Interview

Heizungstausch: Die zentralen Gründe

Florian Kuster vom Familienbetrieb Kuster Gebäudetechnik in Schruns in Vorarlberg spricht mit der GEBÄUDE INSTALLATION über die häufigsten Gründe für einen Heizungstausch, das starke Argument Förderung und warum es einfacher ist, CO2-neutral zu heizen als „verbrennungsfrei“ Auto zu fahren.
HSH Installateur Kuster

Sie leiten gemeinsam mit Ihrem Bruder den Familienbetrieb in Schruns. Wie teilen Sie sich die Agenden im Betrieb?

Florian Kuster: Mein Großvater hat den Betrieb 1918 – damals als Spenglerei – gegründet, und wir sind stolz auf unsere über 100-jährige Firmentradition. Heute haben wir 15 Mitarbeiter, die Geschäftsführung teile ich mir mit meinem Bruder. Harald hat die Agenden Bauleitung, Personal und Planung über, ich kümmere mich um die Projektierung, die Heizungssanierung und die Planung. Grundsätzlich sind wir beide Allrounder und immer auch gerne beim Kunden vor Ort im Einsatz. Den Familienbetrieb verstärken Haralds Frau Sandra im kaufmännischen Bereich und sein Sohn Luca, der kurz vor der Gesellenprüfung steht. Es mangelt uns also zum Glück nicht am Nachwuchs. 

Wo liegen die Schwerpunkte des Betriebs? Wer sind Ihre Kunden?

Wir decken die ganze Bandbreite der Haustechnik ab. Unsere Kunden kommen aus dem Tourismus und der Industrie, wir sind im Objektbereich ebenso aktiv wie im Privatkundensektor, jeweils im Neubau und in der Sanierung. Die Menschen, die zu uns kommen, schauen nicht auf den billigsten Preis, sie sind primär auf der Suche nach guter Betreuung – vor, während und nach der Projektumsetzung. Bei uns kommt auch der Chef selber – das haben wir uns auf die Fahnen geschrieben.

Sie sind seit 2015 Mitglied der Marketinggemeinschaft HSH Installatör, die für erneuerbare Energien steht. Wie kam es dazu, und wie funk­tioniert die Zusammenarbeit?

Ich muss zugeben, dass wir auf die erste Anfrage verhalten reagiert haben. Wir waren eher skeptisch, was den Nutzen betrifft. Diese Zweifel waren aber schnell ausgeräumt. Die Schwerpunkte auf erneuerbare Energien und Heizungseffizienz haben uns ebenso überzeugt wie der Fokus auf Schulungen und das umfangreiche Netzwerk. Im Marketing konnten wir viele Dinge, für die uns davor die Zeit und die Mittel fehlten, rasch umsetzen. Dazu gehört zum Beispiel die regelmäßige Herausgabe eines Energiespar-Journals für unsere Kunden. 

Vor allem in der Biomasse ist in einem waldreichen Land wie Österreich das Potenzial in Sachen umweltfreundlicher Heizung noch lange nicht ausgeschöpft.

Florian Kuster

Eine Frage, die man mittlerweile einfach stellen muss: Wie ging und geht es Ihnen in der Corona-Krise?

Jetzt, nach quasi einem einjährigen „Lockdown-Jubiläum“, blicken wir positiv zurück – und auch voraus: Im März 2020 war der Schrecken überall groß. Anfangs waren auch wir verunsichert, zum Zuhause­bleiben hatten wir aber definitiv keine Zeit – wir sind seit damals permanent am Wuseln. Wir haben und hatten immer viel Arbeit, ein Rückgang war zum Glück nie zu spüren, und einige schöne Projekte sind schon wieder auf Schiene.

Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für diese positive Entwicklung?

Dafür sind mehrere Gründe verantwortlich: Es gab im Bau und im Baunebengewerbe keine drastischen Regelungen wie zum Beispiel im Gastgewerbe, abgesehen von den diversen Sicherheitsvorgaben. Die Baustellen haben sich immer weiter gedreht. Auf der anderen Seite haben die Menschen Zeit zu überlegen, was es in ihrem Zuhause zu verbessern gibt. Zudem sind die Zinsen niedrig, und man spürt eine gewisse Unsicherheit, wie es nach der Krise mit dem Erspartem auf dem Bankkonto weitergeht. Das heißt, es wird lieber saniert und investiert als gespart.

Apropos Sanierung: Wer hat hier die Nase vorn – die Bad- oder die Heizungssanierung?

