Energie

Wärmepumpen: ungebremst starkes Wachstum

Heizung
04.04.2022

Von: Redaktion Gebäudeinstallation
Laut dem europäischen Wärmepumpenverband wurden 2021 mehr als 2.100.000 Wärmepumpen (1.900.000 Heizungswärmepumpen, 233.000 Brauchwasserwärmepumpen) verkauft, das entspricht einem Wachstum von 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Wärmepumpe

Beeindruckend auch die Performance in Österreich: Mit 38.583 Stück verkauften Wärmepumpen wurde im heimischen Inlandsmarkt 2021 wieder ein neuer Rekordabsatz erreicht. Davon entfallen 31.011 auf Heizungswärmepumpen, 7.343 auf Brauchwasserwärmepumpen sowie 173 auf Wohnraumlüftungswärmepumpen. Die Wärmepumpe ist somit das führende Heizungssystem im Neubau, mit starkem Wachstum auch in der Sanierung.

    Wärmepumpenentwicklung

    "Besonders freut mich, dass sich die Wärmepumpe nun auch in der Sanierung immer mehr durchgesetzt hat. Beim Verband schätzen wir, dass bereits 40 Prozent des Wärmepumpe-Absatzes von der Sanierung alter Heizungen kommt. Hier konnten wir durch beständige Aufklärung alte und längst überholte Mythen rund um die Sanierung mit Wärmepumpen entkräften. Moderne Wärmepumpen sind auch in Verbindung mit Heizkörpern einsetzbar und sorgen auch in dieser Kombination effizient und zuverlässig für angenehme Temperaturen", erklärt Richard Freimüller, Präsident des Verbands Wärmepumpe Austria.

      Im Aufwind: der Einsatz von Großwärmepumpen

      Wärmepumpenentwicklung

      Auch abseits des klassischen Anwendungsbereichs zeigt die Wärmepumpe, dass ihre Einsatzgebiete und Bandbreite immer größer werden. 56 Wärmepumpen wurden im Jahr 2021 im Bereich Hochtemperaturanwendung/Industrie installiert. Diese projektspezifisch gebauten Wärmepumpen können mittlerweile Wärme bis zu 160 Grad erzeugen, und erreichen damit Temperaturbereiche, die Anwendungen in verschiedensten Industrieprozessen ermöglichen.

      Weiter angetrieben durch die Notwendigkeit des Ausstiegs aus fossilen Rohstoffen und die Gaskrise im Zuge des Ukrainekrieges sehen sich immer mehr Industrie- und Gewerbebetriebe nach Alternativen zu Gas als Energiequelle um. In immer mehr Fällen kommt die Wärmepumpe als hocheffizienter Wärmeerzeuger zum Einsatz. Beispielhaft sei hier das österreichische Forschungsprojekt "DryFiciency" genannt, in Zuge dessen Wärmepumpen beim Stärkeproduzenten Agrana und beim Ziegelhersteller Wienerberger erfolgreich für Trocknungsprozesse eingesetzt werden.

      Über 37 Prozent der im Gewerbe und Industrie benötigten Energie in der EU könnten hocheffizient mittels Wärmepumpen bereitgestellt werden.

      Rahmenbedingungen korrigieren, Benachteiligungen vermeiden

      Unverständnis äußert Präsident Freimüller über Einschränkungen bei der eingeführten Förderaktion "Sauber Heizen für alle". Bei dieser Förderung werden einkommensschwache Haushalte bei einem Heizkesseltausch mit bis zu 100 Prozent gefördert. "Für mich ist es unverständlich, dass im Zuge dieser Förderaktion ausschließlich Wärmepumpen mit einem GWP kleiner 1.500 gefördert werden. Diese Einschränkung hat wesentliche negative Auswirkungen auf die Zielerreichung, sowohl in der Verfügbarkeit, als auch in der Effizienz und der Qualität der Produkte. Durch diesen Ausschluss eines großen Teiles der am Markt verfügbaren Wärmepumpen von diesem wichtigen und sinnvollen Förderprogramm wird die Erreichung der Klimaziele sabotiert und es ist unsozial und ungerecht gegenüber den Förderungswerbern", so Richard Freimüller.

