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Innenraumgestaltung
14.02.2017

Christian Wimmer, Geschäftsführer von Service&More, erklärt im Gespräch mit color, warum weder großflächige Möbelriesen, noch der Onlinehandel eine Bedrohung für den heimischen Einrichtungshandel darstellen.
Christian Wimmer, Geschäftsführer von Service&More
Christian Wimmer, Geschäftsführer von Service&More
Komplexe Kundenwünsche können nur vom Profi ganzheitlich erfüllt werden.
Die Kompetenz der Raumausstatter liegt in ihrer Individualität.

Der heimische Dienstleister Service&More betreut die Verbände Garant Austria und Wohnunion und ist mit 271 Mitgliedern die größte Einkaufsorganisation für KMU der österreichischen Einrichtungsbranche. Der Verband konnte für 2016 den Einkaufsumsatz seiner Mitgliederbetriebe um insgesamt zehn Prozent erhöhen. Die gesamte Branche Möbelhandel/Raumausstattung hat laut KMU Forschung Austria von Jänner bis November 2016 nominell ein Plus von 0,2 Prozent erwirtschaftet. Wie sowohl die Wohnunion als auch die Garant Austria diesen höchsten jemals erreichten Einkaufsumsatz erzielen konnten und wie sich der Markt aus Sicht von Service&More entwickelt, hat ihr Geschäftsführer Christian Wimmer in einem Interview verraten.

Wie erklären Sie sich das ausgezeichnete Ergebnis des letzten Jahres?

Zwei wesentliche Erfolgsfaktoren sind „Individualität“ und „klare Positionierung“. Die Differenzierung des Möbelhandels bzw. Raumausstattergewerbes zur Großfläche ist veraltet. Die aktuelle Herausforderung ist die Differenzierung untereinander, auch für uns als Verband, der wir eigentlich nach Gemeinsamkeiten suchen. Die Stärke der Unternehmen liegt aber darin, dass sie alle unterschiedlich und vielfältig sind. Eine Gesamtmarke für alle Betriebe mag für andere Branchen gut funktionieren. Wir haben gemerkt, dass dieses System für Möbelhandel und Raumausstattung nicht funktioniert, weil unsere Partner unglaublich individuell sind. Sie punkten vor allem mit guter Kundenbetreuung, Spezialisierung und der Realisierung von komplexen Kundenwünschen. Diese Kompetenzen versuchen wir als Verband noch mehr zu forcieren.

Seit einem halben Jahr arbeiten wir beispielsweise mit externen Experten zusammen, mit denen wir diesen Konkretisierungsprozess vorantreiben wollen. Es gibt verschiedene Positionierungsansätze – vonseiten des Produkts, der Planung, der Persönlichkeit des Unternehmers oder der Regionalität –, die auch für KMU gut zu spielen sind.

Welche Projekte sind für 2017 geplant?

Ab April werden zwei Pilotbetriebe mit unserer neuen Websitestruktur starten. Bisher hatten wir eine Art Masterseite, die im Groben bei allen gleich ausgesehen hat. Davon gehen wir nun weg und bieten unseren Mitgliedern ein Frame der Seite, auf der – je nach Positionierung – das individuelle Thema im Vordergrund steht.

Zudem werden wir heuer erneut unsere Partner in einem Art Mystery Research testen. Direkt vor Ort, Telefonanrufe und E-Mails von Testkäufern, je drei Mal, sollen Aufschluss darüber geben, wie die Qualität der Betriebe ist und wo es eventuell Optimierungspotenzial gibt.

Ein weiteres Projekt ist unsere elektronische Verkaufsassistentin – kurz EVA. Wir glauben, dass es zukünftig schwieriger wird, Preislisten, Kataloge und Sortierbücher ausgedruckt zum Kunden zu schicken, sondern dass diese Informationen digital sein müssen. Wir als Verband, als neutrale Organisation möchten eine Plattform etablieren, auf der Händler und Lieferanten diese Informationen künftig in handlicher Form, etwa am Tablet oder Smartphone, austauschen können.

