„Die Erholung zieht sich wie ein Strudelteig“
Beim Konjunktur-Pressegespräch der WKÖ wurde deutlich: Die Lage im Gewerbe und Handwerk stabilisiert sich langsam, doch viele Gewerke wie SHK, Metall und Tischler bleiben unter Druck. Neue Förderungen und bessere Erwartungen für 2026 geben vorsichtige Hoffnung.

„Die Richtung stimmt – aber die Erholung zieht sich wie ein Strudelteig.“ Mit dieser bildhaften Formulierung eröffnete Manfred Denk, Obmann der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), das Konjunktur-Pressegespräch am 10. Oktober. Der Satz steht sinnbildlich für die derzeitige Lage vieler Betriebe im investitionsgüternahen Bereich: Zwar gibt es Anzeichen der Stabilisierung, doch der Weg zurück zu Wachstum und Auftragsdynamik bleibt langwierig.
Lage bleibt angespannt
Rückblickend auf das erste Halbjahr 2025 zeigt sich, dass sich die negativen Trends der Vorjahre zwar abschwächen, aber keineswegs überwunden sind. Die nominellen Umsätze im Gewerbe und Handwerk gingen um 1,6 Prozent zurück, preisbereinigt ergibt sich ein reales Minus von 3,9 Prozent. Damit ist der Rückgang gegenüber dem Vorjahr zwar weniger ausgeprägt (2024: –7,5 Prozent), doch in vielen Bereichen bleibt die Auftragslage angespannt – besonders bei den kleinen und mittleren Betrieben, die das Rückgrat des Sektors bilden.

Baukonjunktur zeigt erste Lebenszeichen
Positive Impulse kommen ausgerechnet von der Branche, die zuletzt tief in der Krise steckte: Das Baugewerbe. Wie Christina Enichlmair von der KMU Forschung Austria erklärte, zeigen die aktuellen Zahlen aus dem dritten Quartal 2025 einen Auftragszuwachs von 7,2 Prozent im Bauhauptgewerbe, das Bauhilfsgewerbe legte sogar um 10,2 Prozent zu. Auch hier gelte: Die Zahlen seien vor dem Hintergrund massiver Rückgänge der Vorjahre zu betrachten – dennoch seien sie ein Signal für Stabilisierung, so Enichlmair.
Andere Branchen im baunahen Bereich zeigen sich dagegen weiterhin belastet:
- Holzbau: –9,5 Prozent
- Metalltechnik: –10,1 Prozent
- SHK (Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechnik): –9,2 Prozent
Im Durchschnitt liegt der Auftragsbestand in den investitionsgüternahen Gewerken nur noch 0,4 Prozent unter dem Vorjahr – ein Rückgang, der laut Enichlmair nun „kaum mehr spürbar“ sei. Das Stimmungsbarometer verbessert sich ebenfalls: Im dritten Quartal meldeten 22 Prozent der Betriebe eine gute Geschäftslage, 25 Prozent eine schlechte. Der daraus resultierende Saldo von –3 Prozentpunkten liegt damit nur noch knapp im negativen Bereich.

Verhaltener Ausblick auf das vierte Quartal
Die Erwartungen für das laufende vierte Quartal bleiben insgesamt verhalten. Laut KMU Forschung Austria rechnen nur 16 Prozent der Betriebe mit steigenden Auftragseingängen oder Umsätzen. 59 Prozent erwarten eine gleichbleibende Entwicklung, 25 Prozent gehen von Rückgängen aus. Damit ergibt sich ein per saldo negativer Erwartungswert von –9 Prozentpunkten.
Christina Enichlmair wies allerdings darauf hin, dass diese Werte über jenen des Vorquartals sowie der Vergleichsquartale der Vorjahre liegen – ein vorsichtig optimistisches Signal. „Eine Trendwende ist erkennbar, die Talsohle ist durchschritten, es bleibt aber herausfordernd“, so ihr Fazit. Die größten Hoffnungen richten sich auf eine nachhaltige Belebung der Bauwirtschaft, von der auch die nachgelagerten Gewerke profitieren könnten.

