Herz Stiftung

Ein neuer Impuls für Verantwortung

12.06.2025

Der Wiener Gebäudetechnik Hersteller Herz wird in eine gemeinnützige Stiftung umgewandelt. Herz-CEO Gerhard Glinterer erläutert im Interview mit dem unternehmenseigenen Magazin Herz News warum.

Sie übertragen ein international erfolgreiches Unternehmen mit zahlreichen Gesellschaften, dessen Eigentümer Sie seit 36 Jahren sind, in eine gemeinnützige Stiftung. Warum?
Gerhard Glinzerer: Um die Frage beantworten zu können, muss ich etwas weiter ausholen und in die Vergangenheit zurück. Im Jahr 1989, dem Jahr meiner Übernahme von Herz, war die Firma ein international irrelevanter Armaturenhersteller mit bescheidenem wirtschaftlichem Erfolg.  Die Produktion fand an einem veralteten Standort in Wien statt, ergänzt durch ein Montagewerk in der Steiermark und eine kleine Vertriebsgesellschaft in Deutschland. Die damaligen Eigentümer hatten beschlossen, das Unternehmen zu verkaufen.

Damals am Abgrund

Sie haben in jungen Jahren ein Unternehmen übernommen, das damals wirtschaftlich am Abgrund stand – waren Sie immer schon risikofreudig?
Möglicherweise ist man in jungen Jahren risikofreudiger, vor allem wenn man wenig zu verlieren hat. Im Übrigen wäre unter heutigen Umständen eine derartige Transaktion vollkommen ausgeschlossen, da die Anteile an der Gesellschaft die einzige Sicherheit für die kreditgewährende Bank waren und im Falle einer negativen wirtschaftlichen Entwicklung es wohl zu einem Kreditausfall gekommen wäre.

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Herz-CEO Gerhard Glinterer. Copyright: Herz Gruppe
Herz-CEO Gerhard Glinterer.
Copyright: Herz Gruppe

Wie war damals die Marktreaktion auf das Unternehmen? Gab es auch andere Interessenten?
Wie sich später herausstellte, hatten sich Mitbewerber sehr wohl für Herz interessiert, wollten aber für den maroden österreichischen Armaturenhersteller kein Geld ausgeben und kolportiert wurde die Aussage „Für HERZ brauchen wir keine Sterbehilfe zu leisten, das Problem erledigt sich von selbst.“ Wahrscheinlich hätten sie Recht gehabt, aber sie hatten nicht mit dem Sowjetführer Gorbatschow gerechnet.

Welchen Einfluss hatte Gorbatschow auf Herz?
Die Auflösung des Sowjetimperiums und die Freiheit für die osteuropäischen Satellitenstaaten ermöglichten ein rasches Wachstum, vor allem in Osteuropa, Russland und Zentralasien. Über die Jahre entstand so ein Firmenkonglomerat mit mehr als 3.000 Mitarbeitern, zahlreichen Produktionsstätten und Vertriebsgesellschaften mit weltweiten Aktivitäten.

Der Zerfall des Eisernen Vorhangs brachte Herz also zum Expandieren?
Herz hat mit 1989 konsequent den Pfad des Wachstums beschritten. Wachstum war normal und Expansion aus wirtschaftlichen Gründen notwendig, genauso wie die internationalen Aktivitäten. Natürlich hat man nicht wie wild alles gekauft, was zu haben war, sondern die Vorgabe war eine Produktpalette aufzubauen. Ausgangspunkt war die Armaturenproduktion in Wien, es folgte der Bereich Wärmepumpen und Biomasseanlagen sowie schließlich die Übernahme der Hirsch Servo mit Dämmstoffprodukten und dem zugehörigen Maschinenbau in Glanegg.

Welche Chancen sehen Sie für die breit aufgestellte Herz Gruppe in der Stiftung?
Chancen zu realisieren ist im Wesentlichen die Aufgabe der operativen Gesellschaften in der Herz Gruppe. Die Stiftung verschafft Stabilität und Sicherheit, die die Gesellschaften für ihre Aktivitäten brauchen. Maßgeblich für die Entscheidung einer gemeinnützigen Stiftung war die Absicht, die drei genannten Bereiche als Einheit zu erhalten und damit eine gegenseitige Unterstützung zu gewährleisten. Vor allem können sich die Kollegen auf ihre Aufgaben konzentrieren und auf sonst übliche Spielchen, wie es sie in Konzernen gibt, verzichten.

