Kollektivvertrag

Einstufung von Pflichtpraktikanten und Ferialarbeitnehmern

Arbeitsrecht
30.06.2023

Aktualisiert am 06.09.2023
Die in der Praxis oftmals pauschal als Ferialpraktikanten bezeichneten Personen sind in verschiedene Gruppen zu gliedern. Dies zieht unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich.

Der Kollektivvertrag (KollV) Bauindustrie/Baugewerbe ("Arbeiter") unterscheidet zwischen Pflichtpraktikanten und Ferialarbeitnehmern:

  • Pflichtpraktikanten (Lohngruppe VIIa) sind Personen, die das Praktikum für ihre schulische Ausbildung benötigen.
  • Ferialarbeitnehmer (Lohngruppe VIIb) sind Personen, die das Praktikum für ihre schulische Ausbildung nicht benötigen.

Streng genommen sind Pflichtpraktikanten keine Arbeitnehmer, weil bei ihnen der Ausbildungszweck überwiegt. Daher unterliegen diese an sich keinem KollV. Da in der Vergangenheit bei GPLA- bzw. GPLB-Prüfungen fehlende Aufzeichnungen zum Inhalt und zur Intensität der Ausbildung bemängelt wurden und im Falle des Nichtvorliegens solcher Unterlagen eine Einstufung als Hilfsarbeiter (Lohngruppe IV) die Folge wäre, wurde aus Gründen der Rechtssicherheit eine Auffang­bestimmung in Form der Lohngruppe VIIa in den KollV aufgenommen.
Wenn ein echtes Arbeitsverhältnis vorliegt und damit der KollV anzuwenden ist, haben die betroffenen Personen Anspruch auf das Taggeld, sofern die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen des § 9 KollV erfüllt sind. Wird bei einem echten Arbeitsverhältnis die Mindestbeschäftigungszeit von einem Monat erreicht, besteht darüber hinaus ein Anspruch auf das anteilige Weihnachtsgeld (§ 12 KollV).
Die ÖGK vertritt die Ansicht, dass sowohl Pflichtpraktikanten, die ein Entgelt erhalten, als auch Ferialarbeitnehmer als Dienstnehmer zu melden sind. Diese Ansicht ist zwar in der Fachliteratur umstritten, doch gibt es bis dato keine gerichtliche Entscheidung, die das Gegenteil besagen würde.
Pflichtpraktikanten sind nach § 1 Abs. 2 lit d. BUAG vom Anwendungsbereich des BUAG ausgenommen und müssen daher bei der BUAK nicht gemeldet werden. Dem­gegenüber unterliegen Ferialarbeitnehmer dem BUAG und sind daher auch bei der BUAK zu melden.

Kollektivvertrag für Angestellte Baugewerbe/Bauindustrie

Im Geltungsbereich des KollV Angestellte Baugewerbe/Bauindustrie wird zwischen den beiden Gruppen von Praktikanten nicht unterschieden (Beschäftigungsgruppe F). Nach diesem KollV haben Ferialarbeit­nehmer einen Anspruch auf ein Taggeld, wenn die Voraussetzungen des § 17 KollV Angestellte Baugewerbe/­Bauindustrie erfüllt sind, sowie auf die aliquoten Sonderzahlungen (§ 12 KollV Angestellte Bau­gewerbe/Bauindustrie). Angestellte Ferialarbeitnehmer sind bei der ÖGK zu melden, nicht aber bei der BUAK (§ 1 Abs. 1 lit a BUAG).

Ferialarbeitnehmer außerhalb der Ferien?

Die Masse der Ferialarbeitnehmer wird in den Monaten Juli und August beschäftigt, gelegentlich gibt es aber auch Situationen, in denen eine Beschäftigung in einem der zehn anderen Monate (also weder Juli noch August) erfolgt. Praktischer Hintergrund dieser Fälle ist z. B. die Über­brückung der Zeit zwischen einem Schulabschluss (z. B. ­Matura) und dem Einrücken zum Bundes­heer (bzw. der Einberufung zum Zivildienst). Hier stellt sich in der Praxis oft die Frage, ob auch diese Personen Ferialarbeitnehmer sein können (LG VIIb bzw BG F), oder ob sie in die LG IV (Bauhilfsarbeiter) eingestuft werden müssen. 
Nach Ansicht des OGH (26. 5. 2021, 8 ObA 25/21s) ist entscheidend, ob die Beschäftigung während der österreichischen Schulferien oder außerhalb dieser erfolgt. Nicht entscheidend ist, ob die Person zum Zeitpunkt der Erbringung der Arbeitsleistung aus individuellen Gründen keine Schule besucht. Daher kann – um auf den eingangs gestellten Fall zurückzukommen – ein (gewissermaßen ehemaliger) Schüler, der die Zeit zwischen Matura und Bundesheer (Zivildienst) überbrücken will, in den Monaten Juli und August als Ferialarbeitnehmer (LG VIIb oder BG F) eingestuft werden, in anderen Monaten jedoch nicht. 

Tabelle

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