Rot-Weiß-Rot-Karte

Neue RWR-Karte ab Oktober in Kraft

Fachkräftemangel
09.09.2022

Mit 1. Oktober 2022 werden die Gesetzesänderungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte in Kraft treten. Die neuen Kriterien sollen den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt für Nicht-EU-Bürger*innen stark erleichtern und so Abhilfe beim Fachkräftemangel schaffen. Wir haben die wichtigsten Änderungen zusammengefasst.

Der Fachkräftemangel gehört seit langem zu den größten Probleme der Wirtschaft. In vielen Branchen wird es immer schwieriger offene Stellen mit geeignetem Fachpersonal zu besetzten. Das stellt viele heimische Unternehmen, unabhängig von Energiekrise sowie Material- und Lieferengpässen, vor große Herausforderungen. Vorrangig davon betroffen sind der Tourismus und der Pflegebereich, aber auch in der Industrie und im Gewerbe spitzt sich die Lage immer mehr zu.

Arbeitsminister Martin Kocher hat daher im März 2022 eine weitere Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte angekündigt, um den Zugang für Arbeitnehmer*innen aus Drittstaaten zum österreichischen Arbeitsmarkt schneller und flexibler zu gestalten. Bereits im April lag der geplante Gesetzesentwurf vor und ging in Begutachtung. Am 6. Juli 2022 hat der Nationalrat grünes Licht gegeben, am 13. Juli auch der Bundesrat. Damit war der Weg frei für die neue Rot-Weiß-Rot-Karte, die mit 1. Oktober 2022 in Kraft tritt.

Leichter und rascher Zugang zu Fachkräften

Bei der Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte wurden wichtige Anliegen der Wirtschaft aufgegriffen. Bisher war das nicht der Fall. Etliche Anforderungen und Beschränkungen waren praxisfern, viele Prüfverfahren dauerten gut ein halbes Jahr. Die 2011 eingeführte und 2019 reformierte RWR-Karte war daher bis dato eher ein Ladenhüter als eine Erfolgsrakete. Dabei sei es gerade in Zeiten von Arbeitskräftemangel notwendig, dass Betriebe leichter und rascher Zugang zu Fachkräften aus Drittstaaten erhalten, wie WKÖ-Präsident Harald Mahrer betont. "Die Rot-Weiß-Rot-Karte wird durch die Reform zu einem deutlich wirksameren Instrument als sie das in der Vergangenheit war“, ist WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf überzeugt. „Aufgrund des enormen Arbeitskräftemangels wird es aber noch weitere Maßnahmen brauchen.“

Zu den wichtigen Neuerungen zählt für die WKÖ etwa, dass das Punktesystem in Mangelberufen angepasst wird und die geforderte Punkteanzahl damit auch für Personen ohne Universitätsabschluss leichter erreichbar ist. Was die Lehre innerhalb der Rot-Weiß-Rot-Karte aufwertet. Aber auch mit der neu geschaffenen Möglichkeit des kurzfristigen Einsatzes von Spezialisten setzt die Regierung eine langjährige Forderung der Wirtschaft um. Positiv wertet die WKÖ-Spitze außerdem, dass non-formale Kompetenzen stärker zählen und es eine RWR-Karte für Stamm-Mitarbeiter*innen sowie eine dauerhafte Stamm-Saisoniersregelung geben wird. Zudem ist aus Sicht der Wirtschaft der Entfall der Gehaltsgrenze für Studierende eine wichtige Maßnahme. Das soll verhindern, dass internationale Studierende nach ihrem Abschluss das Land gleich wieder verlassen.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick

Schon im Gesetzesentwurf waren weitreichende Änderungen verankert:

  • Karte auf Zeit für maximal sechs Monate: Für Anstellungen bei zeitlich begrenzten Projekten soll es künftig eine schnelle Karte für maximal sechs Monate geben, für die es nur ein Visum und eine Beschäftigungsbewilligung braucht.
  • Schnellere und einfachere Verfahren: In Zukunft sollen die Anträge innerhalb von zwei bis drei Monaten erledigt sein. Noch schneller soll es bei den zeitlich begrenzten Karten gehen.
  • Lockerung bei Sprachkenntnissen: Englischkenntnisse werden den Deutschkenntnissen gleichgesetzt, wenn es sich um die Bewerbung für ein Unternehmen mit Englisch als Konzernsprache handelt. Und Sprachzertifikate sollen länger gelten.
  • Leichtere Anstellung nach einem Studium: Nach einem Studium in Österreich gibt es in Zukunft keine Gehaltsgrenze mehr für die Anstellung (bisher 2.551 Euro).
  • Aufnahme von Saisonarbeitskräften: Personen, die drei Jahre als Saisonniers angestellt waren, können zu Stamm-Saisonniers werden. Sind diese dann weitere zwei Jahre beschäftigt gibt es eine Rot-Weiß-Rot-Karte als Stammmitarbeiter*in.
  • Neue Bewertung bei der Punktevergabe: Ein Lehrabschluss in einem Mangelberuf bringt ab sofort gleich viele Punkte wie ein Uni-Abschluss in diesem Bereich.
  • IT-Kräfte brauchen kein Studium: Mit einer dreijährigen Berufserfahrung werden IT-Kräfte auch ohne Studium zugelassen.
  • Erleichterung beim Arbeitgeberwechsel: nach einer Wartefrist von 30 Tagen ist das automatisch möglich, auch wenn das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist.
  • Drehkreuz Austria Business Agency: Als "One-Stop-Shop" soll die ABA das gesamte Bewilligungsverfahren abwickeln.
  • Gemeinsames Verfahren für Familienangehörige: Für Familienangehörige soll es ein gemeinsames Verfahren geben, außerdem soll der Familiennachzug erleichtert werden.

