Meinung: Martin Pechal

Liebes Tagebuch …

Martin Pechal
12.06.2025

Martin Pechal ist angehender Lehrer an der Berufsschule für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik in Wien. Der langjährige Fachjournalist schreibt hier über seine Erfahrungen mit den Fachkräften der Zukunft.

Los geht´s mit meinen ersten Unterrichtseinheiten! Ich möchte diese zur Dokumentation teilweise als Tagebucheinträge festhalten. Wer von Ihnen kann sich noch an die Serie „Doogie Howser, M.D.“ erinnern? Meine Notizen im Unterricht fallen natürlich ungleich umfangreicher aus. Doch lesen Sie selbst:

Tag 1: Es beginnt gemütlich. Um 13.00 Uhr treffe ich die mir zugeteilte, sympathische Kollegin in der Direktion. Ich werde freundlich aufgenommen und lausche den ersten Unterrichtseinheiten – der Lärmpegel ist niedrig, die Aufmerksamkeit durchwegs hoch. Mein unmittelbarer Nachbar im Klassenraum stellt mir die eine oder andere Frage. Ich verweise ihn freundlich, aber bestimmt auf die Pause. Außerdem werde ich von einem der Schüler aufgrund meiner legeren Beinbekleidung darauf hingewiesen, dass es Schülern nicht erlaubt ist, Trainingshosen zu tragen. Ich werde das in den nächsten Tagen ebenfalls beherzigen. Die Kollegin hat die Herrschaften nicht nur sehr gut im Griff und lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen, sie transportiert auch den Lernstoff perfekt an die Zuhörenden. Obwohl ich nur passiv beobachte und zuhöre, raucht mir nach vier Stunden der Kopf. Unweigerlich stelle ich mir die Frage, ob ich das auch so hinbekommen werde und antworte mir selbst: Voraussichtlich schon, aber wann und mit wieviel Tiefgang in Sachen fachlicher Kompetenz?

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Tag 2: Der Unterricht startete heute um 07:10 Uhr, Tagwache war um 6.00 Uhr und die Ankunft bei der Schule gegen 06:45 Uhr – alles ist möglich! Mein Eintreten in die Klasse ohne Begleitlehrer sorgt für Totenstille und große Augen. Meine Erklärung, ich sei ein angehender Lehrer bringt Entspannung. Auffallend, wenngleich wenig überraschend war, dass in den ersten drei Klassen, in denen ich bisher zusehen durfte, lediglich eine Schülerin auszumachen war.

Tag 3: Es geht weiter im Stoff. Die Wege durch das Gebäude und die Gesichter von Team-Kolleg*innen und Schüler*innen wirken vertrauter. Den Beginn macht heute der Klassenvorstand mit Organisatorischem. Ich spiele einstweilen gedanklich mit Fragen rund um die Planung des Lehrstoffes bzw. dessen Aufbereitung, damit ich die Stunden sinnvoll gestalten und abhalten kann. Fragen die angenehmerweise kurz darauf beantwortet werden. Der Lehrplan für sämtliche Fächer und Schulstufen steht praktischerweise am Server zur Verfügung. Eine Vorbereitung zwecks Übersicht und Zuordenbarkeit der Kapitel zu den Schulbuchseiten sowie den diversen Übungen wird dennoch notwendig sein.

Tag 4: Die Tage beginnen in geordneten Bahnen zu verlaufen. An diesem Nachmittag bekomme ich eine erste kleine Aufgabe. Wir führen einen Einstufungstest in Deutsch durch, Korrekturen inklusive. Meine Erkenntnis daraus: Es gibt durchaus Lichtblicke!

Tag 5: Nach Einheiten in Allgemeiner Wirtschaftslehre (pfuh!), Deutsch und Englisch (überschaubar herausfordernd), hatte ich heute die ersten Einheiten Politische Bildung. Diesmal mit einem anderen Lehrer. Die Schüler sind – wohl auch ob der frühen Uhrzeit und weil es sich um eine erste Klasse im ersten Semester handelt, also alles aufregend neu ist – sehr ruhig. Manche sind zu ruhig, sie schlafen nochmal ein und verpassen die eine oder andere spannende Diskussion.

Tag 6: Nach einem Tag, der zumindest für die Zuschauer und Zuhörer bereits routiniert abgelaufen ist, gab es heute ein Highlight: ein nettes Wiedersehen mit den Kollegen der Wiener Innung! Anlass dafür war der Schulwettbewerb unter den Gebäudetechnikern, der jährlich über zwei Tage in der Schule abgehalten wird und im sogenannten „Partnerfest“ endet. Unterstützer aus der Industrie sowie Kolleg*innen der Innung und von Magistraten sind bei dem Fest stets gerne unter den Gästen – ebenso wie Schüler*innen und Kolleg*innen aus dem Lehrerteam.

Tag 7: Die erste Woche ist geschafft! Trotz des erfolgreichen Schulfests des Vortages sind alle frisch und munter und ich zu meiner großen Überraschung zu früh in der Arbeit – die Direktion ist noch leer – der Tag startet heute erst um 08:00 Uhr anstatt wie angenommen um 07:00 Uhr. Die Zeit nutze ich zur Vorbereitung beziehungsweise Seitenzuordnung erster Lehrpläne. Doch dazu mehr im nächsten Beitrag, denn jetzt muss ich in den Unterricht – und danach ins Wochenende.