Vermeidbare Bauschäden, Teil 3

Dampfsperre
02.12.2014

Im dritten Teil unserer Serie widmet sich Autor und Sachverständiger Wolfgang Hubner typischen Fehlleistungen in der Verarbeitung der Dampfsperre.

Zur Geschichte des dargestellten Schadensfalls: Die Flachdachkonstruktion einer 2010 erbauten Reihenhausanlage wurde von einem Zimmereiunternehmen errichtet. Nach Baufertigstellung und Nutzung der Wohnungen urgierten die Wohnungseigentümer Feuchtigkeitseintritte an den Zimmerdeckenkonstruktionen unterhalb des Flachdachs. Erste Dachöffnungen durch die ausführenden Unternehmen zeigten lokal signifikante Feuchtigkeitseinschlüsse im Dachschichtenaufbau. Als Verbesserungsmaßnahme kamen Dachentlüftungselemente in der Dachfläche zur Anwendung.
Ein paar Monate später im Zuge einer neuerlichen Dachbegehung wurde wahrgenommen, dass die Holzunterkonstruktion (unterhalb der Dachabdichtung) lokal nicht mehr ausreichend tragfähig war, beim Begehen versank man im Dachaufbau. 
Die logische Fragestellung seitens der Bauherrschaft an den Sachverständigen: Wurden die Feuchtigkeitsabdichtungsarbeiten am Flachdach gemäß den anerkannten Regeln der Technik durchgeführt? Weiters waren etwaige Mängel aufzuzeigen, deren Verbesserungspriorität zu bestimmen und Lösungsansätze auszuarbeiten. Die Grundfrage: Ist eine langfristige Funktionstauglichkeit der Flachdachkonstruktion gewährleistet?

Der Status quo

Dachaufbau von innen nach außen: Stahlbetondecke, Polyethylen-Dampfsperrfolie 0,2 Millimeter, Holzkeilpfosten, Mineralwollewärmedämmung (zwischen den Keilpfosten verlegt) zirka 20 Zentimeter Stärke, Holzschalung zöllig, Vordeckbahn, Polypropylenvlies zirka  150 g/m2, PVC-Dachabdichtungsbahn 1,8 Millimeter mechanisch befestigt.

Ergebnis der Dachöffnungen

In zirka 50 Zentimeter Entfernung von den Dachlüftern war die Holzschalung unterhalb der Dachabdichtung durch Feuchtigkeit bereits zerstört (zu sehen auf Abb. 1, 2, 3). Die Wärmedämmung zeigte auf deren Unterseite, die auf der Dampfsperrfolie auflag, nur mäßige Feuchtigkeitsaufnahme.
Nach dem Öffnen der Dampfsperre konnte die Betondeckenoberfläche in Augenschein genommen werden. Hier waren zwischen Dampfsperrfolienunterseite und Betonoberfläche deutliche Feuchtigkeitsanreicherungen festzustellen.
Die Verklebung der Dampfsperre-Überlappungsstöße war mit einem Klebeband erfolgt. Im Umkreis der Feuchteschäden wurden die Dachbahnenschweißnähte überprüft, und es konnten keine Fehlstellen festgestellt werden. 
An einer weiteren Dachöffnung konnte bereits nach dem Aufschneiden der Dachabdichtung auf deren Unterseite deutliche Feuchtigkeitsspuren und Wassertropfen festgestellt werden (siehe Abb. 4). Im Verlauf des weiteren Ausbaus war zu erkennen, dass die Brettholzschalung, die Wärmedämmung sowie die Dampfsperre deutlich durchfeuchtet waren (siehe Abb. 5).
Wie in Abb. 6 +7 dargestellt, war die Dampfsperre an der Ytong-Wand nur zirka 20 Millimeter hochgezogen und verklebt. Die Klebeverbindung konnte unter geringem Kraftaufwand gelöst werden. 

