Brennpunkt

Stoppt den Preiskampf!

18.08.2025

Edin Salihodzic, Gründer der Wiener Steuerberatungskanzlei Team 23, warnt die Baubetriebe davor, sich in einen verhängnisvollen Preiskampf zu begeben – und gibt Tipps, wie sie das vermeiden können.

„Wer heute blind Aufträge annimmt, nur um irgendwie durchzukommen, ist in zwei Jahren vielleicht gar nicht mehr da.“ Edin Salihodzic, Gründer der Wiener Steuerberatungskanzlei Team 23, hat einen eindeutigen Rat, wie Baubetriebe mit der Flaute im Wohnbau umgehen sollten – und was sie eher nicht sollten: „Besser eine Baustelle weniger, als eine Insolvenz mit Ansage. Denn in einer Branche, in der Aufträge rar, Margen minimal und Risiken hoch sind, kann eine falsche Auftragsentscheidung schnell existenzbedrohend werden.“

Keine Aufträge mehr

Salihodzic berät mit seiner Kanzlei rund 200 bis 250 kleine und mittlere Bautriebe. Er weiß daher, wovon er redet – und auch die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Die Bauwirtschaft steht unter Druck. Laut aktuellen Prognosen werden 2025 in Österreich rund ein Viertel weniger Wohneinheiten fertiggestellt, in Wien sogar 30 Prozent weniger. „Der Hochbau leidet unter der Auftragsflaute, sinkenden Preisen und dem wachsenden Druck großer Baufirmen, die ihre Subunternehmer zu immer niedrigeren Stundensätzen verpflichten“, so Salihodzic. „Wer nicht mitzieht, riskiert, künftig gar keine Aufträge mehr zu erhalten.“ Die Folge: „Viele kleine Betriebe akzeptieren Konditionen, die wirtschaftlich nicht tragbar sind – oft in der Hoffnung, zumindest die Fixkosten zu decken.“

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So schwierige die aktuelle Lage ist – der Steuerberater sieht dennoch Möglichkeiten, dem Preiskampf zu entkommen: „Wer dem Preiskampf entgehen will, muss konsequent auf solide Kalkulation, Dokumentation und effiziente Strukturen setzen“, meint er. Das beginnt beim Angebot: Es sollte aus Sicht von Salihodzic eine detaillierte Leistungsbeschreibung enthalten, in der die Arbeiten präzise aufgeführt ist. „Das klingt banal, aber viele Betriebe sind hier nicht sorgfältig genug. Ein Angebot sollte nicht nur den Preis und Schlagworte enthalten.“

Auf Basis dieser exakten Leistungsbeschreibung müsse die Arbeit in weitere Folge sauber dokumentiert werden. Die Leistungen sollten, so der Team 23-Chef weiter, sollten spätestens alle zwei Wochen abgerechnet werden, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden. „Viele Betriebe rechnen erst nach vier oder sechs Wochen ab. Das ist zu spät.“

Zudem rät Salihodzic dazu, Skontoabzüge kritisch zu hinterfragen. Statt sich über hohe Abzüge frühzeitiger Zahlungen vom Auftraggeber indirekt zu finanzieren, sei oft ein Bankkredit günstiger. Der Steuerberater berichtet von kleinen Betrieben, die allein durch Skontoabzüge jährlich zehntausende Euro verlieren. „Wenn man die effektiven Zinssätze dieser Abzüge berechnet, kommt man schnell auf 30 bis 40 Prozent – kein seriöser Unternehmer würde sich zu solchen Konditionen Geld leihen, aber im Bau wird das oft einfach hingenommen.“ Wer hier umdenkt, könne seine Liquidität verbessern, ohne neue Aufträge unter Wert anzunehmen.

Ein weiter Ansatz, den eigenen Betrieb effizienter und leistungsstärker machen: Qualität statt Quantität. „Kleinere, hoch qualifizierte Teams können durch Geschwindigkeit und Präzision punkten – wenn diese Stärken auch nach außen klar kommuniziert werden“, meint Salihodzic. Das erfordere nicht nur technische Exzellenz, sondern auch moderne Führungsstrukturen, die Mitarbeitende einbinden, Verantwortung übertragen und langfristig an das Unternehmen binden. „Die alte Top-down-Struktur, in der der Chef alles vorgibt, verliert an Wirksamkeit. Wer die besten Leute halten will, muss ihnen Verantwortung geben und Wertschätzung zeigen“, meint Salihodzic.

Darüber hinaus rät er dazu, das Unternehmensprofil zu schärfen und sich klar zu positionieren: „Wer sich in einem bestimmten Bereich spezialisiert – etwa durch besonders hochwertige Verarbeitung, kurze Bauzeiten oder spezielle technische Kompetenzen – kann höhere Preise durchsetzen und ist weniger austauschbar.“ Auch Kooperationen zwischen kleineren Betrieben können aus seiner Sicht helfen, gegenüber großen Auftraggebern stärker aufzutreten und gemeinsam bessere Konditionen zu verhandeln.

Trotz der angespannten Lage warnt Salihodzic von „blindem Wachstum oder kurzfristigen Notlösungen“. Lieber solle man bewusst auf einen Auftrag verzichten, als in Projekte zu gehen, die absehbar Verluste bringen. „Viele Unternehmen halten an voller Belegschaft fest, um wertvolle Fachkräfte nicht zu verlieren. Das ist verständlich, aber es darf nicht dazu führen, dass man Verluste anhäuft, nur um alle zu beschäftigen“, so der Steuerberater. In manchen Fällen könne eine temporäre Reduzierung der Kapazitäten wirtschaftlich vernünftiger sein als das Festhalten an unrentablen Projekten.

Letztlich, so Salihodzic, geht es um eine klare Prioritätensetzung: Projekte nur annehmen, wenn sie wirtschaftlich tragbar sind, interne Abläufe straffen, Leistungen lückenlos dokumentieren, Forderungen schneller abrechnen und Liquidität aktiv steuern.

Gleichzeitig nimmt der Steuerberater aber auch die Politik in die Pflicht. Sehr kritisch sieht er die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK). Die BUAK wurde einst geschaffen, um Bauarbeiter*innen trotz wechselnder Arbeitgeber ihre Urlaubsansprüche zu sichern. „Heute jedoch bedeutet sie für viele Betriebe hohe Lohnnebenkosten und komplexe Meldepflichten“, meint Salihodzic. Er plädiert dafür, die BUAK in die Österreichische Gesundheitskasse zu integrieren. „Das würde nicht nur Bürokratie abbauen, sondern auch die Kosten senken.“

Ein weiteres Problem: unzureichende Steuerkontrollen bei ausländischen Betrieben, die in Österreich tätig sind. Obwohl sie nach zwölf Monaten eine Betriebsstätte begründen und hier Ertragssteuern zahlen müssten, entgehen viele der Pflicht, „weil die Finanzämter nicht konsequent prüfen“, so Salihodzic. „Das verzerrt den Wettbewerb – österreichische Betriebe zahlen bis zu doppelt so hohe Steuern wie manche Konkurrenz aus dem Ausland.“ Seine Forderung: „Die Finanz sollte die ausländischen Unternehmen zeitnah und engmaschig prüfen. Das schafft zusätzliche Steuereinnahmen und schafft faire Wettbewerbsbedingungen.“