      Schlüsseltechnologie der Klima- und Energiestrategie

      Wärmepumpen sind ein wichtiger Baustein zur Erreichung der österreichischen Klimaziele. Sie nutzen die kostenlose Umgebungswärme aus verschiedensten Wärmequellen (Luft, Grundwasser, Erdwärme, Abwasser, Abwärme etc.). Die Wärmepumpe arbeitet hocheffizient: Sie holt drei- bis viermal so viel Energie aus der gratis verfügbaren Umweltwärme heraus, als sie für den Betrieb benötigt. Die Wärmepumpe arbeitet darüber hinaus vollkommen emissionsfrei und verringert so die Feinstaub- und Stickoxidbelastung in Wohngebieten. Als einziges Heizsystem erlaubt die Wärmepumpe die Kühlung von Gebäuden, indem der Heizkreislauf umgekehrt wird und dem Gebäude damit Wärme entzogen werden kann. Erdwärme- und Grundwasser-Wärmepumpen können mit einer passiven Kühlung nahezu ohne Energieaufwand kühlen. Als Bestandteil der Sektorenkopplung sind Wärmepumpen flexible und steuerbare Stromabnehmer und Schnittstelle zur thermischen Speicherung von elektrischer Energie.

        Senkung der CO2 Emissionen

        Wärmepumpenentwicklung

        Klimaneutralität braucht alle Anstrengungen, um die verschiedenen energieintensiven Sektoren zu dekarbonisieren. Speziell im Industrie- und Gebäudesektor können Wärmepumpen einen großen Beitrag zur Effizienzsteigerung sowie dem Ausbau erneuerbarer Wärme leisten und zusätzlich als wichtige Ausgleichs- und Speichertechnologie im Bereich der Sektorenkoppelung von Strom und Wärme fungieren.

        Rasches Handeln und viel zu tun

        Als Antwort auf die Klimakrise gilt rasches Handeln, um die Senkung der CO2 Emissionen bis hin zur Klimaneutralität 2040 (oder früher) zu erreichen. Klimaneutralität braucht im Gebäudesektor eine Verdopplung der Wärmepumpenanlagen von 30.000 installierten Heizungswärmepumpen auf 60.000 installierte Wärmepumpenheizungsanlagen bis 2025.

        Um diesen Kurswechsel, von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energieträgen, erfolgreich zu schaffen, fordert der Verband Wärmepumpe Austria im Bereich der Förderungen, gesetzlichen Rahmenbedingungen und öffentlichen Information / Kommunikation folgende Änderungen:

        • Die Einschränkung der max. Vorlauftemperatur von 40 °C bei Wärmepumpen ist zu entfernen oder wie in der EU harmonisiert auf 55 °C anzuheben. Derzeit konterkariert diese Anforderung den raschen Austausch von Öl- und Gasheizungen und bremst den Erfolg der Bundesförderung "Raus aus Öl und Gas" bzw. "Sauberes Heizen".
        • Das EU-Umweltzeichen ist ein Relikt aus der Vergangenheit. Die Kriterien im Bereich der Wärmepumpe sind obsolet, da die Produktkategorie Wärmepumpen des EU-Umweltzeichens eingestellt wurde. Darüber hinaus hat sich in Zentraleuropa das EHPA-Wärmepumpen-Gütesiegel als Qualitätskriterium etabliert.
        • Bei allen "hocheffizienten alternativen Energiesystemen" muss die Verpflichtung zur Errichtung einer Photovoltaikanlage (auch bei Fernwärmeversorgung) ergänzt werden. Es kommt immer wieder zum Einbau-Stopp von Wärmepumpen im geförderten mehrgeschossigen bzw. großvolumigen Wohnbau.
        • Bundesförderung "Raus aus Öl und Gas": Aufheben der Reduktion von Bundesfördermitteln und der Einschränkungen der Wärmepumpenförderungen abhängig vom verwendeten Kältemittel bzw. GWP-Wert
        • Jede Wärmepumpe trägt erheblich zur Reduktion von CO₂ Emissionen bei, unabhängig vom eingesetzten Kältemittel, da das Kältemittel in einem hermetisch geschlossenen Kreislauf zirkuliert und nicht in die Umwelt entweichen kann. Technische Gebrechen, bei denen Kältemittel entweichen könnten, bewegen sich erfahrungsgemäß im einstelligen Promillebereich. Daher überwiegt der positive Klimaeffekt des Einsatzes einer Wärmepumpe die Auswirkungen einer äußerst unwahrscheinlichen Leckage um ein Vielfaches.
        • Der derzeitige GWP-Grenzwert von 2000 führt durch die Änderungen der Bewertung in den Arbeitsberichten des IPCC zu regelmäßiger Diskussion/Problemen bis hin zum Förderungsausschluss.
        • Bundesförderung "Sauberes Heizen für alle 2022": Aufheben der Einschränkungen der Wärmepumpenförderungen abhängig des GWP-Wert < 1.500, um gleiche Bedingungen für alle erneuerbaren Systeme zu schaffen.
        • Bundesförderungen für Großwärmepumpen-Anlagen im größeren Leistungsbereich für Wohnbau, Gewerbe, Industrie und Kommunen etc., sind deutlich zu erhöhen. Großwärmepumpen-Anlangen haben deutlich höhere Kosten und der Aufwand, die Fördervoraussetzungen nachzuweisen, ist deutlich höher, als die Förderung selbst. Gleichzeitig mit der Erhöhung der Fördermittel sind die Kriterien zu vereinfachen.

