nachverpressvorgang im Bereich der Haftstrecke noch zusätzlich verpresst, um die abzutragende Ankerkraft zu erhöhen. In mehreren Eignungsprüfungen wurden die gewählten Herstellparameter überprüft und dabei Ankerprüflasten bis zu 700 kN erreicht.
Unfallfrei und pünktlich
Nach der Fertigstellung der Anker im untersten Horizont konnten die als Erstmaßnahme montierten Schrägabstützungen wieder entfernt werden. Die restlichen Sicherungs- und Rückbauarbeiten wurden überlappend mit den Arbeiten von Keller Grundbau begonnen, die Gesamtfertigstellung erfolgte Ende März 2014.
Die Ankerungsarbeiten für die Sofortsicherung konnten unter Einhaltung sämtlicher technischer und zeitlicher Vorgaben ausgeführt werden. Einen Erfolg stellte auch die unfallfreie Durchführung der Maßnahmen unter schwierigsten äußeren Randbedingungen dar, wobei es zu keiner nennenswerten Beeinträchtigung des Autoverkehrs gekommen ist.
Bauherr & Auftraggeber: Asfinag Bau Management GmbH
Planung & Statik: KMP ZT-GmbH
Prüfingenieur: GDP ZT GmbH
Bodengutachter: Ingenieurbüro Dipl.-Ing. Mario J. Pototschnik, Leistungen Keller
Grundbau: Litzendaueranker: 225 Stk., Gesamtlänge 3.500 m Verkehrsführungsarbeiten
Zeitraum: Dezember 2013 bis Jänner 2014