Heizungstausch:

Spagat zwischen Öko und Leistbarkeit

Für die Vereinigung Österreichischer Kessellieferanten gelte als Hebel zur Energiewende nicht der bedingungslose Wechsel auf nachhaltige Heizsysteme, sondern vielmehr die Erhöhung der Energieeffizienz bzw. die Reduktion des Energieeinsatzes als Königsweg.
Heizungstausch
Bei der Wahl der Heizung solle laut dem VÖK vor allem die Erhöhung der Energieeffizienz im Fokus stehen.

VÖK-Vorstandsvorsitzender Mag. Helmut Weinwurm stellte im Rahmen einer Pressekonferenz am 15. Februar klar, „dass die Herausforderungen für Energieeffizienz und Klimawandel nur gemeinsam von der Heizungsbranche gelöst werden können“. Insofern freue sich der VÖK, die Bundesinnung der Installateure als neues Mitglied begrüßen zu dürfen. Immerhin solle nach den Plänen der Bundesländer bis 2050 eine Reduktion um 80% bzw. nach der neuen Linie der Bundesregierung bis 2040 ein völlige Dekarbonisierung aller Sektoren erfolgen. Dieser Kraftakt sei nicht mehr mit einer einfachen Verschiebung der Emissionen vom Gebäudebestand in den Energiesektor und damit den ETS der EU machbar. Die Umstellung auf Fernwärme werde dafür also nicht mehr ausreichen.

Eine Lanze für alle verfügbaren Technologien

Aus Sicht des VÖK brauche es hier eine völlige Technologieoffenheit gegenüber allen verfügbaren Systeme und massive Unterstützung zur Entwicklung neuer Lösungen für alle Aggregatzustände der verschiedenen Energieträger. Darunter sei auch ganz explizit e-Gas oder „grünes Gas“ zu verstehen, sowie Holz in allen Stückelungen, e-Liquids, Wärmepumpen und die Nutzung von Solarenergie.

Die Absatzstatistik 2020 beweise die ohnehin bereits vorhandene Technologieoffenheit der Bürger: ca. 30 Prozent haben sich für eine Wärmepumpe entschieden, 14 % für eine Holzheizung, 52 % für ein Gasgerät – überwiegend Brennwertgeräte – und nur noch drei Prozent für einen Ölkessel. Leider ist die Solarthermie noch immer rückläufig und scheint der PV am Dach den Vortritt zu geben, heißt es aus dem VÖK.

Förderung für Brennwertgeräte? 

Bundesinnungsmeister KR Ing. Mattes Michael dazu: “Eigentlich sollten inzwischen fast ausschließlich Brennwertgeräte installiert werden, da die Ökodesign-Verordnung der EU ganz klar regelt, dass nur noch bei Mehrfachbelegung – also im Ausnahmefall – Heizwertgeräte installiert werden dürfen. Technisch sind Heiz- und Brennwertgeräte an einem Abgassystem nicht mischbar. Die Konsequenz sollte eigentlich sein, dass im Zuge der Energieeffizienzbestrebungen ein Förderprogramm eingerichtet wird, mittels dem sowohl die Sanierung des Abgassystems, als auch die Umstellung aller betroffenen Geräte auf Brennwert finanziell unterstützt wird. Die modernen Brennwertgeräte können mit grünem Gas betrieben werden und sind damit zukunftsfit“.

Fernwärme sei kein Allheilmittel

Fernwärme aus echter Abwärme habe laut dem VÖK im dicht verbauten städtischen Gebiet selbstverständlich seine Berechtigung. Warum diese aber im Vergleich zu Gasbrennwertgeräten nur mit einem Zehntel der THG-Werte berechnet werde, obwohl jedes Mal Gas als Brennstoff eingesetzt wird, sei nicht verständlich. Noch unverständlicher sei es, wenn es dann an diese Fernwärme auch noch einen Anschlusszwang gibt wie z.B. in Salzburg und Teilen Wiens.

Warum für die Ermittlung von Heizsystemen ein ganzjähriger Durchschnitt für die Berechnungen herangezogen wird, sei ebenfalls nicht klar. Mattes: „Im Winter ist Strom bekanntlich knapp und überwiegend nicht aus erneuerbaren Quellen zu decken – schon gar nicht nachts. Wenn der Strombedarf durch vermehrten Einsatz in allen Sektoren massiv steigt, dann schrammen wir das nächste Mal nicht mehr knapp an einem Blackout vorbei, sondern direkt hinein. Gerade im Winter ist eine Diversifizierung dringend erforderlich – der Technologien und Energieträger.Hier sollten wir auf Hybridsysteme setzten“.

Um dem zunehmenden Sicherheitsthema in der Wärmeversorgung gerecht zu werden, müsse auf kleine dezentrale Einheiten gesetzt werden. Die Wärmeproduktion direkt vor Ort im konditionierten Bereich sei zudem auch noch die effizienteste, da keinerlei Wärmeverluste eintreten – weder bei Zuleitungen noch bei Steigleitungen. Mattes: „Wir Installateure wünschen uns ganz dringend mehr technischen Sachverstand und weniger Ideologie in der Haustechnik.“  

Vermisster Realitätssinn

Der stv. Bundesinnungsmeister Ing. Manfred Denk vermisst Realitätssinn: “Vielfach wird diskutiert, dass wir Installateure die zusätzlichen Kapazitäten für die Modernisierung und Umstellung des Heizungsbestandes nicht zur Verfügung stellen können. Gute Fachleute sind natürlich nicht nur in unserer Branche heiß begehrt und wir freuen uns über jeden kompetenten  Kollegen und engagierten Lehrling. Eine Lehre in unserer Branche  ist „Fridays For Future“ in der Praxis! Wir haben aktuell die höchste Arbeitslosigkeit seit dem 2. Weltkrieg – Tendenz steigend – und wir suchen Fachkräfte. Wir brauchen Programme zur Umschulung, eine verkürzte Lehre für Menschen mit Matura aber ohne Job und eine Anpassung der Lehre an die neuen Rahmenbedingungen. Bei den hervorragenden Verdienstmöglichkeiten in unserer Branche ist es mehr als verwunderlich, dass man uns nicht längst die Türen einrennt“.