        Der negative Effekt der niedrigen Förderungen verstärkt sich durch die Förderungsmodalitäten in den Bundesländern weiter, da zumeist nur prozentuelle Aufschläge auf die Bundesförderung gegeben werden.

          Gesetzliche und normative Rahmenbedingungen

          Das im Regierungsprogramm vorgesehene Verbot von fossilen Verbrennungstechnologien am Gebäudesektor ist so schnell wie möglich umsetzen und Übergangsfristen sind zu verkürzen. Gleichzeitig mit der aktiven Reduktion der CO2-Emissionen werden auch dringend benötigte Ressourcen bei Installateuren frei.

          • Strom für Betrieb von Wärmepumpen: Steuern und Abgabensenkung bzw. -befreiung zur langfristigen Stabilisierung der Wärme- und Betriebskosten. Benachteiligung von Strom bei der Abgabenlast im Vergleich zu fossilen Energieträgern beenden.
          • Senkung der Steuern und Abgaben auf Strom für den Betrieb von Wärmepumpen und netzdienlicher Betrieb. Durch den Umbau der Energieversorgung (Erneuerbare Erzeuger, Sektorenkoppelung, Speicherpotenziale, usw.) können die Stromkosten für den Endverbraucher auf elektrische Energie niedrig gehalten werden. Wärmepumpen haben dabei die Möglichkeit, netzdienlich zu agieren. So können durch die thermische Trägheit und Wärmespeicherkapazität von Gebäuden stromseitige Nachfrage-Täler gefüllt und Spitzen geglättet werden. Dies erfordert einen raschen Ausbau der „intelligenten“ Strom-Zähler und der Steuerung der Verbraucher. Durch eine Senkung der Abgaben für Strom von netzdienlichen Wärmepumpen können zusätzliche Anreize geschaffen werden.

          Öffentliche Information und Kommunikation

          • Kontrafaktische, falsche oder veraltete Aussagen in Kundeninformationen sind zu korrigieren! Die "klimaaktiv Heizungsmatrix" zeigt seit 15 Jahren, dass Wärmepumpen im Gebäudebestand nicht zu empfehlen sind. (https://www.klimaaktiv.at/dam/klimaaktiv/heizungsmatrix/index.html)
          • Berechnungstool "JAZCalc" einstellen
            Das Berechnungstool "JAZCalc" von klimaaktiv wurde vor über zehn Jahren zur Berechnung der Jahresarbeitszahlen (JAZ) erstellt und bildet in mehreren Bundesländern die Basis für Förderungen. Es kann die JAZ von drehzahlgeregelten Wärmepumpen nicht richtig berechnen.
            Darüber hinaus bildet seit 2013 die Ökodesign-RL 2009/125/EG und Energy-Labelling-VO 811/2013, bzw. 813/2013 auf der Basis eines Norm-Messverfahrens die entsprechend transparente und nachvollziehbare Vergleichbarkeit der Anlagen mit dem Energy-Label
          • Öffentliche Kommunikation, Kommunikationskanäle und Plattformen sollten auf aktuelle Erkenntnisse, Zahlen und Daten in erster Linie neutral informieren, Fehlinformationen ausräumen und Empfehlungen geben.

          (ck)

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          Haustechnik