Interview

"Kante und Kleber sind eine Einheit"

Kantenbearbeitung
14.12.2023

Christian Holzer ist seit Juli dieses Jahres Geschäftsführer von Hranipex Österreich. Im Gespräch mit dem Tischler Journal erzählt er über Wachstumspläne, das neue Geschäftsfeld Beschläge und das Problem des Fachkräftemangels.
Kanten von Hranipex

Christian Holzer, Geschäftsführer von Hranipex Österreich
Christian Holzer, Geschäftsführer von Hranipex Österreich

Tischler Journal: Herr Holzer, Sie sind seit einigen Monaten Geschäftsführer von Hranipex Österreich. In welche Richtung möchten Sie das Unternehmen künftig führen?
Christian Holzer: Meine Prioritäten sind, Prozesse zu überdenken und anzupassen, sowie gesund zu wachsen. Wir sind seit mittlerweile zwölf Jahren in Österreich tätig und in dieser Zeit kontinuierlich gewachsen. Wir sind heute sehr gut am Markt vertreten. Das gilt es, stabil zu halten und weiter auszubauen.

Die Konjunkturaussichten für das kommende Jahr sind allerdings eher mau. Wie wollen Sie da wachsen?
Vor allem mit den Beschlägen, die wir als Gruppe seit letztem September und in Österreich seit diesem März im Programm haben. Unser Anspruch ist es, ein Komplettanbieter für den Tischler zu sein. Ihm also Kante, Klebstoff, Reinigungsmittel und jetzt auch Beschläge aus einer Hand anbieten zu können. Bei einem klassischen Spanplattenmöbelstück entfallen 52 Prozent der Kosten auf die Platte, sieben Prozent auf die Kante und der Rest auf die Beschläge, also Schrauben, Bänder, Schubladenauszüge und so weiter. Weil die Beschläge so einen großen Anteil ausmachen, ist klar, wohin die Reise für uns geht.

Möbel brauchen immer Kanten, dieses Geschäft wird nie wegbrechen.

Christian Holzer, Geschäftsführer von Hranipex Österreich

Die Kanten werden demgegenüber an Bedeutung verlieren?
Die Kanten werden nach wie vor unser Kerngeschäft bleiben. Das ist die Basis, von der wir kommen. Möbel brauchen immer Kanten, dieses Geschäft wird nie wegbrechen.

Wie kann man sich als Kantenhersteller vom Mitbewerb abheben? Was sind typische Alleinstellungsmerkmale?
Vor allem die Möglichkeiten des Designs. Da hat jeder Kantenanbieter seine Schwerpunkte und Spezialitäten. In unserem Fall sind das unifarbene Kanten und Holzdekors. Sonderdekore für Arbeitsplatten dagegen können andere besser als wir, so ehrlich muss man sein.

Inwieweit muss sich ein Kantenanbieter auch mit der jeweiligen Maschinentechnologie des Kunden auskennen?
Die Kanten sind grundsätzlich auf allen Maschinen verarbeitbar. Aber die feinen Nuancen, sozusagen die Spielereien, stecken im Klebstoff und den Maschineneinstellungen. Deshalb ist es eines unserer Ziele, den Kunden an seiner Maschine mit unserem Klebstoff zu unterstützen. Also die richtige Temperatur, die richtige Auftragsmenge, die richtige Vorschubgeschwindigkeit, den richtigen Anpressdruck und so weiter einzustellen. Grundsätzlich sind die Verarbeiter beim Klebstoff sehr vorsichtig. Wenn eine Maschine einmal auf einen bestimmten Klebstoff eingestellt ist, wird da nicht mehr gerne gewechselt. Wir möchten aber auch in diesem Bereich Marktanteile dazugewinnen. Deswegen unterstützen wir Betriebe aktiv bei der Umstellung auf unsere Kleber. Wenn man alles aus einer Hand kauft, sind die Komponenten optimal aufeinander abgestimmt. Aus unserer Sicht sind Kante und Kleber eine Einheit. Und genau das ist auch der Verkaufsauftrag an unsere Mitarbeiter.

Erleben Sie gelegentlich Skepsis am Markt, weil Hranipex ein tschechisches Unternehmen ist?
Teilweise. Wobei man sagen muss, dass viele Firmen Produkte aus Polen oder Tschechien beziehen. Wir arbeiten daran, unsere Bekanntheit weiter zu steigern. (lacht) „Hrani“ bedeutet auf Tschechisch übrigens „Kante“.

Wie wichtig ist Österreich für das tschechische Mutterunternehmen?
Sehr wichtig. Österreich ist, verglichen etwa mit Deutschland, zwar klein. Aber wir sind nicht zu unterschätzen. Wir liegen derzeit vor Plan, was natürlich eine gute Voraussetzung für die Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe ist. Leider fehlt uns derzeit ein Außendienstmitarbeiter. Wir suchen zwar intensiv, aber der Fachkräftemangel ist ein Riesenthema.

Gibt es keine Interessenten oder sind die Bewerber nicht gut genug?
Meine Ansprüche sind sehr hoch. Außendienstmitarbeiter sollten idealerweise gelernte Tischler sein oder zumindest Erfahrungen in der Branche haben. Aber solche Bewerber gibt es im Moment nicht am Arbeitsmarkt. Hingegen gibt es viele Quereinsteiger, zum Beispiel aus der Gastronomie, die sich neu orientieren wollen. Der Tischler weiß zwar im Allgemeinen selbst sehr genau, welche Produkte er benötigt. Es gibt aber Bereiche, die beratungsintensiver sind, zum Beispiel die Klebstoffe oder teilweise auch die Beschläge. Und da ist es wichtig, einen Spezialisten im Außendienst zu haben, der schon Erfahrungen mit der Tischlereibranche mitbringt und die richtigen Verkaufsargumente hat.

Ohne vollständiges Vertriebsteam ist es wohl schwierig, zu wachsen.
Das ist richtig. Um als Unternehmen zu wachsen, brauchen wir mehr Mitarbeiter. Der Arbeitsaufwand ist schon jetzt so hoch, dass der bestehenden Mitarbeiterstamm komplett ausgelastet ist. Mehr Mitarbeiter bedeuten aber zugleich Kosten, die im nächsten Jahr auch gedeckt sein müssen – und zwar unabhängig davon, ob die Wirtschaft stagniert, wächst oder schrumpft. Unglücklicherweise hat niemand eine Kristallkugel, um damit die Zukunft vorauszusehen. Das ist die Situation, vor der im Moment viele Unternehmen stehen.

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Tischlerei