Werkstatt & Praxis

Schweißen mit dem Cobot

Teilautomatisierung
17.04.2023

 
Die neue Schweißfachkraft der Jorado Maschinenbau GmbH hat einen Arm mit vielen Gelenken und großem Aktionsradius. Bereits nach einem Tag war "Kollege Cobot" angelernt.
Cobot im Einsatz
Die Lüneburger Jorado Maschinenbau GmbH schweißt mit dem neuesten Lorch Cobot.

Jürgen Tippe, Betriebsleiter bei der Jorado Maschinenbau GmbH in Lüneburg/D, kommt ins Schwärmen, wenn es um den neuen Cobot-Arbeitsplatz geht: "Vor zwei Monaten haben wir ihn aufgestellt und konnten bereits nach einem Tag mit dem Schweißen loslegen."

Der neue "Schweißer" wurde auch dringend gebraucht. Die Auftragsbücher des Familienunternehmens sind prall gefüllt. 1961 gegründet, hat sich der Lüneburger Komplettdienstleister mit den Kernkompetenzen Drehen, Fräsen Schweißen und Baugruppenmontage einen exzellenten Ruf erworben. Präzision, Innovation und Flexibilität sind die drei Säulen des mittelständischen Unternehmens, bei dem heute mehr als 85 Beschäftigte mitarbeiten. Ein moderner Maschinenpark – im Bereich der Metallbearbeitung wird ausschließlich mit CNC-Maschinen gearbeitet – gehört ebenso zur Unternehmensphilosophie wie die umfassende Ausbildung von Nachwuchskräften.

Jürgen Tippe
Jürgen Tippe

"Vor über zwei Jahren haben wir uns schon mit dem Thema Cobot beschäftigt", blickt Tippe zurück. Man beobachtete den Markt sehr aufmerksam und testete verschiedene Lösungen. Der Schweißtechnik-Anbieter Lorch habe schließlich mit einem Gesamtpaket aus exzellenter Stromquelle, intuitiver Software und leistungsstarkem Cobot überzeugt. Jürgen Tippe: "Die Komponenten sind bestens aufeinander abgestimmt und einige Zusatzfeatures wie beispielsweise Smart Copy, mit dem wir bei gleicher Qualität deutlich mehr schaffen, sind auch dabei."

Bauteile-Bibliothek entsteht quasi "nebenbei"

Geschweißtes Bauteil

Die Cobot-Lösung komme bei Aufträgen ab einer Stückzahl von fünf zum Zug. Generell laute bei Jorado die Faustformel: Liegt die Programmierzeit unter der Schweißzeit, wird in jedem Fall mit dem Cobot gearbeitet. So baut man sich derzeit – neben dem Abarbeiten der Aufträge – eine Bauteile-Bibliothek auf. Jürgen Tippe: "Der Vorteil des Cobots liegt in seiner immerwährenden Präzision. Ist ein Auftrag einmal programmiert, kann man ihn beim nächsten Mal sofort wieder abrufen. Und bei höheren Losgrößen schweißt er auch beim 50. Bauteil noch genauso präzise wie beim ersten."

Sinnvolle Kompetenzverteilung

Das Schaffen von neuen Fertigungskapazitäten und die Entlastung der Mitarbeiter sind die beiden Kernthemen für den Einsatz des Cobots. "Beim heutigen Fachkräftemangel macht es keinen Sinn, einen guten Schweißer  immer wieder das gleiche Bauteil schweißen zu lassen. Diese eintönigen und ermüdenden Aufgaben kann jetzt getrost der Cobot übernehmen." Die Unterstützung der Schweißer und der sinnvolle Einsatz ihrer Kompetenz stehen bei Jürgen Tippe an oberster Stelle: "Mithilfe des Cobots kann jetzt nicht nur die körperliche Belastung unserer Mitarbeiter weitestgehend minimiert werden. Den Schweißern bleibt jetzt auch mehr Zeit um ihr Know-how genau da einzusetzen, wo es wirklich gebraucht wird."

