Ende der Abfalleigenschaft von Bodenaushub
Das Ende der Abfalleigenschaft von Baurestmassen ist eine wichtige Grundlage für die Kreislaufwirtschaft am Bau. Eine neue Verordnung soll nunmehr das Abfallende von Bodenaushub erleichtern. Die Bauwirtschaft fordert praxisgerechte und unbürokratische Regelungen.

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Kriterien zur Geltendmachung des sogenannten Abfallendes, welche als Voraussetzung für eine ALSAG-freie Verwertung von Baurestmassen erfüllt sein müssen. Abschließend folgt ein Ausblick auf eine Neuregelung für Bodenaushub, die in diesem Bereich Erleichterungen bringen soll. Das genaue Wissen um diese Regelungen ist für ein erfolgreiches Wirtschaften im Erdbau und im Tiefbau entscheidend, weil potenzielle ALSAG-Nachzahlungen angesichts der bewegten Mengen von Baurestmassen für Bauunternehmen nicht nur schmerzlich, sondern sogar existenzbedrohend sein können.

Abfälle am Bau
In Österreich fallen laut Bundesabfallwirtschaftsplan pro Jahr insgesamt 70 Mio. Tonnen an Abfällen an. Davon sind 41 Mio. Tonnen (59 %) Bodenaushub, 11 Mio. Tonnen (16 %) Bau- und Abbruchabfälle und 18 Mio. Tonnen (25 %) sonstige Abfälle. Somit entfallen 75 % des gesamten Abfallaufkommens in Österreich auf Baumaßnahmen. Diese enorme Menge an Baurestmassen muss von der Bauwirtschaft ökologisch und ökonomisch bestmöglich behandelt und verwertet werden, um den Anforderungen der Kreislaufwirtschaft Rechnung tragen zu können.
Für einen rechtskonformen Umgang mit Baurestmassen ist eine ganze Reihe von rechtlichen Vorgaben einzuhalten, was für alle Betroffenen (insbesondere Bauherren, Planer und Baufirmen) enorme Herausforderungen mit sich bringt. Zu den wichtigsten baurelevanten rechtlichen Vorgaben zählen folgende Rechtsmaterien:
- Abfallwirtschaftsgesetz 2002
- Recycling-Baustoffverordnung 2015
- Deponieverordnung 2008
- Altlastensanierungsgesetz 1989
- Bundesabfallwirtschaftsplan 2023
- Abfallverzeichnisverordnung 2020
- Abfallnachweisverordnung 2012
- Abfallbilanzverordnung 2008
Eine Übersicht über diese rechtlichen Vorgaben findet sich im Leitfaden „Baurestmassen, Verwertung und Entsorgung“ der Geschäftsstelle Bau (abrufbar unter
www.bau.or.at/baurestmassen).
Folgende Kategorien von Baurestmassen und der richtige Umgang mit ihnen, wie z.B. Möglichkeiten der Verwertung, Nachweispflichten und Übergabepflichten werden in der Broschüre behandelt:
- Bodenaushub
- Betonabbruch
- Asphaltaufbruch
- Bauschutt
- Holzabfälle
- Metallabfälle
- Kunststoffabfälle
- Baustellenabfälle
- Verpackungsabfälle
- POP-Abfälle
- Gefährliche Abfälle
Wann liegt Abfall vor?
Der Abfallbegriff ist im Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) wie folgt geregelt: Abfälle sind bewegliche Sachen,
- deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat (Entledigungsabsicht oder subjektiver Abfallbegriff) oder
- deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen nicht zu beeinträchtigen (objektiver Abfallbegriff).
Somit wird eine Sache Abfall, wenn eine Entledigungsabsicht und/oder ein öffentliches Interesse an der Erfassung und Behandlung als Abfall gegeben ist. Bei Bautätigkeiten sind grundsätzlich fast alle überzähligen Materialien, wie Bodenaushub, mineralische Baurestmassen, Bauschutt oder Bauabfälle (Reste, Verschnitte, Späne, Gebinde, etc.) als Abfälle zu bewerten, die laut AWG entweder ordnungsgemäß einer Verwertung oder einer Beseitigung zuzuführen sind.
ALSAG-Beiträge
Das Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) sieht für das Deponieren von Abfällen, das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (z.B. mit Bauschutt oder nicht qualitätsgesichertem Recycling-Material), das Exportieren von Abfällen oder das Lagern über einer Zwischenlagerfrist von 3 Jahren, eine Beitragspflicht vor. Diese hängt von der Abfall- bzw. Deponieart ab und beträgt z.B. bei Aushubmaterial oder Baurestmassen € 9,20 je Tonne. Das ALSAG sieht allerdings auch beitragsfreie Verwertungen von Aushubmaterial und mineralischen Baurestmassen vor, wobei dann bestimmte Anforderungen nach der Recycling-Baustoffverordnung bzw. dem Bundesabfallwirtschaftsplan einzuhalten sind. Im ALSAG-Flowchart 2025 sind die verschiedenen Verwertungswege und deren Voraussetzungen für die ALSAG-Beitragsfreiheit anschaulich dargestellt (s. Grafik).
