Tischlerbranche zwischen Stabilisierung und Unsicherheit
Bei einem Pressegespräch der WKÖ-Bundessparte Gewerbe und Handwerk im Oktober wurde ein erstes konjunkturelles Aufatmen spürbar. Auch für das Tischlergewerbe zeigen sich erste Anzeichen einer Stabilisierung – insbesondere beim Stimmungsbild. Doch die Auftragseingänge bleiben heterogen, die Erwartungen für das vierte Quartal verhalten optimistisch.
Die Wirtschaftskammer Österreich lud im Oktober 2025 zum Konjunktur-Pressegespräch der Bundessparte Gewerbe und Handwerk. Im Zentrum standen die aktuellen Zahlen aus dem Gewerbe- und Handwerksbereich – insbesondere der investitionsgüternahen Branchen wie Bau, Metall, SHK und eben auch dem Tischlerhandwerk. Für diese Berufsgruppen präsentierte die KMU Forschung Austria wieder detaillierte Analysen.
Manfred Denk, Obmann der Bundessparte, stellte klar: Die Talsohle dürfte durchschritten sein, aber der Weg zurück zu stabilem Wachstum bleibe mühsam. Sein Resümee: „Die Richtung stimmt – aber die Erholung zieht sich wie ein Strudelteig.“ Ein Bild, das den zähen Fortschritt beschreibt, den viele Betriebe im Alltag erleben.
Auftragseingänge nicht mehr im freien Fall
Im ersten Halbjahr 2025 meldete das Tischlergewerbe nominell –0,1 Prozent bei den Auftragseingängen – ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem Vorjahreswert von –5,8 Prozent. Inflationsbereinigt ergibt sich jedoch ein reales Minus von 2,9 Prozent. Die Auftragsentwicklung bleibt damit uneinheitlich.
Die Aufschlüsselung zeigt: 28 Prozent der Betriebe konnten Zuwächse von durchschnittlich +16,8 Prozent erzielen. 42 Prozent blieben stabil. 30 Prozent verzeichneten Rückgänge, teils von mehr als 20 Prozent. Inhaltlich fiel die Lage insbesondere im zweiten Quartal im Bereich Bautischlerei schwach aus: Drei Viertel der Betriebe berichteten von gleichbleibender Auftragslage, aber nur jeder zehnte von einem Anstieg. Auch im Gastronomiebereich – traditionell ein wichtiger Markt für das Tischlerhandwerk – meldeten 48 Prozent der Unternehmen Rückgänge. Die Rückmeldungen spiegeln die anhaltende Verunsicherung im Bau- und Objektbereich wider.
Christina Enichlmair, Projektleiterin der KMU Forschung Austria, kommentierte: „Die Lage bleibt differenziert. Aber wir sehen, dass sich der freie Fall der letzten beiden Jahre verlangsamt hat – das ist ein erster Schritt.“
Die Stimmung dreht sich ins Positive
Deutlich erfreulicher als die harten Zahlen war die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage im dritten Quartal 2025: 38 Prozent der Tischlereien stuften sie als „gut“ ein. 47 Prozent beurteilten sie als „saisonüblich“. Nur 15 Prozent bezeichneten sie als „schlecht“. Der resultierende Saldo von +23 Prozentpunkten bedeutet eine markante Stimmungsaufhellung – und liegt sowohl über dem Vorquartal (+4 Punkte) als auch über dem Branchendurchschnitt im Gewerbe und Handwerk. Damit signalisiert die Branche nicht nur Stabilität, sondern auch verhaltenen Optimismus.
Auftragslage und Auslastung

Die durchschnittliche Auftragsreichweite liegt aktuell bei 11 Wochen – ein Rückgang von 1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert. Das ist kein dramatischer Einbruch, zeigt aber, dass es nach wie vor keine nachhaltige Wachstumsdynamik gibt.
Rund 84 Prozent der Aufträge stammen aus dem privaten und gewerblichen Bereich, 11 Prozent werden indirekt über Generalunternehmen oder Bauträger abgewickelt, nur 5 Prozent erfolgen durch direkte öffentliche Vergaben. Öffentliche Impulse bleiben damit nach wie vor marginal.
Manfred Denk kritisierte in diesem Zusammenhang die Förderpolitik vergangener Monate – insbesondere deren mangelnde Planbarkeit: „Stop and Go macht es unmöglich, sinnvoll zu planen.“ Er sieht vor allem in der Objekt- und Gebäudesanierung Potenzial – sofern Fördermodelle klar, langfristig und bürokratiearm gestaltet werden.
Ausblick auf das vierte Quartal
Für das laufende vierte Quartal 2025 zeigen sich die Tischlereien wieder leicht optimistisch: 18 Prozent der Betriebe erwarten steigende Auftragseingänge. 66 Prozent rechnen mit gleichbleibender Lage. 16 Prozent gehen von Rückgängen aus. Der Saldo von +2 Prozentpunkten ist zwar nur ein zarter Aufwärtstrend, aber erstmals seit über einem Jahr wieder positiv – im Vorquartal lag er bei –3 Punkten, im Vorjahresquartal sogar bei –23.
Enichlmair wies auf den psychologischen Effekt hin: „Ein positiver Erwartungswert ist nicht nur ein wirtschaftliches Signal – er kann auch Motivation und Investitionsbereitschaft zurückbringen.“
Beschäftigung stabil auf Wachstumspfad
Die Personalentwicklung bleibt auf stabilem Kurs: 19 Prozent der Betriebe planen, zusätzliche Mitarbeitende einzustellen. Nur 3 Prozent rechnen mit einem Abbau. Das ergibt einen erwarteten Nettozuwachs von 2,0 Prozent. Auch wenn dieser Wert unter dem Vorjahresniveau (+4,2 Prozent) liegt, bestätigt er, dass Fachkräfte im Tischlerhandwerk weiterhin gefragt sind – vor allem qualifizierte Kräfte im Montage- und Planungsbereich.
Manfred Denk betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Höheren Beruflichen Bildung, etwa in Form der HBQ: „Wir brauchen berufliche Perspektiven auch ohne Studium – für unsere besten Fachkräfte. Das stärkt die Betriebe und die Branche insgesamt.“
Förderpolitik und Wohnbau
Die Redaktion des Tischler Journal wollte von Manfred Denk wissen, ob vom Wohnbaupaket der Vorgängerregierung noch Impulse ausgehen. Denk antwortete zurückhaltend: „Ich sehe keine spürbaren Effekte. Aber ich denke schon, dass es hilfreich war, um die Talfahrt einzubremsen. Dafür war das Goldes wert.“
Entscheidend sei jetzt, dass Folgeprogramme langfristig angelegt und nicht wieder kurzfristig gestoppt würden. Die Branche brauche Planbarkeit – sowohl beim Wohnbau als auch bei öffentlichen und gewerblichen Sanierungen.
Tischler im Q3 2025
Auftragseingänge (H1/2025):
–0,1 Prozent nominell
–2,9 Prozent real
Geschäftslage (Q3):
Saldo: +23 Prozentpunkte
(gut: 38 %, schlecht: 15 %)
Auftragsbestand:
11 Wochen durchschnittliche Auslastung
–1,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr
Auftragsherkunft:
84 % privat/gewerblich
11 % über GU / Bauträger
5 % direkt öffentlich
Kapazitäten:
31 % der Betriebe können sofort zusätzliche Aufträge übernehmen
Ausblick Q4 (Auftragseingänge):
Saldo: +2 Prozentpunkte
(18 % optimistisch, 16 % pessimistisch)
Personalplanung Q4:
+2,0 % geplanter Nettoanstieg




