Umgang mit drohender Verjährung

Verjährung
29.01.2016

Verjährungsverzicht – Ein geeignetes Mittel zur Verhinderung der Verjährung von Ansprüchen in Bauverfahren?

Bauvorhaben enden nicht selten mit offenen Forderungen und zähen Verhandlungen über Anerkennung und Bezahlung dieser Forderungen. Oft stellt sich im Zuge dessen die Frage, wie mit einer drohenden Verjährung etwa von Werklohnforderungen oder Mehrkostenforderungen umgegangen werden soll.

Verjährung von Forderungen

Nach § 1486 ABGB verjähren Forderungen aus Werkverträgen innerhalb von drei Jahren ab Fälligkeit. Allgemein gilt, dass Werklohnforderungen mit Rechnungslegung fällig sind. Das bedeutet, dass damit die dreijährige Verjährungsfrist, innerhalb der die Forderung gerichtlich geltend gemacht werden müsste, zu laufen beginnt. Auch für Mehrkostenforderungen hat der OGH nunmehr festgestellt, dass diese nicht bereits mit der Geltendmachung der Mehrkosten mittels Teilrechnung fällig werden, sondern grundsätzlich erst gemeinsam mit dem endgültigen Werklohn, also bei Legung der Schlussrechnung. Zu beachten ist, dass die Rechnungslegung ehestmöglich erfolgen muss, andernfalls kann Verjährung einer Werklohnforderung selbst dann drohen, wenn gar keine Rechnung gelegt wurde, da die dreijährige Frist mit der erstmaligen Möglichkeit zur Rechnungslegung beginnt. 

In der Praxis führen die Vertragsparteien nach Rechnungslegung oft noch intensive Gespräche, um eine einvernehmliche Lösung, etwa über Mehrkostenforderungen, zu finden. Gelingt dies nicht innerhalb der dreijährigen Frist bis zur Verjährung der Forderungen, stehen die Parteien vor dem Problem, wie sie mit diesem zeitlichen Druck umgehen können. Um den Erfolg laufender Gespräche nicht zu gefährden, kann es sich empfehlen, einen Verjährungsverzicht abzuschließen, in dem der Schuldner dem Gläubiger zusichert, auf den Einwand der Verjährung zu verzichten. 

Zulässigkeit eines Verjährungsverzichts

Allgemein gilt zu beachten, dass auf die Verjährung nach herrschender Rechtsprechung nicht im Vorhinein, sondern erst nach Ablauf der Verjährungsfrist verzichtet werden kann. Ebenso wenig ist im Vorhinein eine Verlängerung der Verjährungsfrist zulässig. Hingegen nimmt die Rechtsprechung an, dass einem Gläubiger bei einem im Voraus abgegebene, also ungültigen, Verjährungsverzicht der Einwand der Arglist offensteht, wenn der Schuldner die Verjährung in weiterer Folge einzuwenden versucht. Damit wird ein wirksamer Schutz gegen die Verjährung von Forderungen geschaffen. Die Lehre nimmt darüber hinaus an, dass ein Verjährungsverzicht auch bereits nach Anfang und vor Ablauf der Verjährungsfrist zulässig ist. Ein Verjährungsverzicht darf aber nicht mit Vergleichsverhandlungen selbst verwechselt werden, die nach ständiger Rechtsprechung zu einer Hemmung des Ablaufs der Verjährung führen können. Ein Verjährungsverzicht darf in der Regel auch nicht mit einem Anerkenntnis der Forderungen gleichgesetzt werden.

Dauer und Umfang des Verjährungsverzichts

Die Vertragsparteien sind frei zu entscheiden, für welche Dauer der Verjährungsverzicht abgegeben werden soll. Während ein unbefristeter Verjährungsverzicht nach überwiegender Ansicht erlaubt ist, werden in der Praxis auf Drängen des Schuldners i. d. R. befristete Verjährungsverzichtserklärungen abgegeben. Dabei gilt es aus Sicht des Gläubigers, also derjenigen Partei, deren Forderung zu verjähren droht, zu beachten, dass ein solcher Verjährungsverzicht u. U. rechtzeitig erneuert werden muss. Umstritten ist hingegen, ob ein Verjährungsverzicht auch einseitig widerrufen werden kann. Geht man davon aus, dass ein einseitiger Widerruf zulässig ist oder läuft die Zeitspanne, für die der Verzicht abgegeben wurde, ab, ist der Gläubiger angehalten, schnell zu handeln bzw. binnen „angemessener Frist“ eine Klage bei Gericht einzubringen, um den Eintritt der Verjährung abzuwenden. Die Parteien müssen sich auch darüber im Klaren sein, welche Forderungen konkret von dem Verjährungsverzicht umfasst sein sollen. Dabei ist denkbar, dass nur einzelne konkrete Werklohnforderungen/Mehrkostenforderungen – etwa konkret strittige Forderungen – oder auch Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche nicht verjähren sollen oder ein Verjährungsverzicht hinsichtlich sämtlicher offener (bereits entstandener oder noch entstehender) Forderungen gewünscht wird. I. d. R. nicht umfasst werden Forderungen und Ansprüche, die zum Zeitpunkt der Abgabe des Verjährungsverzichts bereits verjährt sind. 

Fazit

Verjährungsverzichte können bei aussichtsreichen Gesprächen zwischen den Parteien ein geeignetes Mittel zur Vermeidung kostspieliger Gerichtsverfahren darstellen. Zu beachten ist jedoch, dass der Verjährungsverzicht hinsichtlich Dauer und Umfang präzis formuliert werden muss, um den gewünschten Schutz vor Verjährung zu bieten.

Branchen
Bau