Unsicherheit durch Förderpolitik

Ein zentrales Thema für die Unternehmen bleibt die staatliche Förderpolitik, insbesondere im Zusammenhang mit Heizungsumstellung und Gebäudesanierung. Denk kritisierte hier das bisherige Modell scharf: „Stop and Go macht es unmöglich, sinnvoll zu planen.“
Die Auftragsflaute im Sommer sei zu einem wesentlichen Teil auf die Unsicherheit bei der Förderzukunft zurückzuführen. Nun gebe es jedoch erste Klarheit: Ab November soll eine neue Förderstruktur greifen – über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg, mit einem Fördersatz von rund 30 Prozent für Heizungstausch, Dämmung und Fenstertausch. Denk dazu: „Lieber etwas weniger Förderung, dafür planbar, effizient und unbürokratisch – das ist uns wichtig.“
Kostendruck und Bürokratie belasten
„Wir haben konstant höhere Energiekosten, höhere Lohnstückkosten und eine Inflation, die noch immer zu hoch ist.“ Manfred Denk verwies auf die Wettbewerbsnachteile österreichischer Betriebe gegenüber den Nachbarländern – insbesondere im Metall- und Stahlbau. „Wir brauchen dringend strukturelle Entlastung“, so seine klare Forderung. Für ihn steht fest: „Bürokratieabbau ist eine Entlastung zum Nulltarif.“
Diese Forderung wurde auch von Reinhard Kainz, Geschäftsführer der Bundessparte Gewerbe und Handwerk, bekräftigt. Kainz sprach von „zusätzlichen Belastungen ohne Wertschöpfung“ und nannte zwei konkrete Beispiele: die EU-Entwaldungsverordnung, die mangels Klarheit nicht umsetzbar sei, sowie die Pfandannahmepflicht für Einweggetränkepackungen, die kleinere, fahrende Lebensmittelbetriebe in ländlichen Gebieten überfordere.
Höhere Berufliche Bildung
Erfreuliche Signale kamen aus dem Bereich Bildung: Seit September 2025 ist in Österreich die erste Höherqualifikation im Bereich Technische Beratung für Energieeffizienz offiziell gestartet. Die sogenannte HBQ (Höhere Berufsqualifikation) richtet sich an Fachkräfte mit entsprechender Vorbildung, etwa aus dem SHK-Bereich oder Rauchfangkehrerwesen. Denk: „Das ist ein echter Aufstiegspfad – ohne den Umweg über Universität oder Hochschule.“ Weitere Qualifikationen im Bereich Metalltechnik, Tourismus und Handel sind in Planung. Die Maßnahme soll die Lücke zwischen Lehrabschluss (NQR 4) und Meisterprüfung (NQR 6) schließen. Denk spricht von einem entscheidenden Schritt zur Fachkräftesicherung.
Skills-Bewerbe: Bühne für die Besten

© Skills Austria Florian Wieser
Manfred Denk zeigte sich bei der Pressekonferenz sichtlich stolz auf das starke Abschneiden des Team Austria bei den EuroSkills 2025 und kündigte mit Blick auf die AustrianSkills im November das nächste große Berufsbildungsevent an. Die Redaktion von Handwerk und Bau hakte nach: Viele Betriebe sehen sich im Alltag mit ganz anderen Herausforderungen konfrontiert – etwa mangelnder Allgemeinbildung, fehlendem Leistungswillen oder sozialen Defiziten bei Lehrlingen. Denk bestätigte diese Problemlagen, betonte aber auch das Entwicklungspotenzial junger Menschen in der Lehre. Gerade Betriebe könnten oft Orientierung und Stabilität bieten, die andernorts fehlen. Die Skills-Bewerbe seien dabei kein Widerspruch, sondern ein ergänzendes Signal: Sie zeigen, was möglich ist, wenn Ausbildung gelingt und Perspektiven geschaffen werden.
Kritik übt Denk auch am Schulsystem: „Ob der Unterricht heute wirklich das Rüstzeug fürs Leben mitgibt, wage ich zu bezweifeln.“ Die Wertebasis habe sich verändert, das Ziel „durch Fleiß zu Wohlstand“ funktioniere nur noch bedingt. Entscheidend sei, dass junge Menschen einen Sinn in ihrer Arbeit sehen. Denk nennt als Beispiel Green Jobs in der Gebäudetechnik: „Wenn ich vermitteln kann, dass jemand konkret zur Klimawende beiträgt, motiviert das.“
Wohnbaupaket 2024: Wirkung überschaubar
Auf die Frage nach den Auswirkungen des Wohnbaupakets der Vorgängerregierung antwortete Denk nüchtern: „Ich sehe keine spürbaren Effekte. Aber ich denke schon, dass es hilfreich war, um die Talfahrt einzubremsen. Dafür war das Goldes wert.“ Nun sei es aber an der Zeit, auf einen nachhaltigeren Aufschwung zu hoffen – getragen von der Bauwirtschaft als Konjunkturlokomotive.
Auch wenn die Richtung mittlerweile stimmt, bleibt die Dynamik gering: Der ersehnte Aufschwung vollzieht sich zäh und schleppend – oder, wie Manfred Denk es formulierte, „wie ein Strudelteig“ – langgezogen, ungleich verteilt und voller Widerstände. Was es jetzt braucht, ist Planbarkeit, strukturelle Entlastung und das Vertrauen, dass der Übergang von der Stabilisierung zur echten Erholung mehr ist als nur ein Hoffnungsschimmer.
Die Lage im Überblick
Gewerbe und Handwerk – investitionsgüternahe Branchen (Q3 2025)
- Baugewerbe: +7,2 Prozent Auftragsbestand
- Bauhilfsgewerbe: +10,2 Prozent
- Tischler / Holzbau: –9,5 Prozent
- SHK (Sanitär-, Heizungs-, Lüftungstechnik): –9,2 Prozent
- Metalltechnik: –10,1 Prozent
Erwartungen für Q4 2025 (Saldo in Prozentpunkten)
- SHK: –17
- Metall: –19
- Elektro: –20
- Baugewerbe gesamt: –12
- Baunebengewerbe: –16
→ Insgesamt: Saldo –9 Prozent, aber besser als Vorjahresquartal