Ausschwenken eines Krans – Was ist dabei zu beachten?

Recht
14.05.2019

Das Ausschwenken eines Krans über ein Nachbargrundstück stellt eine vorübergehende ­Benutzung desselben dar. Es bedarf daher grundsätzlich der Zustimmung des Nachbarn oder einer gesetzlichen Duldungspflicht. Ansonsten ist das Ausschwenken rechtlich nicht gedeckt.

Durch das Ausschwenken eines Krans über fremdem Grund können Nachbarrechte verletzt werden, da dies eine vorüber­gehende Benutzung des Nachbargrundstücks darstellt. Für das Eindringen in den nachbarlichen Luftraum ist daher eine Zustimmung des betroffenen Nachbarn (zivilrechtliche Einigung) oder ein Duldungsbescheid erforderlich. Es empfiehlt sich daher, zunächst mit dem Nachbarn Einvernehmen darüber zu erzielen (zivilrechtliche Einigung). Für den Fall, dass keine Einigung erzielt werden kann, ist der Verwaltungsrechtsweg (Duldungs­verpflichtung) zu beschreiten.

Schritt 1: Zivilrechtliche Benutzungsvereinbarung

Da auch der Luftraum der Herrschaft des Grundeigentümers untersteht (§ 297 ABGB), kann sich dieser gegen die unberechtigte Benutzung seines Luftraums mit einer Besitzstörungs- und Eigentumsfreiheitsklage, die auf die Unterlassung der Benutzung des Nachbargrunds bzw Nachbarluftraums und die Wiederherstellung des störungsfreien Zustandes gerichtet ist, zur Wehr setzen.

Das Überschwenken der Nachbarliegenschaft mit einem Baukran stellt ein Eindringen grobkörperlicher Stoffe dar, daher stehen dem Nachbarn zivilrechtliche Abwehrrechte gemäß § 364 ABGB zu. Es ist daher zu empfehlen, eine zivilrechtliche Einigung mit dem Nachbarn anzustreben (Duldungs- und Benützungsvereinbarung). Im Fall des Scheiterns besteht nur noch die Möglichkeit, das verwaltungsrechtliche Verfahren zu beschreiten.

Schritt 2: Erlassung eines Duldungsbescheids

Sollte keine zivilrechtliche Einigung mit dem betroffenen Nachbarn erzielt werden können, ist das Duldungsverfahren unverzüglich einzuleiten. Die Duldung zur vorübergehenden Benutzung fremder Grundstücke ist in jedem der neun Bundesländer anders geregelt (Wien: § 126 Bauordnung; Niederösterreich: §§ 7,8 Bauordnung; Oberösterreich: § 15 Bauordnung; Burgenland: § 12 Baugesetz; Salzburg: §§ 6, 14 Baupolizeigesetz; Steiermark: § 36 Baugesetz; Kärnten: §§ 48, 49 Bauordnung; Tirol: § 43 Bauordnung; Vorarlberg: § 14 Baugesetz). Gemeinsamkeit besteht darin, dass bei einer unvermeid­baren ­Benutzung der Nachbarliegenschaft – im Zuge eines Bauvorhabens – eine gesetzliche Duldungspflicht des Nachbarn besteht.

Beispiel Wien

Gemäß § 126 Abs 1 der Wiener Bauordnung sind die Eigentümer der Nachbarliegenschaften verpflichtet, die anlässlich einer Bauführung oder Instandsetzung notwendigen, ohne Benützung des Nachbargrundes oder des darüber befindlichen Luftraumes nicht möglichen oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand mög­lichen Arbeiten einschließlich der nötigen Sicherungsmaßnahmen, wie etwa Pölzungen und Unterfangungen, gegen Ersatz des erlittenen Schadens auf ihrer Liegenschaft zu gestatten. Über die Höhe des ­erlittenen Schadens entscheiden im Streitfalle die ordentlichen Gerichte.

Beim Duldungsverfahren erfolgt durch die Baubehörde eine Wirtschaftlichkeits- und Verhältnismäßigkeitsprüfung. Das Ausschwenken des Baukrans über ein fremdes Grundstück muss dabei notwendig, erforderlich und temporär sein; ohne Benutzung des Nachbargrundstücks muss die Bauführung entweder gar nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich sein. Laut VwGH sind dabei Ausschwenkungen nur mit dem Auslegearm des Kranes, also ohne die zu transportierenden Lasten jedenfalls zulässig.

Fazit

Primär sollte eine zivilrechtliche Vereinbarung über die ­Kran­nutzung mit dem Nachbarn getroffen werden; dabei kann auch eine Ablösezahlung für das Nichtausüben der Nachbarrechte vereinbart werden. Sollte keine zivilrechtliche Einigung erzielt werden, ist umgehend das öffentlich-rechtliche Duldungsverfahren einzuleiten. Ansonsten kann es zu empfindlichen Verzögerungen des Bauvorhabens kommen, was in den meisten Fällen mit erheb­lichen Mehrkosten verbunden ist.

Branchen
Bau