Update für den gewerberechtlichen Geschäftsführer

DDr. Katharina Müller, TEP
28.05.2018

Der gewerberechtliche Geschäftsführer haftet dem Gewerbeinhaber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften. Die Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers ist zivilrechtlich durchzusetzen.

Fraglich ist, ob sich die zivilrechtliche Haftung auch auf geschädigte Dritte erstreckt. Der Oberste Gerichtshof bejaht dies in der Entscheidung vom 28. 9. 2017 zu 8 Ob 57/17s.

Zur Haftung

Der gewerberechtliche Geschäftsführer muss gemäß § 39 GewO 1994 sicherstellen, dass die Grenzen der Gewerbeberechtigung nicht überschritten werden. Unbefugte, von der Gewerbeberechtigung nicht gedeckte Tätigkeiten müssen unterbleiben. Das Gebot der Einhaltung der Gewerbeberechtigung soll sicherstellen, dass die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten beim Auftragnehmervorliegen und Gefahren, die auf mangelnde Sachkunde zurückzuführen sind, vermieden werden.

Advertorial

Eine persönliche Haftung des gewerberechtlichen Geschäftsführers könnte zu bejahen sein, wenn eine Schutzgesetzverletzung vorliegt. Schutzgesetze sind generelle Rechtsnormen, die bestimmte Verhaltensweisen verbieten, um Schädigungen vorzubeugen. Sie sind konkrete Verhaltensvorschriften, die einerseits durch die Gefahren, die vermieden werden sollen, und andererseits durch die Personen, die geschützt werden sollen, begrenzt sind. Ein Verstoß gegen ein Schutzgesetz kann eine Haftung für jene Schäden, die die Schutznorm verhindern wollte, begründen.

Es ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob das Schutzgesetz gerade den entstandenen Schaden verhindern wollte und ob jene Interessen verletzt wurden, deren Schutz im Zweckbereich der Norm liegt.

Zur Entscheidung OGH 28. 9. 2017, 8 Ob 57/17s

Die Kläger beauftragten die Erstbeklagte mit dem Aushub einer Baugrube. Dem Auftrag lag ein baugeologisches Gutachten der Kläger zugrunde. Nach dem Gutachten waren für den Aushub der Baugrube keine Stützmaßnahmen erforderlich. Diese Schlussfolgerung stellte sich als unrichtig heraus. Für eine fachgerechte Begutachtung hätten Kernbohrungen durchgeführt werden müssen. Der Umstand, dass der angetroffene Baugrund nicht mit dem im Gutachten beschriebenen Baugrund übereinstimmte, wäre auch für einen geotechnisch ungebildeten Unternehmer erkennbar gewesen. Weder der erstbeklagte Auftragnehmer noch der zweitbeklagte gewerberechtliche Geschäftsführer der Erstbeklagten wiesen die Kläger darauf hin, dass die Baugrube abzusichern sei. 

Der Erstbeklagte war Inhaber der Gewerbeberechtigung „Deichgräber“ (Erdbeweger). Ein Deichgräber darf keine Erdarbeiten ausführen, für die statische Kenntnisse erforderlich sind. Folglich lag eine Überschreitung der gewerberechtlichen Befugnis vor. 

Auf der Liegenschaft der Kläger kam es zu einer Hangrutschung. Die Baupolizei ließ die Baugrube in weiterer Folge mit Beton füllen. Die dabei sowie zur Wiederherstellung des Bauplatzes entstandenen Kosten machten die Kläger als Schadenersatz geltend.

Zu den Entscheidungsgründen

Der OGH stellte fest, dass § 39 GewO 1994 als Schutzgesetz zu qualifizieren ist und die Bestimmung den von der Gewerbeausübung unmittelbar Betroffenen, hier also die Auftraggeber, schützen soll. Weiters führte der OGH aus, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer – bei Erfüllung seiner gewerberechtlichen Verpflichtung – den Baugrubenaushub hätte verhindern müssen. In der Folge wäre ein befugter Gewerbeberechtigter (Baumeister) beigezogen worden, sodass die Schäden vermieden worden wären. Für die Zweitbeklagte war erkennbar, dass die Erstbeklagte ihre Befugnisse überschritt. Im Ergebnis bejahte der OGH die Schutzgesetzverletzung sowie die persönliche Haftung des gewerberechtlichen Geschäftsführers. Dies hatte die solidarische Haftung gemeinsam mit der Erstbeklagten zur Folge.

Fazit

Der gewerberechtliche Geschäftsführer verantwortet gegenüber Behörden und dem Gewerbeinhaber die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften im Unternehmen. Er erfüllt eine spezifische Aufsichtsfunktion. Bei Verletzung seiner Pflichten wird er aber nicht nur Adressat einer drohenden Verwaltungsstrafe, sondern bei Vorliegen der Schadenersatzvoraussetzungen haftet er auch für zivilrechtliche Ansprüche Dritter.