Design

"Here we are"

Ausstellung
07.03.2024

Die neue Sonderausstellung im Möbelmuseum Wien zeigt, welche wichtigen Beiträge Frauen seit 1900 für die Entwicklung des Designs geleistet haben.
Ausstellung Möbelmuseum
Die neue Sonderausstellung im Möbelmuseum Wien zeigt, welche wichtigen Beiträge Frauen seit 1900 für die Entwicklung des Designs geleistet haben.

Ob als Gestalterinnen von Möbeln, Mode oder Industrieprodukten, als Innenarchitektinnen oder Unternehmerinnen – Frauen haben entscheidende Beiträge zur Entwicklung des modernen Designs geleistet. Bis zum 30. Juni präsentiert das Möbelmuseum Wien die Sonderausstellung "Here We Are! Frauen im Design 1900 bis heute. Eine Ausstellung des Vitra Design Museums". Die Ausstellung erzählt, vor dem Hintergrund des Kampfs um Gleichberechtigung, eine neue, vielstimmige Designgeschichte, die verdeutlicht, dass Frauen entscheidende Beiträge zur Entwicklung des modernen Designs geleistet haben.

Damals und heute

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In der Ausstellung entsteht eine Standortbestimmung zu einem gesellschaftlich hochaktuellen Thema, die das moderne Design in einem neuen Licht erscheinen lässt.

Heute ist rund die Hälfte der Designstudierenden weiblich, und Frauen sind in vielen zukunftsweisenden Designbereichen federführend. Anhand einer Vielzahl hochkarätiger Exponate verfolgt die Ausstellung das kreative Schaffen und die Arbeitsbedingungen von Frauen im Design von der frühen Moderne bis in die Gegenwart – von den ikonischen Objekten einer Eileen Gray über bislang kaum bekannte Neuentdeckungen bis hin zu heutigen Aktivismus-Netzwerken und feministischer Designforschung. So entsteht eine Standortbestimmung zu einem gesellschaftlich hochaktuellen Thema, die das moderne Design in einem neuen Licht erscheinen lässt.

Europa und die USA

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Eine bislang weitgehend unentdeckte Welt eröffnet sich an der Schule Loheland, die wie das Bauhaus 1919 gegründet wurde, aber nur Frauen aufnahm

Die Ausstellung gliedert sich in vier Bereiche, die die Museumsgäste auf eine Reise durch die letzten 120 Jahre Designgeschichte mitnehmen. Im ersten Bereich liegt der Schwerpunkt auf der Entwicklung des Designs in Europa und den USA, wo um 1900 das Berufsbild des modernen Designs entstand – zur gleichen Zeit, als Frauen öffentlich für mehr politische Mitbestimmung kämpften. Diese Emanzipationsbestrebungen spiegelten sich auch im Design, etwa in der Arbeit der Sozialreformerinnen Jane Addams und Louise Brigham, die heute unter den Begriff "Social Design" fiele. Unterdessen prägte die New Yorkerin Elsie de Wolfe das damals neue Berufsfeld der Innenarchitektur. Auch die Werke von Gestalterinnen am Bauhaus, an den russischen WChUTEMAS (Höhere Künstlerisch-Technische Werkstätten) oder den Deutschen Werkstätten in Dresden-Hellerau werden untersucht. Eine bislang weitgehend unentdeckte Welt eröffnet sich an der Schule Loheland, die wie das Bauhaus 1919 gegründet wurde, aber nur Frauen aufnahm. Am Bauhaus studierten Frauen und Männer gemeinsam, wobei man Frauen meist noch bestimmten Disziplinen wie textiles oder keramisches Gestalten zuordnete. Hier wird verdeutlicht, dass sich Frauen in den Gestaltungsberufen aufgrund besserer Ausbildungsbedingungen zwar zunehmend professionalisierten, andererseits aber weiterhin oft in traditionelle Rollenbilder gedrängt wurden.

Internationale Erfolge

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Der Anteil Charlotte Perriands an den legendären Möbelentwürfen, die sie mit ihrem berühmten Kollegen Le Corbusier entwickelte, wird erst seit einigen Jahren entsprechend gewürdigt. 

