Besser eine Baustelle weniger – als eine Insolvenz mehr
Die Bauwirtschaft in Österreich steht unter Druck: Fachkräftemangel, Bürokratie und sinkende Margen bedrohen selbst solide geführte Betriebe. Der Steuerberater Edin Salihodzic zeigt in seinem Gastbeitrag auf, was Unternehmen jetzt tun müssen, um nicht unterzugehen.

Um ein Viertel weniger Wohneinheiten werden 2025 voraussichtlich fertiggestellt – in Wien sogar 30 Prozent. Die österreichische Baubranche befindet sich in einer echten Krise, vielerorts ist die Auftragslage schlecht. Gestiegene Kosten und der Fachkräftemangel bringen selbst solide geführte Unternehmen an ihre Grenzen. Gleichzeitig geraten viele Betriebe durch den wachsenden Preisdruck in fragwürdige Konstruktionen mit Subunternehmen – teils mit rechtlichen und finanziellen Risiken, die massiv unterschätzt werden.
Hinzu kommen strukturelle Probleme, die seit Jahren ungelöst sind: ineffiziente Regelungen wie die BUAK (Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse) und die HFU-Liste (Haftungsfreistellungsverordnung) sowie eine ausufernde Bürokratie. Sie machen es für viele Bauunternehmen fast unmöglich, noch wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Frust in der Branche wächst – und mit ihm die Gefahr, dass weitere Betriebe vom Markt verschwinden.
Kalkulationen, die nicht mehr aufgehen
Wer nicht zusperren will, nimmt oft jeden Auftrag an – auch wenn die Kalkulation längst nicht mehr aufgeht. Die Folge: Preisverfall, wirtschaftlich kaum darstellbare Aufträge und wachsende Risiken in der Zusammenarbeit mit Subunternehmen.
Seit 2022 ist das Bauvolumen im Hochbau deutlich eingebrochen. In der Folge drücken große Baufirmen die Preise für Subunternehmen nach unten. Weil viele dieser Betriebe derzeit weniger ausgelastet sind, akzeptieren sie zunehmend Aufträge zu Konditionen, die wirtschaftlich nicht tragbar sind. Besonders kritisch ist es, wenn große Baukonzerne Stundensätze von 40 bis 48 Euro vergeben. Wenn der Subunternehmer keine Chance hat, seine Einzelkosten zu decken, bleibt nur: draufzahlen oder schummeln. Und genau das passiert dann auch häufig.
Das fördert ein System, das illegale Konstruktionen geradezu begünstigt. Auch problematische Regelungen wie die HFU-Liste und die BUAK verschärfen die Lage. Der Staat schaut dabei zu – und die, die sauber arbeiten, tragen die Last.
Bürokratie abbauen – BUAK und HFU abschaffen
Was als Schutz für Arbeiter gedacht ist, wird für viele Bauunternehmen in Österreich zum wirtschaftlichen Risiko: Die BUAK sorgt zwar dafür, dass Bauarbeiter ihren Urlaub auch bei häufigem Arbeitgeberwechsel behalten – in der Praxis bedeutet sie aber für Unternehmen hohe Lohnnebenkosten und komplexe Meldepflichten.
Deshalb lautet mein Vorschlag: Eine Integration der BUAK in die ÖGK würde die Bürokratie deutlich reduzieren und die Lohnnebenkosten senken – eine echte Entlastung für die Branche. Auch die HFU-Regelung sehe ich kritisch: Wer mit ausländischen Subunternehmen arbeitet, muss deren Sozialversicherungslage prüfen und haftet bei Fehlern. Das führe dazu, dass Betriebe Aufträge aus Angst nicht mehr vergeben oder rechtliche Schlupflöcher durch fragwürdige Konstruktionen nutzen würden. Eine Abschaffung der HFU-Liste dämmt Betrug ein – ein klarer Vorteil für Unternehmen. Auch der Staat profitiert durch höhere Steuereinnahmen, müsste dafür aber mehr Verwaltungsaufwand bei Rückzahlungsanträgen in Kauf nehmen.
Gefährlich ist hingegen ein politisch motivierter Mietpreisdeckel: Das würde den Hochbau zum Erliegen bringen und nicht nur Bauträger, sondern die gesamte Branche treffen. Neubau würde ausbleiben und der Markt kollabieren. Gleichzeitig drohen mehr Steuerbetrug und Geldwäsche – mit negativen Folgen für die öffentliche Hand.
Finanzämter in die Pflicht nehmen
Angesichts der angespannten Lage forder ich ein Umdenken bei den Finanzämtern. Statt rückblickend zu prüfen, sollte zeitnah und regelmäßig kontrolliert werden. Es braucht engmaschigere Betriebsprüfungen in kurzen Abständen. Und es reicht nicht, wenn Unternehmen einmal im Monat eine xml-UVA-Datei einreichen – das Finanzamt sollte regelmäßig mehr Daten anfordern, um finanzielle Schieflagen und Steuerhinterziehung rechtzeitig zu erkennen.
Gerade in der Baubranche, wo Subunternehmen häufig kurzfristig und länderüberschreitend arbeiten, bleiben viele Konstruktionen unter dem Radar – oft bis es zu spät ist. Wenn erst nach Jahren geprüft wird, sind viele Firmen längst schon verschwunden. Das hilft niemandem.
Auch die Einführung einer Abzugssteuer für Subunternehmen – als Vorauszahlung auf die Steuer – kann helfen, betrügerischen Strukturen vorzubeugen. Gleichzeitig bin ich bei der Körperschaftsteuer für strengere Kontrollen. Viele ausländische Firmen sind länger als ein Jahr in Österreich tätig, versteuern ihre Gewinne aber noch immer nicht korrekt.
Wirtschaftlich denken, realistisch kalkulieren
Wie können sich Betriebe aber schützen und gleichzeitig wettbewerbsfähig bleiben? Ich sehe nicht nur die Politik in der Pflicht, sondern vor allem die Unternehmen selbst. In der aktuellen Lage ist es entscheidend, Abläufe und Kalkulationen genau zu prüfen und nur wirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen zu treffen.
Mein Unternehmen – Team23 – unterstützt seine Klientinnen nicht nur in der klassischen Buchhaltung, sondern vor allem proaktiv und strategisch – etwa bei der Finanzierung von Projekten, der Planung grenzüberschreitender Einsätze oder der wirtschaftlichen Bewertung neuer Aufträge. Wir zeigen unseren Klientinnen, wie sie realistisch kalkulieren, Risiken frühzeitig erkennen und steuerlich sauber aufgestellt bleiben – auch in schwierigen Zeiten. Zugleich fordere ich mehr politischen Druck seitens der Betriebe: Gerade kleinere Unternehmen müssen bei ihrer Interessensvertretung lauter werden. Viele Regelungen treffen sie am härtesten, im Diskurs werden sie aber häufig überhört.
Daher lautet mein Schlussappell an Bauunternehmen: Wer heute blind Aufträge annimmt, nur um irgendwie durchzukommen, ist in zwei Jahren vielleicht gar nicht mehr da. Besser eine Baustelle weniger – als eine Insolvenz mit Ansage.
Der Autor

Edin Salihodzic ist Steuerberater und Gründer der Wiener Kanzlei Team23. Nach dem Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien und der Tätigkeit als Bilanzbuchhalter legte er 2015 die Steuerberaterprüfung ab. Mit Team23 verfolgt er einen auf Teamarbeit und moderne Arbeitsmodelle ausgerichteten Ansatz.