Software erleichtert die Bedienung

Nils Tippe
Nils Tippe

"Die Programmierung des Cobots ist wirklich einfach", ergänzt Sohn Nils Tippe, Schweißfachmann und Metallbaumeister bei Jorado. Möglich ist die einfache Bedienung der Cobotronic Software durch eine intuitive Menüführung, über die die wichtigsten Parameter abgefragt bzw. eingegeben werden. Zudem stehen dem Anwender drei verschiedene Bedienarten zur Auswahl. Übernimmt im Jobmodus der Cobot automatisch die Parametrisierung der Stromquelle, hat der Profi im Individualmodus vollen Zugriff auf Parameter und Kennlinien. Mit dem Assistenzmodus liefert die Software je nach gewählter Anwendung Parametervorschläge für optimale Schweißergebnisse, auf die der Schweißer zurückgreifen kann.

Mensch und Cobot
"Teaching" eines Cobots

Zusätzlich in die Software integrierte Programmfeatures machen das Schweißen mit dem Cobot noch leichter und schneller: "Die Funktion Smart Copy ist extrem hilfreich. Damit können wir programmierte Schweißabläufe auf baugleiche Bauteile im Arbeitsbereich übertragen und steigern so die Schweißperformance nochmals deutlich", betont Nils Tippe. Auch habe sich die Zusatzfunktion "Quick-Points" am Multifunktionsflansch bei Jorado gut bewährt, bei dem per Knopfdruck Wegpunkte und Schweißbefehle direkt übernommen und so Bauteile in kurzer Zeit angelernt (geteacht) werden können: "Für einfache Bauteile mit kurzem Programmieraufwand ist das eine sehr gute Sache."

Viele Schweißprozesse verfügbar

"Das Plus der Lorch-Lösung liegt zudem in der großen Anzahl an Lichtbögen, die die Stromquelle bietet und jeder einzelne hat da auch seine Daseinsberechtigung", erklärt Nils Tippe. Dank der FullProcess Ausführung der S-Serie können neben den Standardprozessen auch weitere Schweißprozesse wie SpeedPulse XT, TwinPulse XT oder SpeedUp eingesetzt werden, die je nach Anwendung Geschwindigkeit, Qualität und Nahtoptik nochmals erheblich erhöhen. "Viele Bauteile schweißen wir beispielsweise mit SpeedPulse XT. Damit erreichen wir eine hohe Einbrandtiefe und können gleichzeitig das Maximum an Geschwindigkeit rausholen", zeigt sich der Jorado-Betriebsleiter beeindruckt.

Beim Cobot UR10e, dem neuesten Modell von Universal Robots, mache sich die schnellere Bewegungsgeschwindigkeit und der längere Cobot-Arm mit einem Arbeitsradius von 1.300 Millimetern besonders positiv bemerkbar. Um mehrere Teile parallel aufspannen zu können, habe man sich vom Start weg für einen größeren Arbeitstisch mit 2,5 Meter Länge entschieden. Und mit der praktischen Smart Copy Funktion könne man die Programmierung gleich für mehrere aufgespannte Bauteile vornehmen und in Serie schweißen. Nicht wegzudenken ist für Jürgen Tippe der neue Multifunktionsflansch, der eine frühere Bedienung per Fußtaste ersetzt. "Den würde ich immer nachrüsten." Der Flansch ist direkt am Cobot-Kopf angeschlossen und über drei frei belegbare Tasten können Funktionen wie das Teachen oder Heften von Bauteilen oder der Drahtvor- bzw. Drahtrückzug unmittelbar an der Schweißaufgabe ausgeführt werden. Zudem ermöglicht sein ergonomisch geformter Griff ein entspanntes Positionieren des Cobots im Freedrive.

"Der Cobot hat unsere Erwartungen in jedem Fall übertroffen, das Fazit können wir bereits nach zwei Monaten ziehen. Das perfekte Zusammenspiel von Cobot, Stromquelle und Software hat für uns wichtige neue Kapazitäten geschaffen. Außerdem entlastet die neue Anlage unsere Schweißer, die sich jetzt viel mehr auf ihre Kernkompetenz konzentrieren können. Aber nicht nur das. Auch für junge Menschen, die gerne programmieren und mit EDV umgehen, macht der Umgang mit dem Cobot das Schweißen nochmals attraktiver", bilanzieren Jürgen und Nils Tippe unisono. [gr]

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