Viele unserer Handelspartner arbeiten bereits mit EVA, nicht nur im Geschäft, sondern auch vor Ort beim Kunden. Dieses Tool wollen wir 2017 weiter ausbauen.

Stichwort „digitale Welt“: Wie sehen Sie hier die Entwicklung für das raumausstattende Gewerbe?

Unsere Beobachtung ist, dass erfolgreiche Onlinevermarktungsplattformen nicht aus der Branche, sondern aus anderen Bereichen kommen. Ich kenne keinen Händler, der auch im Onlinebereich erfolgreich ist, und halte das auch für sehr schwierig. Meiner Einschätzung nach werden größere Handelshäuser und Filialisten aufgrund des längeren schwachen Marktumfeldes ihr Geschäftsmodell überdenken müssen. Auf Dauer wird der Einstieg in den Onlinehandel für größere stationäre Handelshäuser aus meiner Sicht nicht die einzige Lösung sein können. Regionale Möbelfachhändler und Raumausstatter mit einem klaren individuellen Profil werden auch heuer wieder an Schwung gewinnen. Vorteile des Großflächenanbieters bzw. der Filialketten waren bisher die Auswahl und der Preis. Das ist mittlerweile die größte Positionierungsschwäche, denn das verlagert sich nun ins Onlinegeschäft. Und auch die Strategie, mit neuen Warengruppen die Stagnation des Marktes abfedern zu wollen, ist nur ein Verdrängungsmarkt.

Wenn unsere Mitglieder einen Onlinehandel andenken, sage ich ihnen klar: „Bitte nicht! Entweder du bist ein Onlinehändler oder ein kompetenter Fachbetrieb.“ Käufe werden nach wie vor stark über menschliche Beziehungen gemacht. Bei komplexen Produkten ist es wichtig, gut beraten zu sein. Ein einfaches Produkt und ein niedriger Preis stehen im Widerspruch zu komplexen Lösungen.

Die Kommunikationskanäle hingegen verändern sich allerdings sehr wohl und da müssen wir dabei sein. In Bezug auf soziale Medien, facebook, google adwords oder Contantmarketing müssen wir einiges testen, ausprobieren und schauen, welcher Weg zu unseren Handelspartnern der effizienteste ist. Auch in diesem Bereich haben wir ein Projekt mit einem Online Coach laufen, das sich noch in der Pilotphase befindet. Wir versuchen herauszufinden, was möglich ist, auch auf die Gefahr hin, dabei einmal auf die Nase zu fallen. Aber das ist unser Job.

Viele Kunden lassen sich beim Fachhändler beraten und kaufen dann doch günstig  im Internet oder beim Großhändler. Wie begegnen Sie dieser Entwicklung?

Bei kleinen, einfachen Einzelprodukten ist das sicher möglich. Aber wenn jemand ein stimmiges Wohnzimmer haben möchte – und von denen gibt es viele –, dann wird es ohne Beratung bzw. mit Beratung für ein einzelnes Produkt nicht getan sein. Wir arbeiten mit komplexen Produkten, Lösungen und Kunden. Das ist unsere Kernkompetenz. Wenn unsere Mitglieder manchmal dem einfachen Geschäft nachweinen, muss ich ihnen sagen, dass diese Zeit vorbei ist.

Gibt es denn für alle Fachhändler genug Kunden mit komplexen Wünschen?

Anfang der 1990er-Jahre bis 2005 etwa fand ein starker Aussortierungsprozess statt. Da hat die Großfläche viel gewonnen und die KMU haben verloren. Als ich 2005 den Verband als Geschäftsführer übernahm, hieß es, dass es in fünf Jahren 50 Prozent der Unternehmen nicht mehr geben würde. Dem war aber nicht so. Es ist genug Geschäft da, man muss als Unternehmen nur merken, wenn es nicht mehr geht, und sich rechtzeitig Unterstützung holen. Klar ist aber auch, dass es das eine Konzept, das garantiert zum Erfolg führt, nicht gibt.

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