Die Nachfrage nach Badsanierungen war schon vor der Krise sehr stark und ist es nach wie vor. Ebenso bei der Heizung, hier merken wir allerdings einen zusätzlichen Schub. Einerseits bedingt durch die bereits genannten Gründe wie das Nachdenken über ein Upgrade. Auch wird über das ab 2025 geplante Ölheizungsverbot von Altanlagen sehr viel in den Medien berichtet. Dadurch festigt sich der Umweltgedanke im Zusammenhang mit der Heizung zunehmend in den Köpfen der Menschen.

Für 2021/2022 wurde die „Raus aus Öl und Gas“-Förderung neu aufgelegt. Beim Tausch einer alten auf eine neue, umweltfreundliche Heizanlage gibt es bis zu 9.000 Euro – maximal 5.000 Euro vom Bund und 4.000 vom Land – an Unterstützung. Ist diese Förderung für Sie ein gutes In­strument, um den Heizungstausch anzukurbeln?

 Ja, das Instrument ist definitiv ein gutes. Und die hohe Summe ist – auch in Relation mit den Kosten – ein sehr starkes Argument für einen Heizungstausch. Denn geht man bei Biomasse von einem durchschnittlichen Anlagenpreis von 20.000 bis 22.000 Euro aus, ist mit der Förderung schon sehr viel abgedeckt. Bei der Luft-Wasser-Wärmepumpe gibt es bei der Bundesförderung eventuell noch Abschläge in Hinblick auf das Kältemittel (GWP-Potenzial, Anm.), Landesförderung entfällt bei der Wärmequelle Luft. Da das Heizsystem aber je nach Leistung oft günstiger ist, hält sich der Endpreis abzüglich der Förderung wieder etwas die Waage.

Welche zusätzlichen Maßnahmen sollte die Politik setzen, um den Umstieg auf erneuerbare Energien voranzutreiben?

Um die Klimaziele zu erreichen, muss die Politik sicher noch eine Schaufel drauflegen. Da mit Öl zu heizen nach wie vor günstig und einfach ist, muss man wohl über eine CO2-Steuer für Öl nachdenken, um die Entwicklung in Sachen Heizung noch schneller in eine ökologische Richtung zu lenken. Diese Steuer muss der Staat dann aber auch in andere Umweltaktionen investieren, um glaubwürdig zu sein. Eine zusätzliche, interessante Variante in Sachen Raumwärme wäre eventuell auch eine Förderung synthetischer Brennstoffe (Power to Liquid). 

Welche Kriterien sind ausschlaggebend für die Systementscheidung?

Das kommt natürlich sehr auf das Gebäude und die örtlichen Gegebenheiten an und darauf, ob es sich um einen Neubau oder einen Tausch im Altbestand handelt. Mein Bruder und ich wissen durch unsere Ausbildung zum Energieberater, gepaart mit unserer langjährigen Erfahrung Bescheid, was sich bauphysikalisch abspielt. Bei älteren Gebäuden und in der Sanierung macht Biomasse aus Effizienzgründen am meisten Sinn. Auf Platz eins liegen hier wiederum Pelletskessel, oft in Kombination mit Stückholz. Die Anlagen überzeugen heute durch einen sauberen, automatischen und leisen Betrieb. Wir haben viele gute Kesselproduzenten in Österreich, der Rohstoff Holz kommt von hier, die Pellets werden hier produziert und stehen in ausreichender Menge zur Verfügung. So bleibt die Wertschöpfung im Land. Das ist für mich ein weiteres sehr starkes Argument für eine Biomasseheizung.

Und wie sieht es mit Wärmpumpen aus?

Beim Neubau liegt die Wärmepumpe voran. Bei Einfamilienhäusern kommt zumeist die Luft-Wasser-Variante zum Einsatz. Durch das mittlerweile sehr große Angebot an Luft-Wasser-Systemen ist eine solche Heizung relativ leicht und günstig zu realisieren. Aber auch die Erdwärme ist noch aktuell, im Projektbereich setzen wir z. B. gerade zwei Wohnhausanlagen mit Erdwärme-Wärmepumpen um. In der Sanierung ist die Wärmepumpe aber oft nicht die richtige Lösung, da muss schon sehr viel passen. Hier geht es um Bauphysik, um Heizflächen, um Wärmeverteilsysteme – all diese Faktoren sind verantwortlich, ob ich eine Wärmepumpe effizient und sinnvoll betreiben kann. 

Welche sind die am häufigsten gestellten Kundenfragen vor einem Heizungstausch?

