Bauwirtschaft

Wo bleibt der Aufschwung?

30.09.2025

Die Erholung am Bau lässt auf sich warten. Der Wohnbau kommt nicht in die Gänge. Mittlerweile ist klar: Eine echte Trendwende ist nicht vor 2027 zu erwarten. Die Bauwirtschafft hofft nun, dass die Regierung die angekündigten Maßnahmen zügig umsetzt.

„Auch 2026 wird der Wohnbau-Bereich maximal eine leichte Besserung verzeichnen.“ Robert Jägersberger macht sich keine Illusionen über die Lage im heimischen Wohnbau. Der Bundesinnungsmeister Bau weiter: „Eine Trendwende, die diesen Namen auch verdient, erhoffen wir frühestens ab 2027.“ Klare Worte kommen ebenfalls von Georg Bursik, Österreich-Chef des Baustoffherstellers Baumit. „Von einer Erholung oder Steigerung sind wir das dritte Jahr in Folge noch weit entfernt“, meint er – und beschreibt die Lage am Bau mit einer unverblümten Vokabel: „beschissen“. Markus Stumvoll, Geschäftsführer bei Rohrdorfer Baustoffe, berichtet von einem beispiellosen Rückgang in seiner Branche: „So etwas hat es in der Geschichte des Transportbetons noch nie gegeben“, sagt Stumvoll. Auch er erwartet eine spürbare Erholung nicht vor 2027 oder 2028.

Warten auf die Wende

Der Bauwirtschaft ist bewusst geworden, dass die lang ersehnte Wende auf sich warten lässt. Statt einer schnellen Erholung zeichnet sich vielmehr ein langer, mühsamer Weg zurück in bessere Zeiten ab. Das zeigt sich nicht nur an stagnierenden Auftragseingängen, sondern auch an der abwartenden Haltung von Investoren und Bauträgern. „Wer glaubt, dass die nächsten Jahre wieder einen Boom bringen, wird enttäuscht werden. Es wird keine Überhitzung geben, sondern eine langsame, schrittweise Erholung. Das ist das neue Normal“, sagt Florian Bouchal, Vorstand des Sanitärgroßhändlers Frauenthal.

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Die Kombination aus immer noch ziemlich restriktiven Finanzierungsbedingungen, hoher Inflation und politischen Unsicherheiten hemmt die Investitionsbereitschaft ebenso wie das Planungsverhalten. Viele Projekte bleiben auf dem Papier oder verschieben sich um Jahre. Im Wohnbau werde nach wie vor „überhaupt nicht gebaut“, meint Baumit Österreich-Chef Bursik – trotz steigender Bevölkerungszahlen. „Der Neubau steht – seit 15 Jahren wurden nicht so wenige Wohnungen fertiggestellt wie jetzt“, so Bursik.

Seiner Einschätzung nach wäre es notwendig, zwischen 40.000 und 60.000 neue Wohneinheiten pro Jahr zu errichten. Zu Beginn des Jahres war man davon um 40 Prozent entfernt gewesen. Auch im Bereich der Sanierung werde zu wenig getan. Über zwei Millionen Gebäude in Österreich würden nicht dem aktuellen wärmetechnischen Standard entsprechen. Ohne drastische Maßnahmen werde es ein Jahrhundert dauern, bis diese Bestände energetisch ertüchtigt seien, so Bursik.

Die Stimmungslage in der Bauwirtschaft wird durch die Zahlen der Wirtschaftsforscher untermauert. Das Wifo erwartet für das laufende Jahr ein leichtes Wachstum des Gesamtbauvolumens um 0,4 Prozent. Und auch in den Folgejahren kann von einem Anspringen des Bauturbos nicht die Rede sein: Für 2026 prognostiziert das Wifo ein Plus von 0,5 Prozent, für 2027 dann eines von 0,9 Prozent.