Der zweite Ausstellungsbereich widmet sich den 1920er- bis 1950er-Jahren. In dieser Ära konnten Designerinnen wie Charlotte Perriand, Eileen Gray oder Clara Porset in der nach wie vor patriarchalischen Gesellschaft erste internationale Erfolge verbuchen. In der Pariser Luxusindustrie prägte Jeanne Toussaint als Creative Director jahrzehntelang die Kreationen des Schmuckhauses Cartier. Sie führte das so genannte Département S, dessen Produkte den Bedürfnissen der modernen Frauen der 1920er-Jahre entgegengekommen sollten, und stand für Schöpfungen, die ein fortschrittliches, selbstbewusstes Frauenbild repräsentierten.

Lange Schatten

Einige der in der Ausstellung porträtierten Designerinnen arbeiteten eng mit ihrem Partner zusammen, etwa Ray Eames mit ihrem Mann Charles oder Aino Aalto mit Alvar Aalto. Oft standen die Frauen dabei im Schatten ihrer Partner, doch die Ausstellung zeigt, dass sie in vielen Fällen deutlich wichtigere Beiträge zu dem gemeinsamen Werk leisteten als bislang bekannt war. Bekanntestes Beispiel hierfür ist Charlotte Perriand, deren Bedeutung als unabhängige Designerin in den letzten Jahren weithin publiziert wurde, wobei auch ihr Anteil an den legendären Möbelentwürfen, die sie mit ihrem berühmten Kollegen Le Corbusier entwickelte, völlig neu bewertet wurde. Andere hier gezeigte Designerinnen arbeiteten zeitlebens unabhängig – so etwa die Keramikerin Eva Zeisel, die schon 1946 eine Einzelausstellung im New Yorker Museum of Modern Art hatte. Die Ausstellung zeigt, dass auch weitere Gestalterinnen stärkere Beachtung verdienen, etwa Trude Petri.

Die zweite Welle

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Die italienische Designerin Nanda Vigo mit ihren kultigen Stücken Light Tree und Cronotop aus den Jahren 1983 und 1963.

Der dritte Bereich thematisiert die Jahrzehnte von 1950 bis Ende der 1980er-Jahre, in denen insbesondere ab den 1960er-Jahren eine zweite Welle des Feminismus der konservativen Nachkriegsmentalität entgegentrat. Beispiele wie die schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA) von 1958 zeigen, dass Frauen auch im Design häufig mit häuslichen Tätigkeiten assoziiert wurden, trotz solcher Einschränkungen aber oft außerordentliche Werke produzierten. Die Rollenbilder und die Möglichkeiten von Frauen im Design veränderten sich stetig weiter: Die Ambivalenz und die Umbrüche dieser turbulenten Ära spiegeln sich in den poppigen Marimekko-Designs der 70er-Jahre oder den postmodernen, teilweise spektakulären Objekten italienischer Designerinnen wie Nanda Vigo, Gae Aulenti oder Cini Boeri. In diese Zeit fällt auch das Schaffen der Designerin Galina Balaschowa, die viele der futuristischen Interieurs der Raumkapseln für das russische Raumfahrtprogramm gestaltete. Ihr bisher fast unbekanntes Werk wird seit einigen Jahren entdeckt.

Angekommen in der Gegenwart

Ausstell
Patricia Urquiola ist eine der etabliertesten Designerinnen der Gegenwart. Im Bild ihr Beistelltisch Shimmer.

Mit dem vierten Bereich kommt die Ausstellung in der Gegenwart an. Werke international etablierter Designerinnen wie Matali Crasset, Patricia Urquiola, Inga Sempé, Ilse Crawford oder Hella Jongerius belegen, dass Frauen im Design heute ebenso selbstverständlich international erfolgreich sind wie Männer. Manche Designerinnen sprengen die etablierten Grenzen ihrer Disziplin und tragen maßgeblich dazu bei, das Design neu zu definieren. Zu ihnen zählt Julia Lohmann, die Meeresalgen als neues, nachhaltiges Material erforscht, ebenso wie Christien Meindertsma, die Produktionsprozesse durchleuchtet. Zugleich präsentiert dieser Ausstellungsbereich eine Auswahl aktueller Initiativen, die veranschaulichen, wie der feministische Diskurs in Design und Architektur die Muster von Autorenschaft, Ausbildung und Anerkennung hinterfragt und mit Diversität und Intersektionalität in Zusammenhang stellt.

Frauen im Design

„Here We Are! Frauen im Design 1900 bis heute. Eine Ausstellung des Vitra Design Museums“, Zu sehen vom 1. März bis 30. Juni 2024 im Möbelmuseum Wien.

Branchen
Tischlerei