Die genaueren Regelungen zum ALSAG sind im ALSAG-Merkblatt der Geschäftsstelle Bau zusammengefasst (abrufbar unter www.bau.or.at/baurestmassen).
Ausnahme Bodenaushub
Bei Bodenaushub sieht das AWG in Bezug auf die Abfalleigenschaft eine Besonderheit vor. Laut § 3 Abs 1 Z 8 gelten nicht kontaminierte Böden, die im Zuge von Bauarbeiten ausgehoben wurden, gar nicht erst als Abfall, wenn sichergestellt ist, dass sie in ihrem natürlichen Zustand an dem Ort, an dem sie ausgehoben wurden (selbe Baustelle), auch wieder eingebaut werden. Demgemäß kann von dieser Ausnahme jedoch nicht Gebrauch gemacht werden, wenn z.B. ein Bodenaushub auf einer anderen Baustelle verwertet werden soll. Hier liegt also grundsätzlich eine ALSAG-pflichtige Abfalleigenschaft vor.
Aktuell: Abfallende für Bodenaushub
Als Ergänzung zur Recycling-Baustoffverordnung, die unter anderem das Abfallende von mineralischen Baurestmassen regelt, wird derzeit im Umweltministerium an einer Verordnung über das vorzeitige Abfallende von Bodenaushub gearbeitet. Diese neue Verordnung soll ein frühzeitiges und niederschwelliges Abfallende von Bodenaushub ermöglichen und die Verwertung von Bodenaushub im Sinne der Kreislaufwirtschaft forcieren.
Im September 2024 hat das Ministerium einen Erstentwurf präsentiert, der von Bau- und Recyclingwirtschaft grundsätzlich begrüßt wurde. Eine derartige Regelung würde es nämlich ermöglichen, dass unbelasteter Bodenaushub bei einem Qualitätsnachweis unmittelbar seine Abfalleigenschaft verlieren und im Sinne einer leichteren Disponierbarkeit einen Produktstatus erlangen würde. Dieser soll – wie bei der Recycling-Baustoffverordnung – an bestimmte Verwendungsvorgaben geknüpft sein und nur unter Einhaltung von definierten Qualitätskriterien sowie bei Einhaltung einer Meldeverpflichtung ermöglicht werden.
Auf Basis dieses Erstentwurfs hat die Bau- und Recyclingwirtschaft zahlreiche Verbesserungsvorschläge eingebracht, welche zumindest teilweise Eingang in den aktuellen Verordnungs-Entwurf gefunden haben.
Unbürokratische Umsetzung
Zum aktuell vorliegenden Verordnungs-Entwurf hat die Bau- und Recyclingwirtschaft ein Positionspapier mit praxisgerechten Vorschlägen ausgearbeitet, welche in der Letztfassung der kommenden Verordnung berücksichtigt werden sollen. Nachfolgend werden diese Vorschläge auszugsweise zusammengefasst:
- Anwendungsbeschränkungen
Wenn die notwendigen umwelttechnischen Qualitätsanforderungen erreicht werden und das Abfallende durch ein Gutachten oder die Meldung durch eine/n Gutachter/in bestätigt wird, sollte es möglichst wenige Einschränkungen bei der gesetzeskonformen Verwendung geben. Aufzeichnungspflichten sollten nach einem Erreichen des Abfallendes minimiert werden.
- Meldepflichten
Wenn das rechtliche Abfallende eines Bodenaushubs feststeht, sollte keine weitere Meldung über den Übernehmer des Materials notwendig sein.
- Sieblinie als Mindestmaß einer bautechnischen Eignung
Bei der Verwertung nichtbindiger Böden wird der Nachweis einer Sieblinie – in Abhängigkeit von der geplanten Verwertung – als hilfreich angesehen, weil er eine aussagekräftige Information über die Einsatzmöglichkeit gibt. Die Sieblinie muss aber kein zwingendes Kriterium für die Erreichung des Abfallendes sein.
- Verwertungsgebot
Verwertungsmaßnahmen ergeben sich meist automatisch durch bestehende technische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Somit wäre gegebenenfalls ein Verwertungsgebot bei technischer und wirtschaftlicher Sinnhaftigkeit vertretbar. Demgegenüber ist jegliche Form eines „Andienungszwangs“ im Sinne des Abfallrechts abzulehnen.
Resümee
Ein niederschwelliges Abfallende bei Bodenaushub kann wesentlich zur Erreichung der Ziele der österreichischen Kreislaufwirtschaftsstrategie beitragen. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft sollte die geplante Abfallende-Verordnung möglichst unbürokratisch und schlank gestaltet werden, damit diese in der Baupraxis auch tatsächlich angenommen wird.
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