Heizeinbausaison verlängern

Die angespannte Situation ließe sich allerdings teilweise auch durch eine Verlängerung der Arbeitssaison entschärfen: Aktuell beschränkt sich der Zeitraum, in dem Heizungen getauscht werden, auf die warme Jahreszeiten – also ca. sechs Monate.  Es gebe aber praktikable mobile Überbrückungslösungen, sodass inzwischen ganzjährig gearbeitet werden könne, auch im Winter. In Zahlen ausgedrückt bedeute dies: „Wir haben bisher ein Volumen von 80.000 – 100.000 Anlagen pro Jahr installiert – in nur sechs Monaten, bei ganzjährigem Einsatz können wir diese Zahl in etwa verdoppeln. Das sollte ausreichen und die ambitionierten Ziele zu erreichen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Heizungsbesitzer tatsächlich auch Aufträge erteilen und dafür wird es gute Anreize brauchen“.

Anreize besser als Zwänge

Salzburgs Landesinnungsmeister AndreasRotter setzt auf weitere Anreize „Nach den vielen Vorschriften der letzten Monate erscheint es uns als ganz besonders wichtig, dass die Bevölkerung durch Anreize Seitens der Politik animiert, und nicht durch Vorschriften gezwungenwird. Man kann nicht die Hälfte des Heizungsbestandes durch Zwang tauschen. Das sind immerhin rd. 1,5 Mio. mit fossilen Energieträgern betriebene Anlagen, und trotz vieler und großzügiger Förderungen muss der Bürger immer noch einen nennenswerten Restbetrag zahlen, die Planung und Bauaufsicht benötigt auch bei intensiver Unterstützung durch unsere Kollegen Zeit und eine Baustelle im Haus ist auch bei größter Sorgfalt des Installateurs immer noch eine Baustelle. Auch der soziale Situation und die persönliche Lebensplanung der Bewohner ist zu berücksichtigen“.

Know-how des Installateurs gefragt

Der Bund und die Länder böten eine ganze Reihe an Förderungen für den Umstieg auf „erneuerbare“ Technologien. Dazu müsse man grundsätzlich festhalten, dass die aktuell am Markt verfügbaren Technologienfast alle sowohl mit erneuerbaren Energien als auch mit herkömmlicher Energie betrieben werden könne. Gasthermen können mit Erdgas oder mit grünem Gas betrieben werden, Wärmepumpen mit Solarstrom oder Atomstrom. Der Unterschied liege nicht in der Technologie, sondern im Energieträger. Was bei der Technologie jedoch einen enormen Unterschied macht, sei die Effizienz – also der Energieverbrauch. Hier mache sich auch gutes Fachhandwerk vom Installateur bemerkbar: Die Auswahl der Technologie, die richtige Dimensionierung laut Heizlastberechnung, die korrekte Einregulierung und das passende Wärmeabgabesystem – da brauche es das Know-how der Installateure. Es wäre somit höchst wichtig, dass neben dem Umstieg auf Holzheizungen und Wärmepumpen auch der Umstieg auf ein effizientes Brennwertgerät oder Hybridgerät, das mit grünem Gas betrieben werden kann, gewürdigt wird. Wenn man schon keine Förderungen schaffen wolle, dann zumindest als attraktiven steuerlichen Absetzbetrag für Wohnungs- und Hauseigentümer.“

Dezentrale Anlagen für geringen Energieverbrauch

VÖK-Geschäftsführerin Dr.ElisabethBerger freue sich auf die Zusammenarbeit und betonte die Leistbarkeit der Heizung: „Die Heizungsindustrie und das Fachhandwerk arbeitet schon lange an diesen vielen Themen eng zusammen und ich freue mich auf eine weitere Intensivierung dieser Zusammenarbeit. Wir sind zutiefst überzeugt, dass dezentrale Anlagen vor Ort und in der Verantwortung des Betreibers den geringsten Energieverbrauch generieren. Unsere Technologie ist eben keine Schönwetterangelegenheit, sondern muss im kalten Winter zuverlässig funktionieren und sollte tunlichst leistbar sein. Wir können uns die Zukunft schön rechnen mit Durchschnitten und Annahmen – aber am Ende des Tages kommt die Rechnung ins Haus geflattert. Es ist nicht ganz einfach den Spagat zwischen Leistbarkeit, Sicherheit und Ökologie zu finden – die Lösung wird wahrscheinlich nicht die reine Lehre, sondern ein Mittelding sein. Wenn wir aber weder Lust auf Blackout noch Klimawandel haben, dann sollten wir uns möglichst rasch für Technologie- und Energieträgervielfalt entscheiden“.

Branchen
Haustechnik