Brennpunkt

Der Ausstieg ist machbar

27.06.2025

Eine aktuelle Studie der Österreichischen Energieagentur (AEA) kommt zu einem durchaus erfreulichen Ergebnis: Der Ausstieg aus fossilen Energien ist machbar. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Biomasse. Der Biomasse-Verband fordert ein Kesseltauschprogramm, um 1,3 Millionen fossile Heizungen in Österreich so rasch wie möglich zu ersetzen.

„Wir müssen schneller und effektiver aus fossilen Energieträgern aussteigen.“ Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbands, hatte bei der Präsentation der „Biomassestrategie 2025-2040“ vor wenigen Tagen eine klare Botschaft an das Publikum. Bei der Biomassestrategie handelt es sich um eine aktuelle Studie, die die Österreichische Energieagentur (AEA) im Auftrag des Biomasse-Verbands erstellt hat. Die Studie basiert auf einer Vielzahl von Detailstudien zu Treibhausgas-Substitutionseffekten, Energiewendeszenarien, Umweltauswirkungen und volkswirtschaftlichen Effekten. Sie kommt zu einem durchaus erfreulichen Ergebnis: „Der Ausstieg aus fossilen Energien ist mit einer Kombination aller erneuerbaren Energiequellen effizient, kostengünstig und volkswirtschaftlich vorteilhaft umsetzbar“, so der Biomasse-Verband.

CO₂-neutral bis 2040

Der Zeitraum 2025 bis 2040 ist nicht zufällig gewählt. Österreich hat sich bekanntlich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 die CO₂-Neutralität erreicht zu haben. Ohne den Umstieg von fossilen Energien auf erneuerbare Energiequellen wird das nicht gehen. Das allein reicht aber nicht. Es braucht zusätzlich die oben erwähnten „technischen Senken“. Darunter versteht man Anlagen, mit denen CO₂ aus der Luft gefiltert werden kann. Experten sprechen hier von Carbon Capture.

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In weiterer Folge kann man das CO₂ deponieren. Man spricht hier von Carbon Capture and Storage. Derartige Lagerstätten entstehen derzeit unter dem Meeresboden in der Nordsee und in der Adria. Im Prinzip lässt sich das CO₂ auch verwenden, um neue Produkte wie Kunststoff herzustellen. Der Fachbegriff hierfür lautet Carbon Capture and Utilization. All diese Verfahren sind technisch möglich. Es gibt nur einen unschönen Haken: Sie sind teuer. So werden für den Bau einer Carbon-Capture-Anlage Investitionen zwischen 300 und 500 Millionen Euro veranschlagt.

Es ist unbestritten, dass diese technischen Lösungen dennoch notwendig sein werden. Die Frage ist nur, in welchem Umfang man sich das leisten kann und will. Biomasse-Verband-Präsident Titschenbacher hat daher eine eindeutige Meinung: „Je schneller wir jetzt aus fossilen Energien aussteigen, desto weniger technische Senken werden notwendig sein. Das ist auch ein wesentlicher Kostenfaktor. Der Ersatz einer fossilen Heizung ist beispielsweise etwa zehnmal günstiger als die technische CO₂-Abscheidung, deren Transport und die Einlagerung in der Erdkruste“, so Titschenbacher. „Mit der Biomassestrategie liegt nun ein umfassendes Konzept vor, wie Klimaschutz technologisch, wirtschaftlich, sozial und nachhaltig und vor allem praxistauglich funktioniert.“

Der Biomasse-Verband leitet eine Reihe von „politischen Handlungsnotwendigkeiten“ aus der Studie ab. An erster Stelle steht ein „umfangreiches Kesseltauschprogramm mit dem Ziel, 1,3 Millionen fossile Heizungen schnellstmöglich durch erneuerbare Heizsysteme zu ersetzen.“ Hier brauche es „schnell Planbarkeit und ausreichende Förderanreize für Pellets, Scheitholz, Hackgut, Fernwärme und Wärmepumpen“. Die Studienautoren haben verschiedene Szenarien berechnet, bis wann dieser Umstieg in welcher Form bewerkstelligt werden kann. Will man das ehrgeizige Ziel 2040 schaffen, muss man bis dahin jährlich bis zu 40.000 erneuerbare Heizsysteme installieren. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurden – nicht zuletzt getrieben durch die großzügigen Förderungen – rund 30.000 verbaut. Daher ist das Urteil der Studienautoren nachvollziehbar, die dieses Ziel für durchaus realistisch halten.

Im Rahmen der Studien wurden umfassende Lebenszyklusanalysen zu den Treibhausgas-Emissionen von Energiesystemen und zu Substitutionseffekten für österreichische Verhältnisse berechnet. Zum Verständnis: Biomasse ist Teil des biogenen Kohlenstoffkreislaufs. Die CO₂-Aufnahme durch Pflanzenwachstum und Freisetzung durch Verbrennung gleichen sich gegenseitig aus. Wird fossile Energie durch Bioenergie ersetzt, werden die klimawirksamen Emissionen somit vermindert. Dieser Effekt wird „Substitutionseffekt“ genannt.

Bei ihren Berechnungen kamen die Verfasser der Studie unter anderem zu dem Ergebnis, dass durch den Umstieg von einem Öl- auf einen Pelletskessel, je Kilowattstunde mehr als 300 Gramm CO₂-Emissionen eingespart werden. „Bioenergie ist also eine besonders effektive Maßnahme, um Treibhausgasemissionen zu senken“, meint dazu der Biomasse-Verband.

Der forcierte Einsatz von Pelletskesseln ist zudem ein gutes Geschäft für den Staat – jedenfalls, wenn man den Berechnungen der Studie zu den steuerlichen Effekten von Installation und Betrieb von Pelletskesseln folgt: Bei einer einmaligen Anreizförderung von 10.000 Euro für die Installation einer Pelletsheizung komme es laut diesen Berechnungen zu Staatseinnahmen in Form von Mehrwertsteuer und Lohnnebenkosten von rund 55.000 Euro über einer Betriebsdauer von 20 Jahren. Die Förderung einer Pelletsheizung wirke sich des Weiteren „über Mehrwertsteuereinnahmen und Lohnkosten innerhalb von wenigen Monaten positiv auf das Budget“ aus.

Der Biomasse-Verband führt ein weiteres Argument für den Ausbau der Biomasse als Energieträger ins Feld – die Versorgungssicherheit: „Die Nutzung des heimischen Biomassepotenzials trägt maßgeblich dazu bei, eine krisenfeste, stabile und klimaneutrale Energieversorgung für Österreich sicherzustellen. So wird die nationale Energieversorgung resilienter gegen Schocks, Krisen und abrupte strukturelle Veränderungen, während inländische Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte maximiert werden.“

Studienautor Lorenz Strimitzer (AEA), Biomasse-Verband-Präsident Franz Titschenbacher und Studienautor Bernhard Wlcek (AEA).