Besonders bescheiden bleibt die Lage im Wohnbau: Für 2025 wird ein Rückgang um 0,5 Prozent prognostiziert, 2026 soll ein marginales Plus von 0,2 Prozent folgen, ehe 2027 ein Wachstum von 0,5 Prozent möglich erscheint. Die strukturelle Schwäche im Wohnbau ergibt sich laut Wifo vor allem aus hohen Finanzierungskosten und einer anhaltend schwachen Nachfrage.

Etwas besser sieht es im gewerblichen Hochbau aus, der in den kommenden Jahren Zuwächse zwischen 0,6 und 1,0 Prozent verzeichnen soll. Die stärksten Impulse gehen jedoch vom Tiefbau aus, der insbesondere durch öffentliche Infrastrukturinvestitionen getragen wird. Für diesen Bereich erwartet das Wifo Zuwächse von 0,9 Prozent (2025), 0,7 Prozent (2026) und 1,2 Prozent (2027). Dennoch bleibt die Lage am Bau eher angespannt. Ein Bauunternehmer formuliert es so: „Wachstum ja, Boom nein.“

Auch von der Bundesregierung ist nicht viel zu erwarten. „Die Zeiten werden in den kommenden Jahren schwierig bleiben“, meinte Bundeskanzler Christian Stocker bei der Präsentation des neuen Konjunkturpakets im September. Österreich müsse sparen. Dennoch stellte die Regierung ein Konjunkturpaket in Höhe von einer Milliarde Euro vor – 600 Millionen davon waren bereits im Budget vorgesehen, der Rest soll durch Umschichtungen und Kürzungen in anderen Bereichen aufgebracht werden. „Mehr Geld wäre schön, aber wenn es nicht zur Verfügung steht, muss man es durch Kreativität ersetzen“, sagte Stocker.

Zentrale Elemente des Pakets sind die Erhöhung des Investitionsfreibetrags, eine Unterstützung für energieintensive Betriebe in Höhe von 150 Millionen Euro sowie 120 Millionen Euro für den Breitbandausbau. Zusätzlich soll ein Standortfonds privates Kapital mobilisieren. Auch im Bereich der Bürokratie soll gespart werden: Vereinfachte und verkürzte Verfahren sowie Entbürokratisierungsmaßnahmen sollen laut Kanzler Stocker für mehr Planungssicherheit sorgen und Investitionen erleichtern. Geduld sei notwendig, so der Kanzler. „Zu meinen, dass alles von heute auf morgen gehe, ist ein Irrglaube.“ Mit dem aktuellen Paket sei zwar der Grundstein für den Aufschwung gelegt, aber es werde „vielleicht erst morgen oder übermorgen“ soweit sein.

Die Reaktionen aus der Bauwirtschaft sind entsprechend sachlich: „Das Konjunkturpaket ist kein großer Wurf, und das hat die Bundesregierung auch von Anfang an eingeräumt“, meint Bundesinnungsmeister Jägersberger. Zwar begrüßt er die geplante Erhöhung des Investitionsfreibetrags grundsätzlich, kritisiert aber, dass der Gebäudesektor bislang davon ausgeschlossen sei. „Sollte das nicht passieren, dann geht dieses sogenannte Konjunkturpaket an der Bauwirtschaft komplett vorbei.“

Dem Bau würde es aus seiner Sicht schon helfen, „wenn die im Regierungsprogramm enthaltenen Maßnahmen angegangen und zügig umgesetzt werden“. Jägersberger listet die wichtigsten Maßnahmen auf: die Zweckbindung der Wohnbauförderung, eine Evaluierung des Wohnbaupakets, eine Neuauflage des Sanierschecks, die konsequente Durchforstung kostentreibender Baustandards, und echte Entbürokratisierungsmaßnahmen. „Das Regierungsprogramm enthält für die Baubranche wichtige Absichtserklärungen“, so sein Urteil. „Letztendlich wird es aber von der Finanzierbarkeit und der Umsetzung der geplanten Maßnahmen abhängen, ob das Programm auch tatsächlich die erhofften positiven Impulse entfaltet.  Gerade die Bauwirtschaft mit allen nachgelagerten Bereichen ist der Konjunkturmotor schlechthin und eine wesentliche Stütze der heimischen Volkswirtschaft.“