Das Stiftungsmodell trägt also dazu bei, den Zusammenhalt aller Gesellschaften für die Zukunft zu sichern. Ist die Stiftung auch ein Schritt Ihrerseits, Herz als verlässlichen und stabilen Partner für alle Beteiligten langfristig aufzustellen?
Nun, nach Jahrzehnten unternehmerischer Aktivität stellte sich die Frage, wie es mit der Herz Gruppe weitergehen soll. Aus der Familie gab es keine Nachfolgeoption, ein Verkauf des Ganzen oder in Teilen wäre natürlich möglich gewesen, auch chinesisches Interesse gab es, doch abgesehen von der Tatsache, dass man Geld nicht essen kann, erschien mir diese Variante als nicht adäquat.  Zahlreiche Mitarbeiter hatten am Erfolg mitgewirkt und ich fühlte mich ihnen auch verbunden. Das übliche “Köpfe rollen” nach Firmenübernahmen wollte ich vermeiden und so kam die Idee einer gemeinnützigen Stiftung ins Spiel und wurde umgesetzt.

Welche Rolle nehmen Sie innerhalb der Herz-Stiftung ein?
Die Herz-Stiftung hat einen Vorstand, bestehend aus vier Personen. Im Vorstand führe ich den Vorsitz. Die Stiftung hält die Beteiligung an der Herz Industries GmbH, der Holding Gesellschaft der Gruppe, ist aber nicht operativ tätig.

Also bleibt alles wie gehabt oder bringt die Stiftung auch ein bisschen mehr Luft zum Atmen?
Neue Freiheit in Form von Freizeit erwarte ich nicht unmittelbar, aber es gibt Hoffnung. Ganz nach dem Motto: Dum spiro, spero – Solange ich atme, hoffe ich.

Das bedeutet für Kunden, Partner und Mitarbeiter wird es keine spürbaren Veränderungen durch die Stiftung geben?
Da die Stiftung Eigentürmer der Herz Gruppe ist und keine operative Tätigkeit ausübt, wird sich für Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten keine relevante Änderung ergeben. Wichtig und im Vordergrund ist die Klarheit hinsichtlich der Weiterführung des Unternehmens. Die Anteile an der Firmengruppe sind an die Stiftung übertragen, damit ist jegliche Spekulation hinsichtlich des Verkaufs oder der Aufspaltung der Gruppe der Boden entzogen.

Die Herz-Stiftung ist gemeinnützig und nicht gewinnorientiert. Welche konkreten gesellschaftlichen Ziele verfolgt sie?
Erträge, die der Stiftung zufließen, müssen satzungsgemäß verwendet werden. Zentral für die Aufgaben der Stiftung ist die Förderung des Nachwuchses im Bereich Gebäudetechnik, also die Unterstützung von Berufsschulen, HTLs, Fachhochschulen und vieles mehr. Die Überlegung dahinter ist klar: Gewinne aus den Aktivitäten der Firmengruppe fließen in die Branche zurück, an Lehrlinge, Schüler, Studenten und all jene, die in unserer Branche arbeiten, Ausbildung erfahren oder sich weiterbilden wollen. Es ist auch vorgesehen Wettbewerbe ins Leben zu rufen und dem Nachwuchs die Möglichkeit zu geben, sich mit der Kollegenschaft zu messen.

Was war die größte Herausforderung bei der Übertragung der Herz Gruppe in eine gemeinnützige Stiftung?
Die Errichtung der gemeinnützigen Stiftung ist durchaus mit bürokratischen Hindernissen versehen. Drei unterschiedliche Behörden waren involviert und haben maßgeblich dazu beigetragen, dass die Errichtung der Stiftung ein mehrjähriger Prozess war.

Hatten Sie je Bedenken bei diesem Schritt?
Mit der Wirtschaftsprüferin und mit Anwälten haben wir über längere Zeit diskutiert, in wie weit eine Stiftung das von mir gewünschte Ergebnis realisieren kann. Wir sind zu einer positiven Entscheidung gekommen und ich bin davon überzeugt, dass für diese Gruppengröße diese Lösung die bestmögliche ist. Abgesehen davon bin ich weiter im Unternehmen tätig und freue mich über jeden, der oder die bereit ist im Unternehmen in führender Position zu agieren und nicht 4-Tage-Woche und Home-Office wie ein Mantra vor sich trägt.

Wenn Sie heute auf Ihre Reise als Eigentümer und Geschäftsführer zurückblicken: Würden Sie etwas anders machen oder alles beim Gleichen lassen?
Rückblickend betrachtet sind natürlich zahlreiche Fehler begangen worden, aber es heißt doch: Nur wer nichts macht, macht nichts falsch. Letztlich waren Entscheidungen überwiegend richtig und mit viel Arbeit, Engagement und Glück ist uns allen im Unternehmen gelungen, eine respektable und erfolgreiche Industriegruppe aufzubauen.