Ursachen der Feuchtigkeitsanreicherung im Dachschichtenaufbau

Primär ist festzuhalten, dass Holzkonstruktionen, die zwischen zwei relativ diffusionsdichten Schichten, wie dies die Dachabdichtung und Dampfsperre darstellten, nach heutigen technischen Gesichtspunkten einem hohem Schadensrisiko durch Feuchtigkeitseinflüsse ausgesetzt waren. Als Feuchtigkeitseinfluss im gegenständlichen Fall konnte ausgeschlossen werden, dass Undichtheiten in der Dachabdichtung mit darauffolgendem Wassereintritt in die Dachkonstruktion oder Wassereintritte im Zuge der Bauphase die Schäden ausgelöst hätten.
Somit konnte Feuchtigkeit nur durch Diffusion und Konvektion in den Dachaufbau gelangen. Konvektion war am gegenständlichen Objekt insofern als realistisch anzunehmen, da an die Lüftungsrohrdurchführungen keine konvektionsdichten Anschlüsse der Dampfsperre erfolgten. Dies führt dazu, dass feuchtwarme Luft kontinuierlich in den Dachaufbau eingebracht wird und bei Erreichen der Taupunktebene kondensiert. Weiters war nicht auszuschließen, dass die verlegte Dampfsperr-Polyäthylenfolie, die ohne Schutzlage hin zur Betondecke verlegt worden war, mechanische Beschädigungen aufweist, über die ebenfalls Lufteinströmung in den Dachaufbau erfolgte.

Auch war am Dachrand zu erkennen, dass die Dampfsperre nicht bis zur Oberkante Wärmedämmung hochgezogen und die Verklebung mit dem Untergrund als nicht konvektionsdicht zu bezeichnen war. Die lokale Feuchtigkeitskonzentration im Dachaufbau wurde verstärkt, da die Dachkonstruktion keine durchgehende Lüftungsebene aufwies, sondern nur punk­tuell eingesetzte Dachentlüfter.

Sanierungsvarianten 

In Anbetracht des Schadensbildes konnten hier zwei Sanierungsvarianten vorgeschlagen werden:
1. Sanierungsvariante: belüftetes Dach
Erforderlicher Dachschichtenaufbau: Betondecke, Schutzlage, Dampfsperre, Wärmedämmung zwischen den Keilpfosten, Brettholzschalung, Unterdachbahn diffusionsoffen, Belüftungsraum, Brettholzschalung, Schutzlage, Dachabdichtung mechanisch befestigt. 
Die traufenseitigen Belüftungsöffnungen sind über die gesamte Traufenlänge in ausreichender Größe sicherzustellen. Die firstseitige Entlüftung muss am Hochpunkt erfolgen. Im Zuge der Rückbauarbeiten ist die im Dachaufbau verbleibende Holzkonstruktionen auf das Vorhandensein von Schimmelspuren sowie Holzschwamm und Hausschwamm hin zu überprüfen.

2. Sanierungsvariante: Warmdach
Für die Ausführung einer Warmdachkonstruktion sind sämtliche Dachbaustoffe rückzubauen. Eine Wiederverwendung ist unter rationellem Aufwand nicht möglich. Erforderlicher Dachschichtenaufbau: Betonunterkonstruktion, Schutzlage, Dampfsperre, Wärmedämmung mit geeigneter Druckfestigkeit und Gefälle, Schutzlage, Dachabdichtung mechanisch in die Unterkonstruktion befestigt oder wahlweise lose verlegt und mit Kiesschicht beschwert.
Für die Sanierung der Dachflächen sind natürlich sämtliche baubehördlichen Vorschriften hinsichtlich Brandschutz, Schallschutz, baubehördlich genehmigte Dachaufbauten etc. zu berücksichtigen.
Zur Sanierung gelangte schließlich Variante 2 „Warmdach“, da diese in Anbetracht des Ausführungszeitraums die größtmögliche Sicherheit bot.

Wolfgang Hubner ist allgemein beeideter gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Bauwesen.

Kontakt 

Franz-Meissl-Gasse 17
2323 Mannswörth
M 0664/510 77 67
www.sv-abdichtungs­technik.at 

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Dach + Wand