Roboterhund

Robodog erobert Wien

Robotik
12.04.2022

Boston Dynamics Roboterhund Spot ist der neueste Mitarbeiter der Fakultät für Informatik, TU Wien. Er wird in verschiedenen Forschungskooperationen mitarbeiten und soll Baustellen in die digitale Zukunft führen.
Roboterhund Spot

Hannes Kaufmann  Professor für Virtual und Augmented Reality an der TU Wien freut sich über den neuen Mitarbeiter: "Spot ist eine Plattform mit einer noch nie dagewesenen Vielseitigkeit. Eines ihrer herausragenden Merkmale ist die benutzerfreundliche Software. Während Industrieroboter in der Regel nur mit Hilfe von Expert*innenteams und intensiver Arbeit in Betrieb genommen werden können, ist Spot sofort einsatzbereit. Das ist ein großer Vorteil für unsere angewandte Forschung".

Spot bietet Perspektive

Eines der ersten Kooperationsprojekte der Forschungsgruppe Computergrafik ist die Anbringung eines Laserscanners an Spot zur autonomen Erstellung von 3D-Modellen im Innen- und Außenbereich. Von dieser Technologie wird vor allem die Bauindustrie profitieren, die Spot für Echtzeitmessungen und Strukturuntersuchungen einsetzt. Der kleine Roboter ermöglicht "virtuelles Teleportieren, weil er sich frei bewegen kann, wo der Mensch völlig eingeschränkt ist", so Kaufmann, "das bedeutet nicht nur, dass eine Baustelle vom Büro aus überwacht werden kann, sondern auch, dass wir an unzugänglichen Orten – wie Atomreaktoren oder Katastrophengebieten – Echtzeitmessungen durchführen können." Der Entwicklung sind keine Grenzen gesetzt, von der 3D-Bildgebung bis hin zu Sound- oder sogar Geruchsübertragungen in der Zukunft. Derzeit arbeiten Hannes Kaufmann und sein Team auch mit ihrem Industriepartner Bimexperts zusammen, um die Agilität von Spot für den Abgleich von Building Information Models (BIM) und ihren jeweiligen Baustellen zu nutzen.

Ein Hund für alle Fälle

Nicht nur die TU Wien arbeitet mit dem kleinen Roboter, auch das VRVis,  Österreichs führende Forschungseinrichtung auf dem Gebiet des Visual Computing, hat schon vor einiger Zeit das Projekt "Spot:On" gestartet. Die Forscher sind überzeugt: Mit Spot rückt eine Lösung zur vollautomatischen Daueraufnahme einer Baustelle in greifbare Nähe. Das würde nicht nur einen wesentlichen Meilenstein in der Digitalisierung des Bauwesens bedeuten, sondern auch der Entwicklung von digitalen Baustellen-Klonen den Weg ebnen. Um einen Beitrag zu dieser bislang unerreichten Dimension der Baustellendokumentation zu leisten, hat sich VRVis mit Leica Geosystems und dem interdisziplinären Planungsspezialisten convex ZT GmbH zusammengetan, um ein innovatives Real-Time-Capturing-System für Roboterhunde zu entwickeln.

Thomas Ortner im Interview

Thomas Ortner ist Leiter der Geospatial Visualization, Semantic Modelling, and Acquisition-Forschungsgruppe am VRVis.

Thomas Ortner ist Leiter der Geospatial Visualization, Semantic Modelling, and Acquisition-Forschungsgruppe am VRVis. Wir haben ihn nach den Fähigkeiten, Einsatzmöglichkeiten und der Verfügbarkeit des kleinen Baustellenhelferleins befragt.

Was macht den Roboterhund ideal für die Baustellendokumentation?

Thomas Ortner: Die Idee Roboter oder Drohnen zur Baustellendokumentation gibt es schon länger, doch radgetriebene Roboter haben oft ein Problem mit unwegsamen Gelände, Hindernissen oder Stiegen, während Flugdrohnen, die wendig genug wären, nicht wirklich viel Gewicht an Sensorik tragen können. Vierbeinige Roboter wie der Roboterhund Spot bieten hier eine gute Alternative, da Hindernisse bis zu einer gewissen Höhe, teilweise auch Stiegen, überwunden werden können und der Hund bis zu 15kg an sogenannter Payload tragen kann. Unsere Vision ist hier, dass wir Spot genügend Autonomie beibringen, sodass er selbstständig ein Gebäude mit Bildern und 3D-Laserscan-Punkten dokumentiert.

Gibt es noch andere Einsatzmöglichkeiten für Spot auf der Baustelle?

Ortner: Spot und ähnliche vierbeinige Roboter werden zur Zeit oft für visuelle Inspektionen, also Routinerundgänge, eingesetzt. Das kann zum Teil automatisch passieren, aber der Roboterhund kann auch remote gesteuert werden, folglich kann Fachpersonal eine Baustelle inspizieren, ohne vor Ort sein zu müssen. Es gibt auch Mikrofon und Lautsprecher, sodass Remote- und Vorort-Personal miteinander kommunizieren können. Man kann sich auch vorstellen, dass ein Roboterhund, der gerade seiner Dokumentationstätigkeit nachgeht, einen Menschen erkennt, der verletzt ist, und einen entsprechenden Notruf absetzt. Klassischer Anwendungsfall von diversen Robotern sind natürlich Umgebungen, die für Menschen zu gefährlich sind, z.B. aufgrund von Einsturzgefahr oder Verseuchung.

Sehen Sie den Einsatz von Spot in Zukunft auf vielen Baustellen? Ist das leistbar?

Ortner: In beiden Fällen wird das davon abhängen, wie viel menschliche Interaktion wirklich notwendig ist - je autonomer Spot agieren kann, desto eher zahlt es sich aus, ihn einzusetzen. Wenn die entsprechenden Algorithmen vorhanden sind, die aus Bild- und Punktdaten auch wirklich informationsreiche BIM-Modelle ableiten, lassen sich durch Soll/Ist-Vergleiche Baufehler frühzeitig erkennen und korrigieren und allgemein kann effizienter gebaut, genutzt und auch umgebaut werden. Derzeit sehe ich aber mit den verbundenen Kosten den Hebel am ehesten im Anlagenbau, wo Planabweichungen besonders teuer sind und entsprechende Nachnutzung von einer lückenlosen Bestanderfassung besonders profitiert, z.B. wo Rohre in Wänden verlaufen.

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