Aktuelles zum Ausschluss von schwarzen Schafen

Rechtstipp
14.01.2021

Rechtstipp. Allmählich verdichtet sich die Judikatur zu diesem neuen Ausschlussgrund des Bundesvergabegesetzes 2018 (BVergG).

Demnach ist ein Unternehmer vom Vergabeverfahren auszuschließen, wenn bei ­Erfüllung einer „wesentlichen Anforderung“ eines vergangenen Auftrags „erhebliche oder dauerhafte Mängel“ vorlagen, die die vorzeitige Vertragsbeendigung, Schadenersatz oder „andere vergleichbare Sanktionen“ nach sich gezogen haben.

Der Ausschluss droht für einen Zeitraum von drei Jahren „ab dem betreffenden Ereignis“ (wobei immer noch nicht ganz geklärt ist, wann diese drei Jahre beginnen).

Eine Entscheidung des Landesverwaltungs­gerichts Steiermark (9. 3. 2020, LVwG 443.8-2976/2019-43) hatte einen solchen Schwarze-­Schafe-Fall zu entscheiden. Der Zeitraum war zwar kein Thema, weil der Zuschlag zum fraglichen ­vergangenen Auftrag erst 2018 erfolgte, aber es w­­urden doch einige andere relevante Fragen beleuchtet.

Die Qualität der Mängel

Beim gegenständlichen „Altauftrag“ war der Unternehmer Partner einer Arge. Es traten Mängel hervor, die zumindest zum Teil zur Ersatzvornahme führten, also dazu, dass der Auftraggeber die Mängel durch einen anderen Unternehmer beseitigen ließ. Außerdem wurde eine Pönale in Höhe von rund zehn Prozent des Schlussrechnungsbetrags in Abzug gebracht. Überdies wurden Mängel in Form von Preisminderungen in Abzug gebracht. Der Vertrag wurde aber nicht vorzeitig beendet.

Dass dieser Auftrag von einem anderen Auftraggeber erteilt wurde als von jenem, dessen Vergabeverfahren nun gegenständlich war, half dem Unternehmer nichts. Nach dem Ausschlussgrund des BVergG 2018 sind alle vergangenen Aufträge zu berücksichtigen, egal wer Auftraggeber war (der Auftraggeber muss auch nicht dem BVergG 2018 unterlegen sein).

Das LVwG Steiermark hat den Ausschlussgrund inhaltlich als erfüllt angesehen. Das ist insoweit nachvollziehbar, als man beim vorliegenden Ausmaß der Sanktionen (insbesondere Pönale von 10 % des Auftragswerts) vertreten kann, dass es sich um „wesentliche Anforderungen“ und „erhebliche“ Mängel
handelte.

Ob das auch Sanktionen waren, die mit einer vorzeitigen Vertragsbeendigung „vergleichbar“ sind, ist nach wie vor schwer zu beantworten. Das LVwG Steiermark hat richtig darauf hingewiesen, dass die Begriffe europarechtlich auszulegen sind und nicht nach österreichischem zivilrechtlichem Verständnis. Daher kann aber nicht jeglicher Schadenersatz­anspruch des Auftraggebers eine der vorzeitigen Vertragsbeendigung „vergleichbare Sanktion“ sein, denn: Fast jeder noch so kleine Mangel bei Bauleistungen zieht auch einen Schadenersatzanspruch nach sich. Auch kann nicht jede Ersatzvornahme bereits eine „vergleichbare Sanktion“ sein, ebenso nicht jede Pönale. Wo die Grenze wirklich zu ziehen ist, wird erst künftige ­Judikatur des Europäischen Gerichtshofs zeigen.

Selbstreinigung?

Im Sinne der aktuellen europarechtlichen ­Judikatur ist das LVwG Steiermark davon ausgegangen, dass auch für diesen Ausschlussgrund die „Selbst­reinigung“ offensteht, also der Nachweis durch den Unternehmer, dass er trotz Vorliegens ­eines Ausschlussgrunds aufgrund entsprechender ­Compliance-Maßnahmen doch zuverlässig ist.

Aber auch das half hier nicht. Offenbar hatte der Unternehmer im Wesentlichen behauptet, dass sein damaliger Arge-Partner schuld an den Mängeln gewesen sei.

Aus den Anforderungen des BVergG 2018 an die angesprochenen Compliance-Maßnahmen ergibt sich, dass es im Wesentlichen um Folgendes geht: Die Selbstreinigung muss zeigen, dass sich der Unternehmer mit der Situation detailliert auseinandergesetzt hat und Maßnahmen gesetzt hat, um solche Vorfälle künftig möglichst zu vermeiden. Er muss zwar nicht beweisen, dass das nie wieder passieren kann (ein solcher Beweis wäre kaum möglich), aber schon, dass die Maßnahmen zumindest wirksam sein können.

Dem Unternehmer wurde in dieser Hinsicht ein „erhebliches Organisationsverschulden“ angelastet. Er hätte also Maßnahmen ergreifen müssen, wie bei künftigen Arbeitsgemeinschaften das Risiko, dass der Arge-Partner dessen Leistungen (grob) mangelhaft erbringt, zumindest reduziert werden kann.

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