Da ist das Spektrum sehr umfangreich. Es geht um Betriebs- und Nebenkosten und um Amortisa­tionszeiten der Anschaffung durch geringere Energiekosten. Das lässt sich schon gut ausrechnen, obwohl man die Energiepreise natürlich nicht voraussagen kann. Wenn ich mir die Entwicklungen der letzten Jahre ansehe, war der Pelletspreis immer stabil und unter dem Ölpreis. Weitere Fragen drehen sich um die Lebensdauer der Anlage, auch der komfortable Betrieb ist ein Riesenthema. Der ist bei Pelletsanlagen mittlerweile mit einer Ölheizung gleichzusetzen, bei Wärmepumpen sowieso. Bei Pellets bzw. Stückholz und Hackschnitzel kommen noch der Platzbedarf, die Einbringung des Kessels und die Lagermöglichkeiten für den Brennstoff hinzu. Auch die Tauglichkeit des bestehenden Kaminsystems ist zu hinterfragen. Bei Luft-Wasser-Wärmepumpen geht es um den Aufstellungsort, um Schallemissionen an den Grundstücksgrenzen und Ähnliches. Auch die Gebäudehülle und das jeweils passende Wärmeabgabesystem sollten mitberücksichtigt werden. 

Und welche Rolle spielt der Anlagenpreis in der Entscheidung? 

Natürlich spielt der Preis in der Beratung eine wichtige Rolle. Der kann aber immer nur im Zusammenhang mit dem Nutzen argumentiert werden – alles andere wäre unseriös. Ein Biomasse-Kessel ist zumeist in der Anschaffung und im Aufwand teurer als eine Wärmepumpe, bei einer Lösung mit Tiefenbohrung schaut es dann wieder anders aus. Bei den Betriebskosten und beim Output geht es klar um die Effizienz – und hier müssen wir als Experten einfach professionell und fundiert beraten. Denn obwohl die Kunden grundsätzlich gut vorinformiert sind, sind wir sehr gefordert, beim Finden der besten Lösung zu helfen.

Wie sieht es mit Energieautarkie aus? Ist diese im Privaten möglich?

In einer gewissen Weise ist eine Energieautarkie möglich. Im Bestandsgebäude bringt eine Biomasseheizung in Verbindung mit einer thermischen Solaranlage – die für mich übrigens weit unter ihrem Wert und Nutzen gehandelt wird – eine große Unabhängigkeit. Im energieeffizienten Neubau ist eine Luft-Wasser-Wärmepumpe bzw. eine Sole-Wasser-WP in Verbindung mit einer intelligent geregelten Photovoltaik-Anlage eine ideale Kombination. 

Sind die Kunden bereit, für eine ökologische Heizung mehr Geld auszugeben? Und welche Verantwortung trägt jeder Einzelne für eine nachhaltige Veränderung?

Beim Umweltgedanken geht es auch um die Relation. Die Menschen sind bereit, etwas in den Klimaschutz zu investieren, wenn die Differenzen jedoch zu groß sind, macht man das natürlich nicht. Diese halten sich bei den derzeitigen Fördermöglichkeiten allerdings in Grenzen. Ein Beispiel: Bei einer gerade installierten Anlage blieb nach Ausschöpfung der Förderung noch ein Aufpreis von 2.500 Euro im Vergleich zu einer neuen Öl-Brennwertheizung übrig – das ist für viele schon realisierbar. Im Endeffekt müssen wir alle viel „grüner im Kopf“ werden und den Schritt zur Alternative einfach wagen. Die Menschen müssen es geil finden, mit Holz zu heizen und die Sonne einzusetzen. Dieses Bewusstsein muss noch viel stärker verankert werden. 

Zusammengefasst – wohin geht für Sie die weitere Entwicklung im Heizungssektor?

Vor allem in der Biomasse ist in einem waldreichen Land wie Österreich das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft. Wärmepumpen sind ebenfalls ein gutes Instrument, um den Anteil der umweltfreundlichen Heizanlagen zu erhöhen. Allerdings müssen sie sinnvoll eingesetzt werden und dürfen nicht nur wegen der einfachen Handhabung verbaut werden. Und vielleicht spielen in der Sanierungskette auch bald synthetische Heizölprodukte eine Rolle, auch Biogas wird verstärkt zum Thema werden. Unterm Strich kann man sagen: Es ist einfacher, effizient und CO2-neutral zu heizen als verbrennungsfrei Auto zu fahren. Und diese Tatsache sollte auch die Richtung für unsere Anstrengungen vorgeben

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Haustechnik