Im Zuge der Begutachtung wurden einige Maßnahmen erweitert und weitere Reformpunkte neu aufgenommen:

  • Ältere Fachkräfte: Fachkräfte im Alter zwischen 40 und 50 Jahren erhalten fünf Punkte für das Kriterium "Alter" und können damit leichter die erforderlichen Mindestpunkte erreichen.
  • Verkürzung der Arbeitsmarktprüfung bei Blauer Karte EU:  Für Inhaber*innen einer Blauen Karte EU, die ein Nachweis für den legalen Aufenthalt von Angehörigen aus Drittstaaten in der EU zum Zwecke der Erwerbstätigkeit ist, wird die Frist für die Arbeitsmarktprüfung von vier Wochen auf 15 Tage verkürzt.
  • Selbstständige Nebenerwerbstätigkeit bei RWR-Karte und Blauer Karte EU: Inhaber*innen einer RWR-Karte und einer Blauen Karte EU dürfen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachgehen, wenn diese Beschäftigung untergeordnet ist, also eine selbstständige Nebenerwerbstätigkeit ist.
  • Zusätzliche Unterstützung von ABA – Work in Austria: Unternehmen sollen von der ABA – Work in Austria nicht nur bei RWR-Karten-Verfahren unterstützen, sondern auch bei anderen Zulassungsverfahren – insbesondere bei Verfahren zur Erlangung von Beschäftigungsbewilligungen für Projektmitarbeiter*innen.
  • Reduzierung des Startkapitals für Start-up-Gründer*innen: Für den Erwerb der RWR-Karte wurde das erforderliche Startkapital für Start-up-Gründer*innen von € 50.000  auf € 30.000 herabgesetzt. Damit soll vor allem für Studienabsolvent*innen die Zulassung erleichtert werden.

RWR-Karte - Grundinformationen

Folgende Personengruppen können eine Rot-Weiß-Rot-Karte beantragen:

  • Besonders Hochqualifizierte
  • Fachkräfte in Mangelberufen
  • Sonstige Schlüsselkräfte
  • Studienabsolvent*innen einer österreichischen Hochschule
  • Selbständige Schlüsselkräfte
  • Start-up-Gründer

Für Familienangehörige von Inhabern einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“ kann eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ erteilt werden. Sie haben damit ein Niederlassungsrecht und freien Arbeitsmarktzugang in Österreich.

Um eine Rot-Weiß-Rot-Karte zu erhalten, muss man eine bestimmte Mindestpunkteanzahl erreichen. Punkte gibt es u.a. für Ausbildung, Berufserfahrung und Sprachkenntnisse.

Erforderliche Mindestpunkteanzahl für Start-up-Gründer*innen: 50 Punkte

Erforderliche Mindestpunkteanzahl für Fachkräfte in Mangelberufen: 55 Punkte

Erforderliche Mindestpunkteanzahl für besonders Hochqualifizierte: 70 Punkte

Erforderliche Mindestpunktezahl für Schlüsselkräfte: 55 Punkte

Wer vor dem Antrag abklären möchte, ob die persönlichen Voraussetzungen zu den Anforderungen passen, kann einen einfachen und schnellen Check mittels Online-Punkterechner des Bundesministeriums für Inneres machen.

Punkterechner: https://www.migration.gv.at/de/service-und-links/punkterechner/

Weitere Informationen:

ABA – Work in Austria: https://www.workinaustria.com/leben-arbeiten/die-rot-weiss-rot-karte

Bundesministerium für Inneres: https://bmi.gv.at/312/15/start.aspx

Migrationsplattform des Bundes: https://www.migration.gv.at/de/willkommen/

WKÖ – Anwendungsbereich: https://www.wko.at/service/arbeitsrecht-sozialrecht/Die_Rot-Weiss-Rot-Karte_Anwendungsbereich.html

WKÖ – Zulassungsverfahren: https://www.wko.at/service/arbeitsrecht-sozialrecht/Die_Rot-Weiss-Rot-Karte_Zulassungsverfahren.html